Die Marketenderin
wollen. Unser Land braucht Sie, Korvettenkapitän Laurentsen.«
»Korvettenkapitän!« rief Gerter erschüttert. Felix stand auf, grüßte ihn militärisch und alle drei brachen in schallendes Gelächter aus.
Als Felix am nächsten Abend als Ehrengast im Hause Zimmermann gefeiert wurde, betrachtete Katharina Johannes verstohlen von der Seite. Er muß sich für Felix freuen, dachte sie, alles hat sich doch zum Besten gewendet, warum nur verschwindet dieser verlorene Blick nicht aus seinen Augen?
Felix hätte ich bitten können Juliane zu suchen, dachte Johannes in diesem Augenblick, aber Korvettenkapitän Laurentsen wird Wichtigeres zu tun haben. Er spürte Katharinas Blick auf sich, nahm ihre Hand und küßte sie.
»Du bist eine Zauberin«, murmelte er und schwieg, als Felix sein Glas erhob und einen Trinkspruch auf das schönste, klügste und großzügigste Paar Moskaus ausbrachte und hinzufügte, daß er es als große Ehre empfinden würde, sein Leben lang in diesem Haus willkommen geheißen zu werden.
Diese Bemerkung irritierte Gerter. Wie lange denkt er, daß meine Gefangenschaft noch dauern wird, fragte er sich, es ist doch nur eine Frage von Wochen, daß sich auch Württemberg wieder mit den Russen verbündet und dann bin ich frei!
In seiner Tasche knisterte das Manifest, mit dem sich der König von Württemberg aus der französischen Allianz verabschiedet hatte.
»Herr Korvettenkapitän«, wandte sich Gerter später an Felix, »sehen Sie irgendeine Möglichkeit, wie ich Korporal Schreiber und die Assenheimerin in Moskau finden könnte?«
»Moskau ist groß«, antwortete Felix ungerührt, »bedenken Sie, daß es den Regierungsstellen vier Jahre lang nicht gelungen ist, meine Mutter ausfindig zu machen.«
»Aber dir ist es gelungen«, erinnerte ihn Gerter und verbesserte sich ganz schnell: »Ihnen ist es gelungen.« Felix nutzte die Gelegenheit das Thema zu wechseln und bot dem im militärischen Rang unter ihm stehenden Gerter offiziell das Du an.
Er berichtete, das riesige Kreuz der Ivan-Kathedrale sei wieder an seinem Platz.
»Die Franzosen hatten es abmontiert, weil sie meinten, es sei aus purem Gold«, lachte er. »Zwei Monate lang, über die Beresina bis nach Wilna, schleppten sie sich mit der Beute ab! Dabei ist das Kreuz nur mit ganz dünnen Goldplatten belegt und besteht im wesentlichen aus Kupfer!«
Als Felix am nächsten Morgen seine Mutter abholte, um mit ihr zu dem wiedergewonnenen Grundstück zu fahren und den Zustand des Hauses zu untersuchen, legte er ein paar Goldstücke vor Juliane hin.
»Damit können Sie nach Hause reisen«, erklärte er und wandte sich nach Jakob um. »Ist das die Möglichkeit!« rief er. »Er kann schon krabbeln!« Er hob das Kind auf, küßte es und setzte es Juliane auf den Schoß. »Passen Sie gut auf den jungen Herrn auf und wickeln Sie ihn auf der Reise ordentlich ein. Sie wissen ja, wie kalt der russische Winter ist!«
Wieder Winter, dachte Juliane, und ich kann nach Hause, nach Stuttgart zurück. Nach Weiler zum Stein, verbesserte sie sich, in das Haus, von dem Matthäus gesprochen und das sie nie gesehen hatte. Jakob sollte in seinem Vaterhaus aufwachsen, umgeben von den Verwandten ihres Mannes, die sie alle nicht kannte. Sie würde wieder die Fremde sein, aber sie war es Matthäus schuldig, seinen Sohn in seinem Sinne zu erziehen. Nur Soldat werden, das durfte er in keinem Fall.
Sie hatte nicht viel zu packen, eigentlich mußte sie nur ihre beiden Bändchen aus der Wandnische nehmen. Sie legte sie auf den Tisch. Ich habe keine Eile, sagte sie sich, und einen Schlitten muß ich auch noch kaufen. Sie setzte sich an den Tisch und las ihre Aufzeichnungen durch.
Nach dem Essen zogen sich Johannes und Felix in das Herrenzimmer zurück und der Korvettenkapitän berichtete, daß er sein Haus zwar ausgeplündert, aber relativ intakt vorgefunden habe. Seine Mutter sei schon eingezogen und er habe bereits das Kommando über ein neues Schiff erhalten.
Johannes schluckte. Auch Felix würde also jetzt aus seinem Leben verschwinden. Es ist unerträglich, dachte er. Ich habe schon zu viele Freunde verloren: Eugen von Röder, Matthäus, Juliane … Juliane? Plötzlich erhellte sich sein Gesicht. Sie lebte doch noch! Das bedeutete, daß es auch der Korporal geschafft haben und sich das Paar jetzt mit dem Enkelkind Eugen von Röders irgendwo in Moskau aufhalten könnte. Er packte Felix am Arm:
»Du mußt mir helfen die Assenheimerin zu finden! Sie war hier, du hast
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