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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Sadoleto und Contarini unterhielten sich angeregt weiter. Sollten sie! An seinem Einfluss auf den Papst konnten sie ebenso wenig rütteln wie an der Tatsache, dass die Kirche einer festen, nach außen hin sichtbaren Führung bedurfte. Die Gläubigen mussten auf den rechten Weg geleitet werden wie kleine Kinder. Ein spitzer Stein bohrte sich durch seine dünnen Sohlen, und er fluchte leise.
    Die Kardinäle hielten an und bezeugten der Königin von
Frankreich ihren Respekt, den sie freundlich erwiderte. Carafa vermisste nur Katharina de Medici, die wegen einer Unpässlichkeit in Blois weilte. Die Heirat von Katharina und Henri war vom päpstlichen Vorgänger, Clemens VII., eingefädelt worden. Durch diesen politischen Schachzug war die Florentiner Familie in die Reihen des höchsten Adels aufgenommen worden und hatte nicht schnell genug eine der goldenen Kugeln in ihrem Wappen mit der französischen Lilie schmücken können.
    Kardinal Charles de Hémard de Denonville und sein römischer Kollege Cristoforo Giacobazzi luden die Damen im Namen Seiner Heiligkeit in das Benediktinerkloster ein, in dem Seine Heiligkeit sie erwartete. Carafa war in Gedanken noch bei Katharina, die das Schicksal zur zukünftigen Königin von Frankreich bestimmt hatte – das Schicksal oder ein hinterhältiger Giftanschlag. Darin hatte ihre Familie Erfahrung. Ihr Bruder Alessandro war ein verkommenes Subjekt gewesen und hatte seinen Cousin vor drei Jahren vergiften lassen. Aber auch dem jetzigen Papst wurde nachgesagt, seine Mutter und die eigene Schwester durch Gift beseitigt zu haben.
    Nun, sinnierte Carafa, er würde diese Medici im Auge behalten, denn irgendwann würde ihre Stimme Gewicht haben, und dann war es gut zu wissen, in welcher Windrichtung ihre Fahne hing. Immerhin war sie Katholikin, was hoffen ließ, dass sie der päpstlichen Ketzerpolitik folgen werde. In zwei Tagen war Pfingsten, und den Einwohnern Embruns sollte ein eindrucksvolles Schauspiel zur Erhebung ihrer Seele geboten werden.
     
    »Bitte, ich flehe Euch demütig an! Lasst mich mit meiner Frau sprechen! Ihr habt doch, was Ihr wollt. Wir werden sterben, was macht es da für einen Unterschied, wenn ich sie
noch einmal sehe?« Armido hatte sich vor dem Erzbischof von Embrun auf den Boden geworfen und die Hände gefaltet. Die schwere Eisenkette, die an einem Ring in der Kerkerwand befestigt war, rasselte an seinem Fuß. Das scharfkantige Eisen hatte die Haut bereits empfindlich aufgescheuert.
    Er wusste, dass es töricht gewesen war, hierher zu kommen und auf die Gnade des Erzbischofs zu hoffen. Aber er hatte es mit den anderen im Wald nicht mehr ausgehalten. Die Untätigkeit, die Hilflosigkeit und der Anblick des verstümmelten Jules hatten ihn zermürbt. Ohne jemandem etwas davon zu sagen, war er nach Embrun geritten. Suzanne und Jules hätten ihn davon abgehalten. Doch er musste sie sehen, musste Aleyds Stimme noch einmal hören. Auf dem Weg nach Embrun war er Martin Dufy begegnet, der einen Brief von Luisa bei sich trug. Seine Schwester meinte es gut, wollte ihn vertrösten und verhindern, dass er sich in Gefahr begab, aber konkrete Hilfe konnte auch sie ihm nicht anbieten. Wie konnte er bis zum letzten Tag warten und dann tatenlos zusehen, wie sie Aleyd und die anderen verbrannten?
    Die winzige Hoffnung, dass der Erzbischof sein Opfer annehmen und Aleyd dafür gehen lassen würde, hatte ihn getrieben. Doch als man ihn vor den in einem gepolsterten Sessel ruhenden Château-Morand führte und er neben dem Erzbischof die emotionslose Miene Sampieris sah, hatte Armido sich einen dummen Narren gescholten. Während der Erzbischof noch eine Spur von Mitgefühl zeigte, beugte sich Sampieri vor und sagte kalt: »Wir sind Gottes Werkzeug auf Erden. Ihr habt Euch gegen Gott versündigt, indem Ihr seinen rechtmäßigen Stellvertreter leugnet. Erwartet keine Milde von uns.«
    Château-Morand hatte sich geräuspert und ihn dann kommentarlos abführen lassen. Seitdem befand sich Armido im Kerker des Erzbischofspalasts. Zweimal innerhalb von
vier Tagen hatten sie ihn bisher verhört, und heute hatten sie ihn einer Streckfolter unterzogen. Seine Schultern und diverse Brandwunden schmerzten, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb, und seit zwei Tagen plagten ihn Durchfall und Erbrechen, aber das alles wäre ohne Belang, wenn sie ihn nur zu Aleyd ließen.
    Der Erzbischof war in Begleitung eines jungen Dieners in den Kerker gekommen, um sich über den Zustand der Gefangenen zu

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