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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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in ihrem letzten Heft. Mit Großbuchstaben schrieb sie hinein:
    »LIEBE, WAHRHAFTIGKEIT, WISSEN UND GOTTES GEBOTE WERDEN MICH LEITEN. ANGST WIRD KEINE MACHT MEHR ÜBER MICH HABEN UND DESHALB KANN AUCH KEIN MÄCHTIGER MEHR MEINE SEELE TÖTEN UND MICH ZU UNRECHTEN TATEN VERFÜHREN.«
    Danach werde ich leben, dachte sie, auch wenn es schwierig wird. Später wird Jakob sein eigenes Manifest schaffen, er wird so viel mehr wissen als ich, so viel klüger sein, ich kann es kaum erwarten, von ihm zu lernen.
    Sie spürte eine ruhige Zufriedenheit, als es klopfte und Felix sie informierte, daß sie am nächsten Mittag in seinem Kutschhaus einen Schlitten abholen könne, der sie nichts kosten werde. Den Diener konnte ich nicht leiden, dachte Juliane, der Korvettenkapitän gefällt mir erheblich besser.
    Am Morgen empfing Graf Rostoptschin Johannes und teilte ihm persönlich mit, daß er ab sofort frei sei. Gleichzeitig händigte er ihm 100 Rubel aus, die Kaiser Alexander jedem gefangenen Offizier als Beihilfe für den Winter zugedacht hatte.
    Der Gouverneur von Moskau informierte ihn, daß in den nächsten Tagen auch die anderen gefangenen Württemberger freigelassen und in die Heimat zurückgeschickt werden sollten und deutete an, daß man sich beim nächsten Wiedersehen wohl auf derselben Seite begegnen werde, was sowohl König Friedrich als auch Zar Alexander nicht zuletzt angesichts der verwandtschaftlichen Beziehungen erheblich erfreulicher fänden.
    Frei, endlich frei, sang es in Gerter, als er durchs Kremltor ging.
    Johannes ließ sich von einer Kutsche zu der von Felix angegebenen Adresse fahren und pfiff leise durch die Zähne, als er bei dem stattlichen Gebäude ausstieg. Da wird mein Diener eine Menge Diener brauchen, dachte er und ging auf das Kutschhaus zu. Die Tür war nur angelehnt und er wollte eintreten, um sich den Schlitten anzusehen. Plötzlich hörte er drinnen ein Kind schreien. Er hielt den Atem an, als eine vertraute Stimme beschwichtigend sagte: »Ist schon gut, Jakob, hab keine Angst, schau, das ist unser Schlitten! Damit fahren wir nach Hause! Weg aus diesem kalten Land! Wie schön er ist, schau Jakob, wie eine Kutsche auf Kufen …«
    Auf Zehenspitzen schlich Johannes ins Kutschhaus, dankbar, daß die Tür nicht knarrte. Von Juliane sah er nur die Hälfte. Ihr Oberkörper steckte im Inneren des Schlittens, wo es ihrem Sohn offensichtlich nicht gut gefiel, denn er schrie wie am Spieß.
    »Kinder haben Angst im Dunkeln«, sagte er, als er direkt hinter ihr stand.
    »Mein Sohn nicht! Mein Sohn hat keine …« Sie stieß sich den Kopf am Schlittendach, als sie sich umwandte, verlor das Gleichgewicht und wurde von zwei starken Armen aufgefangen.
    »Ich laß dich nicht mehr los, nie mehr!« flüsterte Johannes, als er in zwei zu Tode erschreckte nachtschwarze Augen blickte. Sie wollte sich losreißen, schrie und tobte und sah so wunderschön dabei aus, daß ihm vor lauter Liebe das Herz wehtat. Jakobs Schreie wurden immer spitzer, Juliane riß sich endlich los und brüllte in den Schlitten hinein: »Ruhe, jetzt schreie ich!«
    »Welch eine Wiedersehensfreude!« erklang eine Stimme am Eingang des Kutschhauses. Felix schlenderte an ihnen vorbei, öffnete die andere Schlittentür und nahm Jakob heraus, der augenblicklich still wurde.
    »Wie hat er das nur geschafft?« fragte Johannes verblüfft.
    »Jakob mag ihn«, fuhr ihn Juliane an.
    »Ich bin im Haus«, erklärte der Korvettenkapitän und verließ schwankenden Ganges mit dem kleinen Kind das Kutschhaus. Es war plötzlich ganz still.
    »Vielleicht willst du noch weiterschreien?« schlug Johannes vor. Stumm schüttelte sie den Kopf. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie keinen Laut mehr hervorgebracht.
    »Laß uns den Schlitten ausprobieren.« Sie wehrte sich nicht, als Johannes sie hinein auf den Sitz hob, sich neben sie setzte und seinen Kopf in ihren Haaren vergrub.
    So sah sich Johannes völlig unvorhergesehen am Ziel seiner Wünsche. Als freier Mann wollte er mit der Frau, die er liebte, in die Heimat zurückkehren. Er zweifelte nicht im geringsten daran, daß Juliane ihn heiraten würde und der offizielle Antrag erschien ihm nur eine Formsache.
    »Leider kann ich bei deinem Vater nicht mehr um deine Hand anhalten«, sagte er, als er Juliane aus dem Schlitten half. Ein verlorener Blick schlich sich in seine Augen.
    »Was weißt du von meinem Vater?« fragte sie scharf. Schnell überlegte sie, ob sie sich jemals verraten hatte, aber das war

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