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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Namen hab ich vergessen. Aber das Lied kann ich noch.« Sie setzte sich in Positur und begann.
    Unter der Linden an der Heide,
    da unser zweier Bette was,
    da möget ihr finden schöne beide
    gebrochen Blumen und auch Gras.
    Vor dem Walde in einem Tal,
    tandaradei,
    schön sang die Nachtigall.
    Ich kam gegangen zu der Aue,
    da war mein Friedel kommen eh.
    Da ward ich empfangen hehre Fraue
    dass ich bin selig immer meh’.
    Küsst er mich? Wohl tausend Stund!
    tandaradei,
    seht wie rot mir ist der Mund.
    Dass er bei mir läge, wüsst es jemand
    ach Gott verhüt, so schämt ich mich.
    Was er mit mir pflege sag ich niemand,
    es gehet an nur ihn und mich.
    Und ein kleines Vögelein,
    tandaradei,
    das mag wohl verschwiegen sein.
    Die eigenartige Melodie mit den uralten Worten zog alle in ihren Bann. Lorenzo küsste hingerissen Käthas Hand, und selbst Susanna seufzte. »Ach, mit meinem Konrad, da ist das alles ganz anders«, meinte sie mit
einem schicksalsergebenen Achselzucken. »Aber ich bin trotzdem ganz froh, dass ich ihn hab.«
    Tiefenthaler und Barbara sprachen an diesem Abend nicht mehr viel. Die Mädchen und Lorenzo Neri bestritten die Unterhaltung, bis das Feuer im Kamin heruntergebrannt war. Schließlich verabschiedete sich der Kaplan und ging über den dunklen Schlosshof zum Pfaffenhaus zurück. Er zog sich aus und schlüpfte zwischen die kalten Laken. Was zwischen ihm und der Markgräfin geschehen war, ging ihm nicht aus dem Kopf. Ich muss völlig verrückt sein, schalt er sich selbst. Sie ist die Markgräfin von Brandenburg-Ansbach. Und ich bin ein kleiner Pfaff, der vor Gott gelobt hat, keusch zu bleiben. Es darf nichts sein, und es wird nichts sein!
    Doch in dieser Nacht gab er sich zum ersten Mal in seinem Leben der Sünde des Onan hin. Danach lief er im Morgengrauen in die Schlosskapelle und legte sich mit kreuzförmig ausgebreiteten Armen bäuchlings auf den nackten Steinboden vor dem Altar. So blieb er, bis die Morgenmesse begann.
     
    Auf Tiefenthalers ersten Abend im Frauenzimmer folgten ab da noch viele. Es wurde Karten oder Würfel gespielt, gesungen, erzählt und gelacht. An Weihnachten brachte Tiefenthaler ihnen Luthers Weihnachtslieder bei, und zu Neujahr versuchten sie, beim Bleigießen ihre Zukunft zu deuten. Auch Georg von
Leuchtenberg schloss sich ihnen manchmal an, und selbst Hansi, Käthas Bruder, durfte manchmal dabei sein und gab mit seinen altklugen Sprüchen viel Anlass zur Fröhlichkeit. Barbara und Tiefenthaler vermieden beide eine allzu große Nähe, als spürten sie, dass das fein gesponnene Gewebe, das sie trennend zwischen sich aufgerichtet hatten, nur allzu schnell reißen könnte. Und dann würde etwas geschehen, was nicht mehr aufzuhalten war. Es war ein Tanz zwischen dünnen Fäden.

Plassenburg, Februar 1553
    In der Schreibstube des Hauptmanns hatten sich die Räte zur monatlichen Beratung zusammengefunden. Georg von Leuchtenberg, ausnahmsweise einmal nüchtern, saß auf einer Seite des großen Schreibtischs, ein paar Rollen Pergament, Papiere und Schreibzeug vor sich. Neben ihm hatte Barbara auf einem Scherenstuhl Platz genommen. Wer sie gut kannte, hatte bemerkt, dass in den letzten Wochen eine Veränderung mit ihr vorgegangen war. In ihren hellen Augen lag neuerdings ein merkwürdiger Schimmer, Wangen und Lippen glänzten, ihr Gang war beschwingt und ihre Haltung königlich wie nie. Sie achtete mehr als vorher auf ihr Äußeres. Heute trug sie nicht das übliche
wollene Unterkleid und darüber den etwas altmodischen Surkot, der den Körper züchtig verdeckte, sondern ein neues, figurbetontes Kleid mit eckigem Ausschnitt, dessen tiefblaugrünen Damast sie kürzlich beim Kulmbacher Tuchhändler gekauft hatte. Die langen Haare ließ sie in letzter Zeit meist offen oder hatte sie nur lose zusammengefasst, wie es die jungen Mädchen taten, die noch nicht »unter der Haube« waren. Sie sieht jünger und schöner aus, dachte Georg, dem diese Dinge nicht entgangen waren, und er ahnte auch den Grund dafür. Des Öfteren war er bei den fröhlichen Abenden im Frauenzimmer dabei gewesen, und er hatte beobachtet, dass es zwischen Barbara und dem neuen Schlosskaplan knisterte. Nur ein Blinder hätte übersehen können, dass sich die beiden mehr zu sagen hatten als nur Worte.
     
    Georg und Barbara gegenüber saßen Hans von Feilitzsch, der Ritter von Kotzau, die beiden Wirsberg, der alte Groß von Trockau und Sigmund von Lüchau. Die sechs Räte wirkten entspannt und aufgeräumt, wusste

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