Die Marionette
wir sind uns einig, dass wir in diesem Fall kompetente juristische Hilfe zur Unterstützung unserer eigenen Abteilung von außen hinzuziehen wollen. Wir rechnen jeden Moment mit dem Eintreffen der Staatsanwaltschaft und des LKA .«
Gerwin Bender räusperte sich. »Dr. Meisenberg hat uns versichert, dass Sie genau die fachliche Kompetenz besitzen, die wir jetzt brauchen.«
Valerie warf Meisenberg einen fragenden Blick zu, doch ihr untersetzter Seniorpartner verzog keine Miene.
»Wir sehen uns einer großangelegten Schmutzkampagne ausgesetzt«, fuhr Bender mit fester Stimme fort.
»So wie bei den Korruptionsvorwürfen?«, fragte Valerie. Sie hatte die Berichterstattung in den Medien verfolgt. Alles wies darauf hin, dass die Informationen über die vermeintlichen Schmiergeldzahlungen der Larenz-Werke an die afghanische Regierung von den Amerikanern lanciert worden waren.
Bender nickte.
Valerie war skeptisch. »Die Behörden würden nicht in dieser Weise reagieren, wenn ihnen nicht stichhaltige Beweise vorliegen würden«, gab sie zu bedenken.
»Stichhaltige Beweise hat es auch bei den Korruptionsvorwürfen gegeben. Sie haben jedoch bei genauerer Überprüfung überraschend schnell an Substanz verloren.« Bender stand von dem Konferenztisch auf, ging zu seinem Schreibtisch und nahm eine Mappe auf. »Wir konnten alles widerlegen. Das Schlimme ist, dass dennoch immer etwas haften bleibt. Das Image hat Kratzer bekommen. Und der Vorfall wird wieder zur Sprache kommen, wenn jetzt neue Vorwürfe auf den Tisch kommen.«
Auch ohne dass er es explizit aussprach, begriff Valerie, dass nicht nur die Glaubwürdigkeit, sondern auch die Existenz der Larenz-Werke auf dem Spiel stand, wenn sich die Anschuldigungen bestätigen sollten. Vor allem aber Gerwin Benders Karriere. Er war der Motor dieses Unternehmens, und es war nicht auszuschließen, dass es Kreise gab, denen seine Machtposition und die dazugehörige Stimme, die er nicht nur innerhalb des Konzerns, sondern in der gesamten deutschen Wirtschaftswelt besaß, längst ein Dorn im Auge war.
»Es ist ein Angriff«, meldete sich Meisenberg erstmals zu Wort. Ihr Seniorpartner konnte sich der ungeteilten Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher sein. »Und es ist durchaus möglich, dass dieser Angriff aus der Regierung kommt.« Er war nicht nur ein brillanter Anwalt, sondern vor allem eine Koryphäe für hochkomplizierte wirtschaftliche und politische Beziehungsgeflechte. Valerie wusste, dass er seit Jahrzehnten eine Vielzahl von Quellen in Berlin liebevoll pflegte, über die niemand sonst in diesem Raum verfügte. Nicht einmal Bender, der ansonsten exzellente Verbindungen in die Politik besaß.
Ein aufgeregtes Raunen war die Antwort auf Meisenbergs kühne Behauptung. Einzig Gerwin Bender verzog keine Miene. In zwei Jahren würde er als Vorstandsvorsitzender ausscheiden, und Valerie wusste von Meisenberg, dass Bender mit einem Sprung in die Politik liebäugelte. Eine solche Affäre, wie sie sich gerade anbahnte, würde Benders Ambitionen im Keim ersticken.
»Wenn wir tatsächlich von einem Angriff ausgehen«, sagte er jetzt, »dürfen wir nicht ausschließen, dass er auch rein wirtschaftlich motiviert sein könnte und von ganz anderer Seite kommt.«
»Von den Amerikanern.« Andreas Vombrook zog ein nachdenkliches Gesicht. »Oder den Briten. Es gab in beiden Staaten eine Menge böses Blut, weil wir den Auftrag für die Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte für die nächsten vier Jahre erhalten haben. Wir nehmen an, dass von dort auch die Korruptionsvorwürfe gegen uns lanciert wurden, aber wir können nichts beweisen«, fügte er an Valerie gewandt hinzu.
Valerie runzelte die Stirn. Es war alles reine Spekulation. »Können wir ausschließen, dass jemand innerhalb des Konzerns tatsächlich unter der Hand Geschäfte mit den Taliban gemacht hat?«, fragte sie.
Kühle Blicke streiften sie. Es war Bender selbst, der das erneute, unangenehme Schweigen durchbrach. »Nein, das können wir natürlich nicht ausschließen«, sagte er, »und daher ist es wichtig, dass jemand einen Blick von außen auf die Situation wirft. Sind Sie im Team, Frau Weymann?«
Der Funke sprang letztlich über, und Valerie schüttelte ihre Unentschlossenheit ab. »Ja, ich denke, ich bin dabei.«
»Die erste gute Nachricht heute«, erwiderte Bender mit einem Lächeln und reichte die Mappe, die er von seinem Schreibtisch genommen hatte, an den Justiziar weiter. »Herr Vombrook wird mit Ihnen das
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