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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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markgräflicher Türsteher, der das Treffen bewachen sollte, schloss die Tür von außen, nachdem der Jude eingetreten war. Drinnen brannten vielleicht ein Dutzend teure Bienenwachskerzen, verteilt auf mehrere Leuchter. Die Decke mit ihren schweren Balken war so niedrig, dass Tuchmann unwillkürlich den Kopf einzog.
    Georg saß mitten im Zimmer an einem quadratischen Tisch, vor sich eine Karaffe mit Wein und zwei Zinnbecher. Er bot seinem Besucher mit einer weit ausholenden Bewegung den Platz gegenüber an.
    »Schön, Euch zu sehen, Simon Tuchmann. Täusche ich mich, oder seid Ihr seit dem letzten Mal dicker geworden?« Er kicherte. »Das machen die guten Geschäfte, was? Ich hoffe, Ihr schröpft nach wie vor die Nürnberger Kaufleute?«
    »Oh, man tut, was man kann, Euer Liebden.« Tuchmann legte die Hand aufs Herz und machte eine tiefe Verbeugung, dann nahm er auf dem bedeuteten Schemel Platz. Offenbar war der Markgraf ausgezeichneter Laune.
    »Wie Ihr Euch denken könnt«, begann Georg, »handelt es sich heute nicht um die gewöhnlichen Darlehenssachen.«
    Er griff sich den Becher und nahm einen tiefen Schluck.
    »Ich will Euch gar nicht lang auf die Folter spannen, Tuchmann. Ich habe vor, ein Geldgeschäft von besonderer Art zu tätigen. Dazu brauche ich einen vertrauenswürdigen, sagen wir, Mittelsmann, und ich glaube, Ihr seid der Richtige dafür.«
    »Euer Vertrauen ehrt mich, Liebden. Wenn ich Euch mit meinen bescheidenen Möglichkeiten behilflich sein kann … «
    »Das könnt Ihr, Tuchmann, das könnt Ihr wohl. Ist Euch der Ritter Konrad von Heideck bekannt?«
    »Eigentlich nur vom Hörensagen, Herr. Eine alte Familie, niederer Adel. Ist nicht sein Vater am Ansbacher Hof erzogen worden? Soviel ich weiß, hat Herr Konrad von ihm eine kleine Herrschaft geerbt, nicht weit von Ansbach, die aus der Burg Heideck selbst, ein paar Dörfern und Gerechtsamen besteht. Und er ist, wie so viele aus der Reichsritterschaft, völlig verschuldet. Ein entfernter Vetter von mir, Herschel Grün aus Georgensgmünd, zählt zu seinen Geldgebern.«
    »Sehr gut, sehr gut.« Georg rieb sich das Kinn. »Ich habe nun folgenden Auftrag an Euch, Tuchmann: Findet heraus, wo überall der von Heideck Schulden hat, bei anderen vom Adel, der Kirche, Juden oder Kaufleuten. Und dann kauft die Schuldscheine unter Eurem Namen auf. Das nötige Geld stelle ich zur Verfügung, meine Räte haben Anweisung, Euch die
gewünschten Summen auszuhändigen. Das Ganze muss möglichst schnell und in aller Stille geschehen, und vor allem eines: Mein Name darf nicht genannt sein.«
    Simon Tuchmann wackelte bedenklich mit dem Kopf, zog die Augenbrauen hoch und sah den Markgrafen mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck an.
    »Lieber Herr, ich bin nur a armer Jid – was hab ich davon?«
    Der Markgraf lächelte und hob beschwichtigend die Hände.
    »Keine Angst, Tuchmann, Ihr sollt schon das Eurige haben. Ich biete Euch an: Wenn der Heideck mir die Schulden zahlt, den dritten Teil der Zinsen. Zahlt er nicht, den zehnten Teil in zwei Jahren. Schlagt ein!«
    »Die Hälfte, und den siebten Teil nach einem Jahr.«
    Georg seufzte.
    »Es sei.«
    Der Markgraf und der Jude schüttelten sich die Hände.
    »Es ist immer ein Vergnügen, mit Euch Geschäfte zu machen, edler Herr«, versetzte Tuchmann fröhlich.
    »Ich hoffe, Ihr sagt das auch noch, wenn ich die Frist für die Rückzahlung des letzten Darlehens verlängern will.«
    Die beiden Männer lachten, und Georg schenkte die beiden Becher voll Wein.
     
    Nach dem Zusammentreffen mit dem Markgrafen war es finster geworden. Simon Tuchmann ließ sich von einem der Wirtsknechte heimleuchten. Nachdenklich ging er hinter dem buckligen Balthasar her, der die Laterne höflich neben sich hielt, damit der Jude möglichst viel sehen konnte. Der hing seinen Gedanken nach. Der Markgraf, so viel war klar, wollte den Ritter von Heideck in die Hand bekommen. Zu diesem Zweck brauchte er einen Strohmann, der ihm die gesamten Schulden des Ritters zusammenkaufte, sodass Georg am Ende der einzige Gläubiger blieb. Tuchmann versuchte vergeblich, irgendetwas zu finden, was den Auftrag für ihn selber gefährlich machen könnte, kam aber zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war. Ehrenrührig war die Mission ebenfalls nicht, sein Ruf als Bankier stand nicht auf dem Spiel – er führte lediglich einen völlig rechtmäßigen Auftrag seines wichtigsten Kunden aus. Zu Hause angekommen, schloss er zufrieden die Haustür auf, drückte dem

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