Die Markgräfin
nämlich ein Inventar des herrschaftlichen Wohnbereichs aus dem Jahr 1553 . Es handelt sich dabei um das letzte aller Plassenburger Inventarien vor der Zerstörung im Bundesständischen Krieg. Ich habe mir gedacht, dass vielleicht irgendetwas, ein Einrichtungsgegenstand oder so, auf die Anwesenheit einer Frau hindeuten könnte.« Er verteilte die Kopien, damit alle einen Blick darauf werfen konnten.
»Inventarium der Fürstenzimmer zu Plassenberg
wie geschehen am Tag der unschuldigen Kindlein
anno 1553
Im Frauenzimmer:
(jetzo in den Gastgemächern derer vom Adel)
drei Bettstatt, davon eine ein Himmelbett mit Behang
zwei große und vier kleine Truhen, darin Bettgewand
ein Lehnstuhl, schön geschnitzt, mit Polstern
2 Sidelhocker, einer wackelt
zwei Scherenstühle, einer mit Kissen
eine lange Banck auf zweien Böcken
1 Tisch
3 Nachtscherben, 1 bös, 2 gut
ein Leuchter für vier Lichter
ein Röhrenleuchter
2 Kohlebecken
ein Wandteppich, darin die Motten waren
zwei Paar Vorheng, eins rot, eins grün
1 Tischteppich
1 damasten Bettvorhang an das Himmelbett
In meins gnedigen Herrn Gemach:
vier Bettstatt
zwei Klappbetten
1 große Schranktruhen, schön bemalt
3 Truhen für Bettgewand
vier Sidelhocker, geschnitzt, 3 mit Kissen
ein breiter Stuhl mit Polster
zwei Tisch, einer klein, einer groß
2 Blech vor die Kamin
2 Kohlebecken
3 Par Vorheng, grün
2 Wandteppich dick und gut
drei Röhrenleuchter mit 2 Röhrn
1 Nachtgeschirr aus Zinn
1 Schreib-Tisch schön geschnitzt, dazu
1 Lehnstuhl mit Armstützen, davor
1 Fußhocker mit Polster
ein kleine Truhen für Kleinöter mit schönem Beschlag
und gar
zierlich Schlösslein
ein Hunds-Napf
1 groß Uhrwerk.«
Haubold nahm noch einen Schluck Moseltröpfchen und versuchte, dabei nicht das Gesicht zu verziehen. Widerlich süß, das Zeug. Er resümierte: »Gut. Jetzt wissen wir also, wie das Frauenzimmer eingerichtet war, und dass es sich zu dieser Zeit offenbar in anderen Räumlichkeiten befand als sonst, nämlich in den Gästezimmern des gebirgischen Adels. Die Frage ist: Wurde es auch bewohnt?«
Kellermann schürzte die fleischigen Lippen und nickte bedächtig.
»Ich glaube schon. Ihr wisst doch alle, wie sich das Leben auf einer Burg damals abgespielt hat. Räume, die nicht benutzt wurden, standen normalerweise leer oder waren nur noch mit dem Grundmobiliar versehen. Wir wissen zum Beispiel, dass in Abwesenheit der Hofhaltung das halbe Schloss so gut wie leer war.
In der Hofstube standen gerade so viele Tische, wie die Grundbesatzung brauchte. Kam die Herrschaft aufs Gebirg, baute man erst aus Böcken und Brettern neue Tische und Bänke dazu. Und auch in den Markgrafenzimmern standen gemäß den früheren Inventarien nur die blanken Betten. Bettzeug, Vorhänge, Lampen, Nachttöpfe und andere Einrichtungsgegenstände brachte man erst dahin, wenn jemand darin wohnte. Bis dahin hob man es in der Silberkammer zusammen mit dem Tafelsilber auf. Die großen Truhenschränke wurden gar samt Inhalt von Ansbach oder Neustadt her mitgebracht und dann aufgestellt.«
»Sie meinen also, dass die im Inventar erwähnten Vorhänge, Kissen, Leuchter und Ähnliches darauf hindeuten, dass im Frauenzimmer jemand gelebt hat?« Vater Götz schaltete sich wieder ins Gespräch ein.
»Ich meine, dass das Inventar zu einem Zeitpunkt gemacht wurde, als es bewohnt war, ja.«
»Und als gleichzeitig auch die Markgrafengemächer bewohnt waren«, warf Haubold ein und langte nach einem Bündel Salzletten.
Hier griff Pfarrer Kellermann zu einem Zettel, den er schon die ganze Zeit vor sich liegen hatte.
»Apropos! Ich habe mir die Biographie des Albrecht Alkibiades von Johannes Voigt vorgenommen. Sie ist zwar nicht mehr ganz taufrisch – schon 1852 geschrieben –, aber es handelt sich um ein hervorragend
recherchiertes Werk. Also, ich habe festgestellt, dass sich der Markgraf nach seiner Regierungsübernahme im Jahr 1541 nur selten nachweislich auf der Plassenburg aufgehalten hat. Und zwar erstmals 1542 im Oktober. 1543 und 1544 kein Nachweis, erst wieder im Frühling 1545 . Das letzte Mal ist der Markgraf im Winter 1553 / 54 hier belegbar. Also, es sieht insgesamt so aus, als ob sich dieser Albrecht Alkibiades wohl nicht so recht um Kulmbach und seine Burg gekümmert hat.«
»Winter 1553 / 54 – das passt ja zusammen mit unserem Inventar vom Tag der unschuldigen Kindlein, also vier Tage nach Weihnachten.« Haubold kratzte sich nachdenklich am Kopf und hinterließ seine spärliche braune
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