Die Malerin von Fontainebleau
als Laie hatte Contarini ein Buch gegen die Lehren Luthers verfasst, und sein Ruf als Theologe hatte Paul III. auf ihn aufmerksam werden lassen. Inzwischen vertrat Contarini eine gemäßigte Linie und versuchte, die Kirche auf versöhnlichen Kurs mit den Lutheranern zu bringen.
Das markante Profil Contarinis hob sich gegen den wolkenlosen blauen Himmel ab, als er sich plötzlich zu Carafa umdrehte. »Sagt uns doch, Carafa, was wisst Ihr über das Treiben eines gewissen Monsignor Sampieri hier in Frankreich?«
Die rote Dalmatika von Kardinal Contarini flatterte leicht in einer Brise, die vom Meer herüberwehte. Ein Aufseufzen ging durch die Reihen der Würdenträger.
»Wie kommt Ihr darauf, dass ich etwas darüber wüsste?« Mit dieser Gegenfrage versuchte Carafa seine Überraschung zu verbergen.
»Nun, er ist Euer Schützling. Dann wäre es doch eher befremdlich, wenn Ihr nichts über seine Aufgaben wüsstet.« Contarinis intelligente Augen über den Tränensäcken musterten Carafa kritisch.
»Ihr seid gut informiert, Contarini.«
»Anders könnte sich wohl keiner von uns in seiner Position halten, und vergesst nicht, dass ich einmal Botschafter war.«
»Wie könnte ich«, sagte Carafa. »Genau aus diesem Grund hat Seine Heiligkeit Euch doch eingeladen, weil Ihr den Kaiser kennt und uns Frankreich als Bündnispartner bescheren helfen sollt.«
Sadoleto mischte sich ein. »Und Ihr seid hier, weil Ihr Eure ketzerfeindliche Politik weiter vorantreiben sollt. Seine Heiligkeit ist wie immer äußerst diplomatisch.« Er verzog das Gesicht. »Auch ich bin neugierig. Habt Ihr dem eifrigen Monsignore empfohlen, nach Embrun zu gehen?«
Carafa fühlte sich ertappt. »Man sollte sich immer vor Augen halten, wie schnell Gerüchte fliegen.«
»An dem Gerücht ist viel Wahrheit. Die Frage ist nur, wie viel? Schafft Eure Hetzkampagne uns jetzt sogar Feinde in Frankreich? Das wäre kaum im Sinne der Verhandlungen. Immerhin wird die Königin von Navarre auch erwartet, und die ist bekanntermaßen reformistisch gesinnt«, sagte Contarini.
»Ach ja«, bemerkte Carafa abfällig und fügte maliziös lächelnd hinzu: »Nur leider hat ihre Stimme kein Gewicht mehr.«
Ein kleiner Mann mit spitzer Nase und durchdringenden dunklen Augen wandte sich zu ihnen um. Kardinal Jean de Bellay, ehemals Bischof von Paris, war des Italienischen mächtig. »Verzeiht, wenn ich mich einmische, aber Ihr erwähntet Embrun.« Er senkte die Stimme. »Meinen Segen hat die Vorgehensweise des Monsignore dort, und seid versichert, Tournon steht auch dahinter, sowie die gesamte Sorbonne und das Parlament von Paris. Wir haben wahrlich auf einen Anstoß zu schärferem Durchgreifen gewartet.«
Ungeduldig hakte Contarini nach: »Dann ist es also wahr, dass dort ein Inquisitionsgericht Ketzer zum Tod durch den Scheiterhaufen verurteilt hat?«
Bellay sah fragend zu Carafa, der zögerlich nickte. »Ganz genau weiß ich es nicht, aber möglich wäre es.«
»Ah! Dann ist es wahr!«, rief Contarini, und andere Kardinäle wandten neugierig die Köpfe.
»Und wenn schon«, zischte Carafa. »Nur auf diesem Weg
kann die Kirche die Ketzerbrut in ihre Schranken weisen! Sie müssen uns fürchten! Seht Euch doch um. Wo sie die Knute nicht spüren, wie in den deutschen Landen, breiten sie sich aus wie Flöhe auf einem Hund.«
Doch Contarini ließ sich nicht einschüchtern. »Die Inquisition wird nicht zum Ruhme der Kirche beitragen, Carafa.«
»Vielleicht nicht, aber sie wird helfen, sie zu erhalten, und darüber lohnt es sich nachzudenken«, erwiderte Carafa.
Der heftige Wortwechsel wurde durch die Ankunft der königlichen Galeere unterbrochen, die im Hafen festgemacht hatte. Die adligen Damen wurden von Kanonenschüssen aus den Galeeren des Kaisers begrüßt und dann über einen Steg an Land geführt. Carafa beobachtete, wie Königin Eleonore in ihrem prächtigen, golddurchwirkten Kleid über den mit Rosen bestreuten Platz schritt. Sie ist genauso wenig ansehnlich wie ihr Bruder, dachte der Kardinal und setzte sich mit den anderen in Bewegung, um die Damen willkommen zu heißen. Nachdem sie so lange gestanden hatten, tat es gut, sich zu bewegen.
Er musterte die übrigen Damen. Eine Blonde schien einigermaßen passabel. Dabei handelte es sich wohl um die Geliebte des Königs, eine gewisse Anne de Pisseleu, und die Dunkelhaarige war die Schwester des Königs, vor der er sich in Acht nehmen musste. Es hieß, sie habe einen wachen Verstand und eine scharfe Zunge.
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