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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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feinen Städte verschonen. Melchior von Würzburg hat schon unterschrieben, achtzigtausend Gulden zu berappen, die anderen kommen nach, das schwörn wir bei unserm Bart, und der ist lang! Von den Nürnbergern haben wir zweihunderttausend Gulden gefordert, das wird den reichen Wänsten ein Leichtes sein. Der feiste
Bamberger soll uns zwanzig Ämter abtreten. Sonst machen wir alles mit Vergnügen dem Erdboden gleich!
    Ihr derweil habt die Visitation der Kirchen stricte durchzuführen. Es ist strenge Achtung darauf zu halten, dass alle Messen gut protestantisch gehalten werden. Unsere Stellung im lutherischen Fürstenbund hängt davon ab, dass dem Neuen Glauben daheim ordentlich gefrönt wird! Dem welschen Maler so er, wie du berichtest, ein schön Abbild von uns auf dem Streitroß malt und alsbald beendet hat, eine Handsalbe von zehn Gulden. Und dann mit Gott.
     
    Gegeben im Feldt am Tag Egidi anno 1552
Albrecht Alkibiades etc.

Plassenburg, November 1552
    Jakob Tiefenthaler hatte eine Decke gegen den Regen übergeworfen und kämpfte sich gegen den Wind und die ersten dicken Tropfen bergan. Der Anstieg zur Plassenburg hinauf war steil, und er war schon nach der Hälfte des Wegs völlig durchnässt. Es wurde empfindlich kalt, und der junge Geistliche bereute, dass er unbedingt noch an diesem Tag seinen Dienst als Burgkaplan hatte antreten wollen.
    Seit zwei Jahren war Jakob Tiefenthaler, studierter
Magister der Theologie, zweiter Pfarrer an der Kulmbacher Petrikirche. Johann Eck, der Kulmbacher Reformator, hatte an der Universität in Wittenberg um Unterstützung durch einen weiteren Pfarrer nachgefragt. Er war inzwischen bald sechzig Jahre alt; seine Beine machten nicht mehr recht mit, und die Betreuung seiner zweitausend Seelen starken Gemeinde in Kulmbach wurde ihm langsam zu viel. Ein junger Mann hatte es sein sollen, fest im neuen Glauben, fähig zu mitreißenden Predigten und klug genug, die Reformation im Fürstentum weiter zu festigen. Einer, dem Eck getrost als Nachfolger sein Vermächtnis anvertrauen konnte.
    Wittenberg hatte mit Jakob Tiefenthaler einen der begabtesten Studenten der letzten Jahre geschickt, und zu Ecks Zufriedenheit entpuppte sich der junge Geistliche als guter Griff. Als er in Kulmbach ankam, staunte die ganze Gemeinde über seine Jugend, und alle, einschließlich Eck, waren verblüfft über die Tiefe seines Wissens, seine Milde und Freundlichkeit und die schlafwandlerische Sicherheit, mit der er für jeden das rechte Wort fand. Es dauerte nicht lang, und die Menschen kamen zu ihm und nicht mehr zu Eck, wenn sie Beistand brauchten; er wurde gerufen, wenn einer auf dem Totenbett lag. Auf der Kanzel besaß er ein unvergleichliches Charisma; er konnte die Menschen mit seinen Predigten zum Lachen oder zum Weinen bringen, und die Gemeinde lauschte in
andächtiger Stille seiner sanften, fast etwas zu hohen Stimme mit dem weichen unterfränkischen Dialekt. Viele meinten, er habe das Zeug zum Heiligen, anspruchslos und milde, wie er war, und manche gar erinnerte er an den Herrn Jesus selbst, mit seinen dunkelblonden, dicht gelockten, schulterlangen Haaren, den sanft blickenden bernsteinfarbenen Augen und dem gestutzten Bart. Vor allem die Frauen und Mädchen der Gemeinde fühlten sich zu ihm hingezogen, und es gab nicht wenige, die sich vor dem Kirchgang besonders hübsch machten. Sie brachten ihm mit roten Köpfen Eier oder Schmalz ins Pfarrhaus, fanden tausend Vorwände, um ihn um Rat oder Hilfe zu bitten. Nachts wälzte sich so manche von ihnen schlaflos auf ihrem Lager und hegte derart unkeusche Gedanken, dass sie eigentlich hätte beichten müssen, wenn sie noch katholisch gewesen wäre. Aber schließlich durfte ein protestantischer Pfarrer ja eine Frau haben – die Vorstellung war zwar immer noch arg ungewöhnlich, aber der Herr Martinus Luther hatte es mit seiner Hausfrau Katharina von Bora ja aller Welt vorgelebt!
     
    Johann Eck sah den Erfolg und die Popularität seines Schützlings mit Freude, aber auch mit gewissen Befürchtungen und mit leisem Neid. Er selber war nie sehr beliebt, eher respektiert, ja gefürchtet gewesen. Was ihm am meisten Sorgen machte, waren
die unverhohlenen Liebesbezeugungen, die manche weiblichen Gemeindeglieder dem jungen Pfarrer entgegenbrachten. Eck hatte damals zu denjenigen gehört, die Luthers Heirat für einen Skandal hielten, und er stand auch heute noch zu seiner Meinung, dass der Zölibat für einen Geistlichen unabdingbar sei. Nun, die Zeiten hatten

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