Die Markgräfin
Schmerzes rollte heran, ergriff ihren Körper, drehte sich durch den Unterleib wie ein Schraubstock. Sie krümmte sich und schrie, bis die Wehe abebbte. »Ich glaub, es ist zu früh«, flüsterte sie, während Susanna ihr die Stirn mit einem feuchten Tuch abrieb.
Die Bucklerin erteilte sofort Befehle. »Einen Dreifuß ins Feuer, Mädchen, ich brauch heißes Wasser. Dann Tücher, viele, möglichst sauber. Nehmt ihr den
Pfulm aus dem Rücken, der macht’s nur schlimmer. Und tut die Felle aus dem Bett, oder wollt ihr, dass das Kleine schon im Mutterleib die Flöhe kriegt?« Susanna und Kätha flitzten.
Die Bucklerin spreizte Barbaras Beine und tastete mit zwei Fingern nach dem Muttermund. »Das kriegen wir schon, nur keine Angst, meine Kleine. Es dauert nicht mehr allzu lang. Wichtig ist: Du musst schnaufen, tief und gleichmäßig, immer den Schmerz wegschnaufen, dann geht’s besser.« Die Markgräfin schrie wieder, versuchte aber folgsam, ihre Atmung zu kontrollieren. Nach der Wehe holte die Hebamme einen hölzernen Salbentiegel aus ihrer Tasche. Sie langte hinein und schmierte eine fettglänzende, ölige, kräuterduftende Substanz in Barbaras Vagina, um den Muttermund und auf die Innenseite ihrer Schenkel. Dann nahm sie ein Büschel getrockneten Ackermennig und band es mit einem Faden um den linken Oberschenkel der Markgräfin.
»Der Mennig zieht das Kind heraus, ganz gewiss, der hat schon vielen Frauen geholfen. Er ist ein altes Mittel meiner Großmutter, und die war die beste Hebamme im ganzen Obermainland, so wahr ich hier steh.« Mit diesen beruhigenden Worten massierte die Bucklerin den zuckenden Bauch der Gebärenden. Unter ihren kundigen Griffen wich Barbaras anfängliche Angst; sie fühlte sich aufgehoben und geborgen.
»Besser?« Die Markgräfin nickte und nahm dankbar
einen Schluck Wasser, den ihr Kätha hinhielt. Die Bucklerin tätschelte ihr die Stirn. »Das geht schon, Mädchen, nur Mut. Denk ans Schnaufen!« Sie begutachtete mit kritischem Blick Barbaras Brüste, mit den großen, dunklen Brustwarzen und den bläulich durchscheinenden Adern. Was sie sah, schien ihr nicht zu gefallen.
Die Zeit verstrich, aber die Wehen wollten nicht häufiger kommen. Schließlich ging es auf Mitternacht zu, und Barbaras Kräfte ließen erkennbar nach. Sie lag schlaff zwischen den Laken, mit tief eingefallenen Augen im milchblassen Gesicht. Die Bucklerin beschloss, nicht mehr länger zu warten. Schließlich war diese Schwangere hier kein junges Mädchen mehr und recht alt für eine Erstlingsgeburt. Es war besser, die Dinge zu beschleunigen. Dafür gab es Gott sei Dank die richtigen Wurzeln und Kräuter, und sie hatte noch einen Vorrat davon aus Kulmbach retten können. In einem kleinen steinernen Mörser stampfte sie Besenginster als Wehenmittel und tat auch noch Himbeerblätter hinein, um den Milchfluss anzuregen. Sie goss das Pulver mit heißem Wasser auf.
»Trink, aber langsam.« Barbara schluckte angestrengt, verzog das Gesicht und begann zu husten. Die Bucklerin lachte leise in sich hinein. »Ja, ja, mein Tränklein hat noch keiner geschmeckt. Aber geholfen hat’s noch allen.«
Ihre Prophezeihung bewahrheitete sich. Als die
Wehen nach fast zwei Stunden nur noch im Abstand von zwölf Atemzügen kamen, half sie der Markgräfin auf und stützte sie bei ihren langsamen Schritten bis zum Gebärstuhl. Barbara stöhnte. Sie spürte etwas Warmes, Feuchtes ihre Beine hinablaufen und stieß einen erschreckten Laut aus. Die Bucklern beruhigte sie sofort. »Scht, scht, nur ruhig, Mädchen. Wasser und Blut gehen vorher ab, das ist oft so.«
Sie tauchte den Finger in die kleine Lache am Boden und begutachtete das abgegangene Fruchtwasser. »Ei, schön«, meinte sie, »keine Trübung, nichts Grünliches, und stinken tut’s auch nicht. Alles in Ordnung. Jetzt ist’s bald so weit.«
Barbara ließ sich in den Stuhl sinken und wurde sofort von der nächsten Wehe gepackt. Die Schmerzen kamen in immer kürzeren Abständen, sodass sie kaum noch Erholungspausen hatte. Ihre Schreie drangen jetzt bis hinaus in den Hof.
Die Bucklerin hatte Position neben dem Geburtsstuhl bezogen und stemmte die Hände und Unterarme gegen die obere Hälfte der Bauchwölbung. »Wenn du den Drang spürst zu pressen, Mädchen, dann drück und press, was das Zeug hält. Immer nach unten, immer raus, verstanden? Ich sag dir noch, wann. Du da, halt dich mit dem heißen Wasser und den Tüchern bereit.« Sie deutete auf Susanna, die müde an der Wand
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