Die Markgräfin
schnüre mir die böhmische Ehe die Luft ab. Tagaus, tagein sitz ich und warte, ich weiß nicht mehr auf was. Ich kann so nicht weiter. Hätt ich die fünfzigtausend Gulden, die mir der Ungar versprochen, ich könnt für meinen Haushalt selber aufkommen.«
Barbara stockte und blickte in das unbewegliche Gesicht ihres jüngeren Bruders. Regte sich in ihm irgendein Gefühl? Er sah an ihr vorbei.
»Bruder, ich bitt dich, lass mich die Verbindung
lösen, die mir das Herz abdrückt. Jeden Tag bet ich zu Gott, dass endlich alles vorüber sei. Dann wäre ich frei, und mit dem ungarischen Geld nähm mich vielleicht ein anderer, und ich könnte Kinder haben, bevor ich zu alt bin. Elf Jahre, Albrecht, elf Jahre bin ich verbunden und doch verschmäht. Ich bitt dich bei Gott: Hilf mir, dass ich wieder frei bin!«
Albrecht atmete schwer ein. Er stand von seinem Schemel auf und ging zum Fenster. Nach einer Weile drehte er sich um und sah Barbara an.
»Du weißt, wie unser Vater solche Vorschläge aufgenommen hat, und glaubst nun, wir als deine Brüder denken anders? Was bringt dich dazu, die Ehre des Hauses Brandenburg durch die Auflösung deiner Ehe beschmutzen zu wollen? Bei Gott, das kann dir nicht Ernst sein. Du bist rechtmäßige Königin von Böhmen; dafür, dass dich dein Gemahl nicht annimmt, kann ich nicht. Und du bist ein Mitglied der Familie. Deine Bestimmung ist nur eines: nützlich zu sein für das Ansehen des Hauses. Ob du dabei traurig oder froh bist, schert nicht – nicht uns und nicht den lieben Gott. Eigene Wünsche stehen dir mitnichten zu. Also lass uns in der Zukunft mit solch unsinnigen Bitten in Ruhe.«
Barbara zuckte zusammen. Das war ihr Bruder Albrecht, mit dem sie gespielt, den sie gehätschelt und geliebt hatte? Ungläubige Enttäuschung spiegelte sich in ihrem Gesicht.
»Albrecht, ich bitt dich – so lass doch mit dir reden. Du kannst doch nicht mein Unglück wollen.«
Albrecht lachte kalt. »Dein Glück oder Unglück zählt nicht, begreif das endlich. Du hast dich den Wünschen der Familie zu fügen.«
Barbara fühlte, wie ihr alles entglitt. Das durfte nicht geschehen. Sie griff ihren Bruder bittend am Ärmel.
»Lieber Bruder, wenn … wenn du mir nachträgst, dass ich dich und den Landgrafen gesehen hab … du weißt, dass ich keiner Menschenseele verraten würde … du musst dich auch nicht … «
Barbara schluckte. Sie sah ihren Bruder an und wusste im gleichen Augenblick, dass sie einen Fehler begangen hatte.
»Genug!«, fuhr ihr Albrecht über den Mund. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
Georg mischte sich nun neugierig ein: »Was ist denn mit dem Leuchtenberg und dir?«
»Nichts, sie redet wirr!« Die Lüge kam dem jungen Markgrafen glatt über die Lippen.
Barbara war zurückgeprallt und wagte nicht zu widersprechen. »So trag wenigstens Sorge, Albrecht, dass ich das Geld aus Ungarn bekomme, um einen eigenen Haushalt zu führen.«
Albrecht setzte sich wieder und lächelte. »Liebste Schwester, das kann ich gar nicht.«
Barbara verstand nicht. »Aber warum denn nicht?«
Ihr Bruder breitete mit einer Geste der Hilflosigkeit die Arme aus.
»Weil ich die fünfzigtausend Gulden abgetreten habe gegen die Nutzung einiger fetter schlesischer Güter. Der Ungar war einverstanden.«
Der Schlag traf Barbara unvorbereitet. Was hatte er getan? Ungläubig schüttelte sie den Kopf. In ihr stiegen Wut und Verzweiflung hoch. Albrecht hatte kein Recht, ihr das Erbe wegzunehmen. Wie konnte er ihr das antun? Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und sagte mit einem Zittern in der Stimme: »Das kannst du nicht. Es war mein Herzogtum, nicht deines. Alles, was daraus folgt, gehört mir, mir allein. Du beraubst deine eigene Schwester! Das ist nicht recht, bei Gott und den Heiligen.«
Sie wandte sich an ihren ältesten Bruder, der bisher beim Fenster gestanden, mit einem Holzsplitter die Zähne gesäubert und geschwiegen hatte.
»Georg, sprich du für mich!«
Georg runzelte nun mit einem bedauernden Lächeln die Stirn. Barbara tat ihm Leid, aber er wollte sich deswegen keineswegs mit seinem Bruder überwerfen. Nervös spielte er mit seinen Fingern.
»Schwester, ich will dir nicht übel, aber du weißt offenbar nicht mehr, wo dein Platz ist. Die Sache der Familie geht über die eines Weibes, des wirst auch du dich versehen müssen. Du magst allezeit in meiner Hofhaltung leben und bleiben, für dein Auskommen
verbürg ich mich. Aber dem König von Böhmen abschreiben – das kann nicht
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