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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Dienstgesinde!«, erscholl die Stimme des Hofmeisters, kalt und unnachgiebig.
    Die Martsch begann sich kreischend gegen die Soldaten zu wehren; sie schlug mit ihrem Bündel um sich und verlor es. Brot, kalter Braten und Äpfel kullerten auf den Boden. Das Hündchen befreite sich aus dem Griff der alten Amme und wuselte verstört in dem ganzen Durcheinander, wich Tritten aus und bellte, was das Zeug hergab. Die Söldner hatten alle Mühe, die Alte zu bändigen, bis sie sich schließlich heulend geschlagen gab, sich das Hündchen schnappte und es schützend an sich drückte.
    »Bärbel, Bärbelchen«, greinte sie verzweifelt.
    Die Markgräfin streckte ihre Arme aus dem Fenster
der anfahrenden Kutsche und schrie den Namen ihres Bruders.
    »Ich will sie mitnehmen, Albrecht, hörst du mich? Lass wenigstens sie mir zuletzt, ich hab doch sonst nichts mehr … «
    Der Wagen rollte auf das Schlosstor zu, dahinter trabte die Wachmannschaft und ein letzter Karren mit Proviant. Die Torflügel schlossen sich hinter der Reisegesellschaft; im Schlosshof zurück blieb die alte Martsch, Rotz und Wasser liefen ihr übers Gesicht.
     
    Nicht weit vom Neustädter Schloss entfernt, als die Gesellschaft wegen eines Hindernisses kurz anhalten musste, langte die Hand eines Söldners durch das Fenster von Barbaras Kutsche und schob den Vorhang zur Seite. Etwas Braunes, Felliges flog herein und rappelte sich jaulend von der Sitzbank hoch. Barbara brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es ihr Hündchen war, das da durchs Fenster geworfen worden war. Sie nahm es auf ihren Schoß und kraulte es mechanisch. Ihre anfängliche Wut und ihr Schmerz über den Verlust der Amme wurden langsam von einem ohnmächtigen Gefühl völliger Hilflosigkeit abgelöst. Sie fühlte sich unendlich müde. Alles war umsonst gewesen, und keiner konnte ihr jetzt mehr helfen. Ihre Lage war hoffnungsloser denn je. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht und tropften auf das wollige Fell des Hündchens. Schließlich ergab
sich die Markgräfin in eine müde Teilnahmslosigkeit, die sie die Strapazen der Reise klaglos ertragen ließ.
    Inventar der persönlichen Sachen der Königin von
Böhmen gehörig, aufgenommen durch die Hofmeisterin
zu Plassenberg, am Tag Simonis et Jude anno 1542
     
    Item eine Reisetruhe mit Tragegriffen, als Schrank aufzustellen im Gemach der gnedigen Herrin, darin
     
    3 Kissenbezüge aus lundischem Tuch
    7 Bettücher, davon drei gestreift
    1 bestickter Tischteppich mit morgenländischem Muster
    12 feine Handzweln und Fazenettlein, davon zwei bös und zehn gut
    1 Paar Forheng aus Barchent, dazu zwei Quasten, alles rot
    1 Schauben, blau
    1 Spieglein
    1 Putz-Scher
    6 Löffelein mit dem glogauischen Wappen darauf
    16 Tücher und Hadern für die weiblich Notdurft
    3 Hauben, davon eine mit Fell und zwei mit Perlein
    1 Pokällein mit Frau Barbaras Namen und Gloria Dei darauf
    1 Kamm von Horn gemacht
    1 Paar Schuh, nicht mehr ganz gut
    2 Kleider, eins grün, das ander rot und blau
    4 Paar dicke Strümpf, zu tragen zur Winterzeit
    1 Messerlein, darin ein Spruch graviert, mit hörnern Griff
    1 kleiner flandrisch Wandteppicht, darauf Frau Flora im Frühling
     
    Außerdem: 1 Kästlein mit Kleinodien, das sind
1 Haarreif mit drei Diamant-Tafeln, ein Ringlein mit
Rubinlein wie ein Kreutz, 1 Gürtel mit Medaillen
beschlagen, davon 1 fehlt, 1 Gewandnadel mit einem
anhangenden Perlein.

Kulmbach, Mai 2002
    Gregor Haubold betrat am Freitagabend die Gaststube seines Stammlokals in der Stadt. Unterwegs hatte ihn ein Schauer überrascht, und nun war er völlig durchweicht. Er zog seine Jacke aus und ging um die Schanktheke mit den Wurstdosenpyramiden herum in die hintere Ecke der Wirtschaft. Hier stand der runde Stammtisch aus Eichenholz, in dessen Mitte ein großes Messingschild mit integriertem Aschenbecher und der barock geschmiedeten Aufschrift »Reserviert« prangte.
    Es war schon einiges los an diesem Abend, verräuchert wie die Kneipe war, aber die anderen Herren der »Forschenden Vier« waren noch nicht eingetroffen. Der Kastellan setzte sich auf die hintere Bank, von wo aus er alles im Blick hatte, und öffnete verstohlen den Knopf seines Hosenbunds.
    Eine Viertelstunde später saß die Runde in trauter Eintracht um den Tisch, jeder mit einem Glas vor sich und Haubold auch schon mit einem riesigen Teller undefinierbaren Gekröses, das er mit Appetit in sich hineinlöffelte, dazu ein Schüsselchen mit zwei »seidenen« Kartoffelklößen, die genau die

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