Die Markgräfin
man doch im ganzen Fürstentum, dass die Dinge gut standen wie lange nicht mehr. Barbara und der Hauptmann jedoch machten ernste Gesichter. Georg strich sich das Haar aus der Stirn, beugte sich leicht nach vorn und begann.
»Ihr Herren, wenn’s Euch recht ist, beginnen wir jetzt. Wie Ihr vermutlich alle schon wisst, haben inzwischen
nicht nur Würzburg, sondern auch Bamberg und Nürnberg die Verträge unterschrieben, die unser Markgraf Albrecht von ihnen gefordert hat … «
»Ja, ein wilder Hund ist er schon, unser Albrecht!«, warf gut gelaunt Sigmund von Lüchau ein und rieb sich die fleischigen Hände. »Wer hätte das gedacht, dass er noch so ein Paradestück zustande bringt und die drei großen fränkischen Städte miteinander in die Knie zwingt. Jetzt geht’s aufwärts, meine Herren!«
Die anderen nickten grinsend, nur Ulrich Groß von Trockau hatte Bedenken.
»Bis jetzt ist noch kein Heller von den zugesagten Ablösegeldern bezahlt, bester Herr Sigmund. Ich möchte zuerst die Geldsäcke drunten im Gewölb stehen sehen, bevor ich wirklich dran glaub!«
»Ihr seid ein Schwarzmaler, Trockau!« Der gutmütige Lüchau, ein rundlicher Lebemann mit Glatze und Apfelbäckchen, dem seit dem ungemütlichen Zusammentreffen auf der Jagd mit einem Bären ein Ohr und Teile des Oberarms fehlten, winkte mit beiden Händen ab. »Jetzt wird Albrecht erst einmal dem Passauer Friedensvertrag beitreten, der zwischen dem Kaiser und dem protestantischen Fürstenbund abgeschlossen ist, und dann haben wir endlich Ruhe im Land! Und wenn dann noch das Geld kommt, sind alle Sorgen vergessen.«
Leuchtenberg atmete tief durch und schüttelte langsam den Kopf.
»Euer Wort in Gottes Ohr, Lüchau, aber ich fürchte, wir alle haben uns zu früh gefreut. Gestern ist Nachricht gekommen, dass Albrecht es endgültig abgelehnt hat, den Passauer Vertrag zu unterzeichnen. Es heißt, er ziehe plündernd und brandschatzend an Rhein und Mosel auf und ab. Die vom Fürstenbund haben ihn offen zum Feind erklärt, weil er den allgemeinen Frieden bedroht.«
»Herrgottsakrament!« Der junge Wirsberg drosch mit der geballten Faust auf den Tisch. »Ist er jetzt vollkommen übergeschnappt? Da hat er alles in der Hand und setzt es ohne Not aufs Spiel! Ich begreif's nicht.«
»Keiner begreift’s mehr, Junge.« Georg Wolf von Kotzau kratzte sich niedergeschlagen am Hinterkopf.
»Es kann nur sein Hass auf den Kaiser sein, der ihn so blind macht«, meinte der vierschrötige Georg Förtsch.
»Jetzt steht mein Bruder allein gegen Kaiser und Fürstenbund zusammen.« Barbara wirkte müde. »Da macht er sein Fürstentum protestantisch, aber dass Luther den Krieg gegen die Obrigkeit verdammt hat, stört ihn nicht.«
»Du kennst deinen Luther in letzter Zeit recht gut, meine Liebe.« Georg schaute Barbara prüfend aus dem Augenwinkel heraus an. Die Markgräfin ordnete die Falten ihres Umschlagtuchs und überbrückte ihre Verlegenheit mit Schweigen.
»Albrecht hat sich noch nie um die Religion geschissen,
mit Verlaub«, ließ sich der alte Wirsberg vernehmen. »Katholisch oder protestantisch, das ist ihm alles gleich. Er tut nur, was er selber für richtig hält.« Die Räte nickten zustimmend.
Der Hauptmann hob die Hand. »Aber damit noch nicht genug, meine Herren. Der Kaiser hat per Dekret die Pressverträge mit Nürnberg, Würzburg und Bamberg für null und nichtig erklärt. Und er hat die Städte ermächtigt, den erlittenen Schaden wenn nötig mit Gewalt wieder wettzumachen. Man hört, dass die Nürnberger schon rüsten und Söldner werben.«
Fassungslosigkeit spiegelte sich in den Gesichtern.
»Jetzt trägt’s uns den Krieg ins eigne Land.« Lüchau war das Lachen vergangen. Er war weiß um die Nase.
»Ja, das wird uns treffen.« Georg Wolf von Kotzau stand auf, legte die Hände auf dem Rücken zusammen und begann, ruhelos im Raum umherzuwandern.
»Es heißt, er habe beim Abbruch der Verhandlungen mit dem Habsburger gesagt: ›Verlier ich mein Land, so muss ich halt einem andern seins wieder nehmen.‹« Georg sah die Räte an. »Was können wir tun?«
Der Ritter von Kotzau warf die Arme in die Luft. »Nichts! Das ist es ja! Wir können abwarten, wie lange sich unser sauberer Landesherr im Krieg halten kann. Das ist lediglich eine Frage der Zeit, bis sie ihn auf sein eigenes Fürstentum zurückwerfen. Verflucht
nochmal, und dann müssen wir verteidigen, was unser ist, ob wir wollen oder nicht. Und ich sag euch eins: Wir werden verlieren!«
Die
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