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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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ganz große Dame war und sich würdevoll in Richtung Schloßeingang begab, folgte ihr die unförmige Kunigunde watschelnd und Röcke raffend, das Mondgesicht halb von einem Reiseschleier verdeckt. Die zwei Jahre jüngere Ursula, ein eher farbloses Mädchen mit blonden Haaren und knabenhafter Figur, ließ sich von einem der Höflinge den Arm bieten und hineinführen.
    Barbara beobachtete die Ankunft ihrer Brüder vom Fenster des Frauenzimmers aus. Mit Ungeduld bereitete sie sich auf das abendliche Festmahl vor. Zur Feier des Tages hatte sie sich bereits am Morgen in die Badstube begeben und sich von der alten Martsch in einem Kessel mit warmem Wasser abschrubben lassen. Auch die Haare hatte sie frisch gewaschen und mit Essigwasser gespült. Sie hatte sich mit einem
Fläschchen duftenden Öls den Körper gesalbt und danach die Haare getrocknet und fein eingeflochten. Jetzt fehlte nur noch das Festtagskleid. Sie hatte sich dafür ein älteres Kleid ihrer Großmutter umgenäht, die Ärmel durchbrochen und mit Stoff aus anderer Farbe abgesetzt, sodass es der Mode der Zeit entsprach. Das Kleid war aus grünem niederländischen Tuch mit reichen Stickereien, und die dazugehörige Haube, ebenfalls grün, hatte die Martsch mit kleinen Perlen bestickt. Barbara liebte die Farbe. Sie zog das Mieder an, das ihr die Amme hinten festzurrte, und ließ dann Rock und Ärmel annesteln. Die Haube setzte sie so auf, dass ihr Haar hinten in einem langen Zopf nach der venezianischen Mode den Rücken hinabhing. Sie fühlte sich gerüstet für das Gespräch mit ihren Brüdern. Das Festbankett sollte am frühen Abend beginnen.
    Erster von drei Gängen eines fürstlichen Festmahls
    Warm gesotten Rindtfleisch
Abgesotten Rindtfleisch im Salt, du mags’s geben kalt oder warm
Darnach Zulegstück von einem Hammel
Ein Kappaunen in seiner lautern Brüh, mit Ingwer und auch mit Muscatblüt, und darzu mit ganzem Pfeffer darüber geworfen
Auch eingemachte Sülzen oder Kuttelfleck gelb oder weiß
Ein Rinder Niernbraten mit einem Parmasankäs bestreuet
Ein gebraten Rehschlegel in einem Mandelgescharb
Kitzfleisch gelb, mit einer süßen Brüh gemacht
Ein gebraten Indianischer Hahn warm
Repphühner mit saurem Limoniensaft übergossen
Gebraten Zaunköniglin
Ein Schweinskopf kalt abgesotten
Ein gebraten Ganß mit einer Gänßmilch darunter gemacht
Ein ungarische Turten mit vielen Blättern gemacht
Gebratene Hasel Hühner fein warm
Ein Viertel von einem Kalb, fein gebraten
Schlickkrapfen von Kälber Nieren
Ein Äpfel Turten
Ein kalte Hirsch Pasteten
Kleine Vögel in Mandelgescharb
Einen kleinen Lungen Braten von einem Hammel
Ein Gallert gemacht von Schweinsfüßen, mit Mandel belegt
Hispanische Pasteten mit einer gehackten Hennenbrust
Ein Mantscho Blancko
Ein gebratens Ferklin
Citronen fein klein gehackt, und auch süß gemacht
Eingemacht Schweine Wildpret in einem schwarzen Pfeffer
Jung Lammfleisch fein weiß gemacht, mit sauren Limonien
Erbsen
Item was zu jeglichem Gebratens gehört, so trocken auf den Tisch kommt, als Soßen von Weichselsaft, Oliven, Pomerantzen oder kleine Capern
    Das Festmahl war für hundert Gäste aus Adel und Neustädter Bürgerschaft gerichtet. In der Hofstube hatte die Dienerschaft zusätzliche Bänke und Tische aufgestellt, einfache Böcke mit Brettern darüber, die durch lang herabhängende Tischtücher verdeckt wurden. Die Fackelhalter an den Wänden waren bestückt, und Leuchter mit Talglichtern und den teuren Wachskerzen standen griffbereit auf einem Seitentischchen. In der hinteren Ecke der Hofstube hatten die Aufträger und der Silberkämmerer eine Anzahl von Ratzen, Flaschen und Karaffen aufgebaut, die bereits im Keller gefüllt worden waren, ebenso verschiedene Körbe mit Broten – das einfache dunkle Gesindebrot für die Dienertische, das hellere Räte- und Fürstenbrot für die gehobenen Gäste.
    Tischgeschirr gab es nur wenig. Je zwei Personen teilten sich ein Holzbrettchen oder – auf den Räteund
Adelstischen – einen Zinnteller. Auf den einfachen Tischen standen irdene oder hölzerne Becher, einer für zehn bis zwölf Mann gerechnet, der dann am Tisch die Runde machte. Die vornehmeren Tafeln waren mit Zinnbechern bestückt. Besteck gab es nicht – jeder hatte sein eigenes Messer dabei.
    Die Markgrafenmutter als Gastgeberin betrachtete zufrieden die Tafel. Auf dem Tisch standen vergoldete Silberteller und riesige goldene »Köpfe« – Pokale, die wegen ihrer Größe so benannt waren, ebenso groß wie ein Kopf. In

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