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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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für eine Passage nach Amerika schickt, bin ich weg!«
    »Ach, um Mutter mach dir mal keine Sorgen. Ihr neuer Gatte ist einigermaßen bei Kasse und sie spekuliert nur darauf, endlich Großmutter Lucies Haus und ihr Vermögen zu erben.«
    Eva verkniff es sich, ihn zu fragen, warum er so hässlich über seine Mutter redete. Das war nun schon das zweite Mal in diesem Gespräch. Aber sie wollte nicht neugierig wirken. Außerdem musste sie erst einmal verarbeiten, was sie einander binnen so kurzer Zeit alles anvertraut hatten. In gewisser Weise teilten sie ja dasselbe Schicksal. Lag es daran, dass er ein entfernter Verwandter war, dass sie sich ihm so seltsam nahe fühlte?
    »Dann schlaf gut und träume schön. Du weißt ja, der erste Traum, den du in einem neuen Zuhause hast, geht in Erfüllung.«
    Nachdem Adrian die Tür hinter sich geschlossen hatte, betrachtete sie die Möbel eingehender. Er hatte wirklich Geschmack, das musste man ihm lassen. Schließlich öffnete sie das Fenster und blickte in einen Garten, in dem es so bunt blühte, wie sie es noch niemals zuvor gesehen hatte. Seltene Vogelstimmen drangen an ihr Ohr. Plötzlich hörte sie eine Frauenstimme, die Befehle erteilte.
    »Bringen Sie mir bitte den Tee nach draußen und ein paar von den Keksen!«
    Eine Frau in Kostüm und Hut trat auf die Veranda aus Holz, die genau unter Evas Zimmer lag. Eva hielt die Luft an. Noch nie hatte sie eine so schöne Frau gesehen. Sie besaß helles Haar, einen makellosen weißen Teint, ein schmales Gesicht, eine perfekte Nase und einen vollen sinnlichen Mund. Ihre Augen waren grün, soweit es Eva von hier oben erkennen konnte. Eva hielt sie auf den ersten Blick für Adrians Schwester, weil sie so jugendlich wirkte und es eine unübersehbare Ähnlichkeit zwischen ihnen gab. Erst auf den zweiten Blick sah man der feinen Dame ihr Alter an. Sie musste bereits auf die fünfzig zugehen.
    Nun vernahm Eva eine zweite Stimme aus dem Haus.
    »Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich diesen Trampel unterhalte. Meine Freunde mögen keine Deutschen. Ich kann sie beim besten Willen nicht überall mit hinschleppen. Und gerade jetzt vor Weihnachten häufen sich die Einladungen. Bitte mute es mir nicht zu, sie zu unterhalten.«
    Eva trat einen Schritt ins Zimmer zurück aus Angst, man könne sie am Fenster entdecken, denn sie hegte keinen Zweifel, dass die Rede von ihr war. Doch dann siegte ihre Neugier. Sie wollte wissen, wie das Gesicht zu der quengeligen Stimme aussah.
    Das Aussehen der jungen Frau, die offenbar die Tochter des Hauses war, reichte bei Weitem nicht an die Schönheit ihrer Mutter heran. Sie war blond, hatte im Gegensatz zu ihrer Mutter ein rundliches Gesicht mit einer Stupsnase und Sommersprossen. Niedlich würde man in Deutschland sagen, aber neben ihrer Mutter wirkte sie wie ein Ackergaul neben einem Rassepferd. Eva schämte sich ein wenig für diesen Vergleich, aber es fiel ihr nichts Besseres ein. Natürlich war er auch geprägt von ihrer Abneigung gegen die etwa gleichaltrige junge Frau. Wie kam sie dazu, sie als Trampel zu bezeichnen? Oder hatte sie das nur falsch übersetzt?
    Eva verließ ihren Fensterplatz hastig, als sich Mutter und Tochter zum Tee auf der Veranda niederließen.
    Sie holte ihr Wörterbuch hervor und bekam die Bestätigung, für das, was sie meinte herausgehört zu haben. Clod bedeutete tatsächlich so etwas wie »Trampel«.
    Eva legte sich aufs Bett und ballte die Fäuste. Als sie aufwachte, hatten sich ihre Hände gelöst, und sie lächelte in sich hinein. Sie konnte sich sofort an ihren Traum erinnern: Sie war mit einem gut aussehenden jungen Mann durch eine viktorianische Villa geschlendert!



N APIER , D EZEMBER 1930
    Eva war schon lange wach, als es an ihrer Zimmertür klopfte. Sie hatte versucht, ein ansprechendes Sommerkleid in ihrem Koffer finden, aber sie besaß überhaupt nur ein einziges schönes Kleid.
    Adrian steckte vorsichtig den Kopf zur Tür hinein.
    »Bist du fertig?«
    Eva nickte und folgte ihm zurück über den endlos langen Flur nach unten in das Esszimmer. Sie war ein wenig erschrocken, weil sie gleich von drei Augenpaaren eindringlich gemustert wurde, auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Adrians Mutter und der grauhaarige füllige ältere Herr am Tisch zeigten keinerlei Regung außer Neugier, während die Tochter des Hauses verächtlich ihr Gesicht verzog.
    »Das ist unsere Cousine aus Deutschland, Eva Schindler«, sagte Adrian mit fester Stimme.
    Seine Mutter stand auf

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