Die Markgräfin
Frankreich bieten, gegen Kriegs und andere Dienste. Verliern wir alles, so bleibt uns zum wenigsten das.
So wirst du’s zu halten wissen, bester Haubtmann, und uns die Burg halten bis zum Nimmerleinstag, des sind wir gewiss. Schick uns ein Anschlag, wie du das Hofgesind in Rotten zu zehn Mann eintheilst, damit in der Not auch die Dienerschaft zu den Waffen kann. Mit Gott.
Gegeben zu Rauenkulm, den Freitag vor Quasimodo
Albrecht Alcibiades von Gots Gnaden Markgraf zu
Brandenburg-Kulmbach
Kulmbach, 26 .Dezember 2002
Alle waren sie gekommen, obwohl es der zweite Weihnachtsfeiertag war. Haubold hatte das Schlittenfahren mit seinen Töchtern auf den Vormittag vorverlegt,
Kleinert seinen Sohn in einem längeren Wortwechsel davon überzeugt, dass dieser den neuen Robo-Rider ganz sicher auch alleine zusammenbauen konnte. Fleischmann hatte den meisten Ärger einstecken müssen, weil er sich sofort nach der traditionellen Feiertagsgans bei seiner Mutter verabschiedet hatte, worauf diese ihm mit Tränen in den Augen vorwarf, er sei ein undankbarer Herumtreiber. Nun saßen die Forschenden bei Punsch und Plätzchen in Götzens Wohnzimmer. Die Stimmung war ungetrübt, denn Götz senior war nicht da; er weilte auf Besuch bei der Verwandtschaft in Garmisch.
»Köstlich, deine Rumtörtchen.« Haubold fuhr genießerisch mit der Zunge über die Oberlippe. In seinem Bart tummelten sich Krümel. »Sag bloß, die hast du selber gebacken?«
Ulrich Götz nickte stolz. »Das Rezept stammt noch von meiner Oma. Mit ganz viel Strohrum und einem Schuss Arrak!« Er nippte am heißen Glühwein und klatschte dann nach Lehrermanier in die Hände. »Also, liebe Freunde, wollt ihr jetzt die Geschichte hören oder nicht?«
Es schellte. Thomas Fleischmann sprang auf. »Das ist die Geli«, meinte er entschuldigend, »sie will unbedingt auch hören, wer diese Barbara war.«
Geli Hufnagel stapfte pitschnass und in Wintermontur ins Zimmer. Sie war den ganzen Weg von ihrer Wohnung aus zu Fuß gegangen und war vom Regen
überrascht worden. Alle, einschließlich Fleischmann, starrten sie verblüfft an – sie hatte ihre alte Prinz-Eisenherz-Frisur am Vortag mit einer selbst gemachten Dauerwelle zur Lockenpracht verändert und sah damit ein bisschen aus wie eine Mischung aus Walküre und dunkelhaarigem Christkind.
»Hallo zusammen. Tut mir Leid, dass ich zu spät dran bin, aber mein Auto hat gestreikt.« Sie schüttelte jedem die Hand und nahm neben Fleischmann auf dem Sofa Platz, der sie unsicher von der Seite her beäugte und nicht wusste, ob ihm gefallen sollte, was er da sah. »Habt ihr schon angefangen?«
»Nein, nein«, winkte Götz ab. »Aber jetzt geht’s los. Wie ihr ja wisst, hat alles damit begonnen, dass dieser kleine Pokal aufgetaucht ist, auf dem der Name Barbara Herzogin von Groß-Glogau steht. Und ich bin seitdem der Frage nachgegangen, wer diese Frau war und was sie mit der Plassenburg zu tun hat. Dabei bin ich auf eine Arbeit aus dem Jahr 2001 über das Herzogtum Groß-Glogau gestoßen. Die Verfasserin, eine Geschichtsprofessorin aus München, habe ich brieflich kontaktiert und um Informationen über diese Barbara gebeten. Das hier hat sie mir geschickt.«
Er zog einen Stapel Papiere aus seiner Aktentasche und hievte ihn auf den Tisch. Obenauf legte er das Anschreiben der Professorin.
Sehr geehrter Herr Götz,
Ihre Anfrage habe ich dankend erhalten. Anbei sende ich Ihnen, wie gewünscht, Material zur Herzogin Barbara von Glogau bzw. Markgräfin Barbara von Brandenburg. Ich bin bei meiner Recherche auf eine kleine Monographie aus dem letzten Jahrhundert gestoßen, die leider nur in der Präsenzbibliothek der Universität München liegt. Deshalb hier eine Kopie. Ich hoffe, ich habe Ihnen und Ihrem Forscherteam damit weitergeholfen.
Mit den besten Wünschen für Weihnachten und
freundlichen Grüßen
Regina Schmitz-Scherzer
Auf das Anschreiben folgte ein ganzer Packen Kopien, zuoberst die Titelseite:
CONSTANTIN HÖFLER
BARBARA , MARKGRÄFIN ZU BRANDENBURG ,
VERWITWETE HERZOGIN IN SCHLESIEN ,
VERMÄHLTE KÖNIGIN VON BÖHMEN ,
VERLOBTE KONRADS HERRN ZU HAYDEK
PRAG 1867
»Keine Angst, ihr müsst das jetzt nicht alles lesen. Wenn keiner was dagegen hat, referiere ich euch einfach den Inhalt.« Götz nahm seine Notizen zur Hand.
»Also. Die Geschichte dieser Herzogin Barbara beginnt in Ansbach, wo sie geboren ist, und zwar im Jahr 1517 , als Tochter des Markgrafen Friedrich von Brandenburg und seiner Frau Sophia.«
»Da
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