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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Gesellschaft redete und lachte, soff, furzte und rülpste, während sich die Hunde um die hingeworfenen Knochen balgten. Beck blieb dabei still und äugte hin und wieder misstrauisch zum Markgrafen, der ihn bisher noch keines Blickes gewürdigt hatte.
    Noch vor dem Auftragen der Süßspeise waren die meisten Gäste reichlich beschwipst. Dann begann das obligatorische Zutrinken zu Ehren der beiden Brandenburger. Der große Pokal machte die Runde, und als er das erste Mal den Präzeptor Beck erreichte, erhob sich der Markgraf. Er hatte sich aus der Silberkammer einen kleinen saphirbesetzten Damenpokal bringen lassen und prostete seinem Magister damit zu.
    Schlagartig wurde Beck seine Situation klar: Die Sitte verlangte, dass beide nun austranken; alles andere wäre einer tödlichen Beleidigung gleichgekommen. Verzweifelt versuchte der Präzeptor, eine
Lösung zu finden, doch ihm fiel nichts ein. Er wollte allerdings den Markgrafen auf keinen Fall provozieren. Also trank er den großen Pokal, der mindestens einen Dreiviertelliter fasste, bis zur Neige aus.
    Auch der Markgraf leerte seinen Becher. Georg von Leuchtenberg neigte sich zu ihm.
    »Was machst du? Du weißt doch, dass der Alte nichts verträgt!«
    »Was kümmert’s dich?«, grinste Albrecht. »Soll er sich halt totsaufen!«
    Und wieder hob er seinen Becher und trank dem Lehrer zu, der wohl oder übel seinen Pokal ebenfalls leerte.
    Nach zwei Stunden verließen die meisten Räte die Tafel; auch der Hauptmann begab sich zur Ruhe. Albrecht, der inzwischen ziemlich angetrunken war, erhob sich, hielt schwankend seinen Becher hoch und sprach mit schwerer Zunge: »Auf meinen geliebten Lehrer und Erzieher, Magister Hieronimus Beck, den alten Hundsfott!«
    Alle lachten und stellten sich mühevoll auf die Füße.
    Leuchtenberg versuchte, den Markgrafen wieder auf seinen Platz hinunterzuziehen. »Hör auf, Albrecht, du bringst ihn wirklich noch um!«
    Albrecht schüttelte ihn ab. »Und wenn?«
    Beck war aschfahl im Gesicht. Er lallte und war kaum zu verstehen.
    »Euer Liebden, Nachsicht, aber der Wein … ich kann nicht mehr.«
    »Willst du mich beleidigen, du Köter?« Albrechts Augen verengten sich zu Schlitzen. »Sauf!«
    Beck trank und trank. Und der Markgraf trank mit. Als es vom Turm elf schlug, brach Beck zusammen. Zwei Aufwarter trugen den Bewusstlosen in seine Kammer, während Leuchtenberg Albrecht, der kaum noch laufen konnte, bis in die Schlafkammer stützte.
    Am nächsten Morgen fand man den Präzeptor an seinem eigenen Erbrochenen erstickt.
     
    In diesem Winter starb auch Markgraf Friedrich. Schon seit langen Jahren litt er an der Gicht wie die meisten seines Standes. Der letzte schwere Anfall kam kurz nach Weihnachten. Hüftgelenke, Knie, Handgelenke und Fingerknöchel des Leidenden waren stark geschwollen und bereiteten ihm höllische Qualen. Die hinzugerufenen Ärzte vermuteten überdies noch ein Steinleiden, das den Zustand des Markgrafen drastisch verschlimmerte. In den letzten Wochen hatte Friedrich das Bett nicht mehr verlassen können und die meiste Zeit vor Schmerzen geschrien. Der eilends herbeigerufene Steinschneider war unverrichteter Dinge wieder abgereist, da der Markgraf trotz seiner unerträglichen Schmerzen nicht zu einer Operation zu überreden war. Schließlich hatte ihn ein dazukommendes Fieber erlöst.
    Ende März 1541 wurden die Söhne nach Ansbach heimgerufen – Albrecht von der Plassenburg, Georg, der Älteste, aus Ungarn, wo er acht Jahre lang am Hof seiner Tante erzogen worden war. Es kam zur Landesteilung. Georg erhielt das so genannte Unterland mit Ansbach als Residenz, Albrecht das Oberland mit den Herrschaften Kulmbach und Bayreuth und der Plassenburg als Hauptsitz. Barbara, die nicht mehr in Ansbach bleiben wollte, wurde in die zollerische Nebenresidenz nach Neustadt an der Aisch geschickt.

Plassenburg, März 2002
    Der Kastellan stand mit den beiden Restauratoren und Dr.Weinzierl von der Bayerischen Schlösserverwaltung im mittleren Markgrafenzimmer im Ostflügel. Es ging um die geplante Freilegung der Wandmalereien, die eigentlich schon im vorigen Herbst hätte beginnen sollen. Aber das übliche Hickhack um Gelder und Zuschüsse hatte die Arbeiten verzögert.
    »Es sollte möglichst neben der Tür mit dem Abtragen der obersten Putzschichten begonnen werden, und dann können wir uns langsam bis zum Fenster vorarbeiten«, dozierte Weinzierl. »In der Fenstergaube ist ja schon ein erstes Stück der Malerei freigelegt, es
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