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Die Manon Lescaut von Turdej (German Edition)

Die Manon Lescaut von Turdej (German Edition)

Titel: Die Manon Lescaut von Turdej (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wsewolod Petrow
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Novelle in eine Fremdsprache.
2 .
Zwei Literaturen
Die (gar nicht zufällige) Ähnlichkeit beider Texte ist für uns sehr vorteilhaft. Schon bei einem kurzen Vergleich kann man deutlich sehen, was die zwei Literaturen, ja die zwei Kulturen unterscheidet, die in der Sowjetunion der 30er bis 50er Jahre parallel existierten – die erste, »offizielle«, aus ihrer Sicht einzig mögliche, einzig richtige und wahre.
    Die andere Kultur existierte neben der ersten, für das breite Publikum unsichtbar. Existent war sie nur für einen sehr engen Kreis, für die Menschen, die selbst an der russischen Moderne aktiv teilgenommen hatten, d.h. aus der Epoche stammten, die in der russischen Kulturgeschichte traditionell den Namen »das Silberne Zeitalter« trägt (im engeren Sinne die Jahre 1900 bis 1910), [5] und für die Jüngeren, die sich von der Atmosphäre dieser Epoche fasziniert und angelockt fühlten. Neben einer normalen Karriere, einem normalen Sowjetbürgerleben (Schule, Uni, Arbeitsstelle; Elend der Gemeinschaftswohnungen, Mangel an allem Eßbaren und Anziehbaren, die überall spürbare Herrschaft der mit entsprechender proletarischer oder bäuerlicher Herkunft ausgestatteten Kulturaufpasser und ihrer gebildeteren Helfer) führten diese eine Art Parallelleben.
    Im Leningrad der 20er bis 30er Jahre war eines der Zentren (wenn nicht das Zentrum) dieser »zweiten«, parallelen Kultur das Haus (eigentlich ein Zimmer in einer Gemeinschaftswohnung, wo noch etliche Wohnparteien lebten) des berühmten Lyrikers, Romanciers und Musikers Michail Kusmin. Seinem Andenken ist unsere Novelle gewidmet, was sofort zeigt
:
Das wird keine
sowjetische Literatur.
Kusmins allgemein bekannte Begeisterung für das 18. Jahrhundert beeinflußte Wsewolod Petrow stark: Er besuchte regelmäßig dieses »offene« Haus, vom Jahre 1933 bis zum Tod Kusmins (1936), worüber er sehr schöne Erinnerungen hinterließ. [6]
    Die »erste« Kultur nahm die »zweite« nicht wahr, weil eine solche im Land der siegreichen »Kulturrevolution« aus ihrem ideologischen Selbstverständnis heraus nicht existieren
konnte.
Sie war eliminiert worden – zusammen mit der »Ausbeuterschicht«, sie hatte keinen Nährboden mehr in der sozialistischen Gesellschaft,
dieses selbstgefällige Sich-Ergötzen an schönen Bildern und schönen Sätzen statt Erziehung der Werktätigen zum Kampf für die bessere Zukunft der Menschheit.
    Die Tatsache, daß man sich von Zeit zu Zeit genötigt fühlte, ihre »Reste« zu bekämpfen (siehe den erwähnten Beschluß über »Swesda« und »Leningrad«), stellte in der einzigartigen Logik der totalitären Kultur keinen Fehler dar: Es zeigte nur, daß der Klassenfeind noch nicht gänzlich entwurzelt war. Später, in den 60er Jahren, konnte man diese Logik sehr anschaulich an Chruschtschows Kritik der avantgardistischen Maler oder am Prozeß gegen Joseph Brodsky studieren.

    Die »zweite« Kultur, die in der Tat aus den »Resten der alten Kultur« bestand (die sich sehr vorsichtig im Verborgenen reproduzierten, was auch einer der größten Vorwürfe der Propaganda war
:
Verführung sowjetischer Jugend zu fremdartigen Interessen und Geschmäckern
), nahm die »erste« sehr wohl wahr! Sie konnte es sich nicht wirklich leisten, sie zu ignorieren. Man mußte leben, Zeitungen lesen, ins Kino und Theater gehen, Rundfunk hören. Sie nahm jedoch diese herrschende Kulturumgebung nicht als eine vollwertige Kultur wahr, sondern als eine Zivilisation von Barbaren, die in den Ruinen der von ihnen zerstörten Prachttempel ihre primitiven Rituale betrieben. [7] Was nicht bedeutete, daß man mit den »Barbaren« und ihren Erzeugnissen nicht ab und an künstlerisch kommunizierte, nicht versuchte, aus diesem kümmerlichen Sowjetleben Kunst zu gewinnen. So funktionieren die wunderbaren Romane von Konstantin Waginow, die dem deutschen Leser teilweise zugänglich sind. [8] So funktioniert der lange vergessene, aber heute mit Kultstatus ausgestattete Roman von Andrej Nikolew (Jegunow)
Jenseits von Tula
(1931), auf welchen wir später noch kurz zurückkommen. So funktioniert auch Wsewolod Petrows
Manon
. Hier aber wird mit einer Barbarentochter ein sehr gefährliches Spiel getrieben.
3.
Zwei Züge
In Weggefährten von Wera Panowa wird die Geschichte eines Spitalzugs und seiner Besatzung erzählt, mit Kommissar Danilow und Chefarzt Below an der Spitze. Diese und andere Figuren, Schwestern, Ärzte, Hilfsarbeiter, auch einige Verwundete, werden ausführlich vorgestellt

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