Die Markgräfin
haben uns
mit dem Böhmen verglichen: Die Ehe wird nicht als ungültig erklärt, sondern endlich – wie wir immer gefordert – als rechtens anerkannt. Dafür haben wir in deren sofortige Scheidung eingewilligt und befinden, wo ein Dingk nit zu hindern ist, muss man das Beste daraus wenden. Ein Schiedspruch des Papstes wird wohl nicht lang mehr auf sich warten lassen, und damit sei endlich die böhmische Ehe geschieden und aufgetan. Dadurch bleiben uns die schlesischen Güter aus unserer Schwester Heiratsgut gänzlich und ohne Widerruf. Dieweil unser Schwester die Auflösung der Ehe selbsten gewünscht und betrieben hat, ist unser Meinung, dass ihr Anrecht auf ihr Leibgeding verwirkt und verloren ist. So behalten wir die Güter als unser gutes Recht.
Uns und unserm Bruder zu Ansbach bleibt jetzo noch, das unanständige Verlöbnis unserer Schwester mit dem von Heideck aus der Welt zu schaffen. Was in das Weib gefahren ist, dass sie ihren Stand und die Familie ohn alle Ursach in solche Schand und Peinlichkeit gebracht, mag der Teufel wissen. Wir haben sie bis heut noch nicht dazu bringen können, ihm aufzusagen. Das ist die Sturheit der Weiber! Wir sind aber doch guten Muts, den Heidecker zu bewegen, dass er auf das Heiratsversprechen verzichtet, sei es mit Geld oder anderem. Die Zeit wird es richten.
Wir bitten Euch zum Schluss, uns ein Fässlein eingesalzen Heringe und eine Tonne Stör ins Feldtlager zu schicken, Ihr wisst wohl, dass dergleichen in Franken
nicht zu haben ist. Unsern brüderlichen Dank zuvor und Wünsche für Euer Gesundheit.
Albrecht Markgraf zu Brandenburg-Kulmbach
Gegeben im Feldt zu Landrecies, am Tag vor Dienstag
Bonifacii anno 1543
Schwabach, 29 .August 1543 , Häuptleinstag,
decollatio Johannis
Simon Tuchmann lief schnellen Schrittes durch die Schwabacher Kotgasse, die an diesem Tag ihrem Namen wieder alle Ehre machte. Es stank entsetzlich, und die Hinterlassenschaften der Stadtschweine und -kühe, die jeden Morgen vom Stadthirten auf den Hutwasen und an die Kühweiher zwischen dem Hördler- und dem Nürnberger Tor getrieben wurden, zwangen Tuchmann, im Zickzack zu laufen und hier und da einen kleinen Hüpfer zu machen. Die Spätsommerhitze war drückend, und Myriaden von Mücken erhoben sich über den Dunghaufen, wenn der lange Mantel des Juden darüber streifte. Tuchmann war auf dem Heimweg vom Haus des Stadtfischers, bei dem er ein paar Forellen und Weißfische für das Abendessen seiner kleinen Familie erstanden hatte. Die Tuchmanns waren die einzigen Juden
in Schwabach – Simons Nachnamen wussten nur wenige, weil er allgemein als »Simon Jud« bekannt war. Seine Familie war die einzige, die es nach der Vertreibung der Nürnberger Stadtjuden vor inzwischen fast hundertfünfzig Jahren hierher verschlagen hatte. Die Ansbacher Markgrafen hatten als Herren der Stadt Schwabach und liberale Landesfürsten die Ansiedlung der Vertriebenen erlaubt und sie seither unterstützt – natürlich nicht ohne Hintergedanken: Die Juden waren Bankiers. Das Betreiben eines Handwerks war ihnen untersagt, genauso der Landbesitz. So hatten sich viele von ihnen auf den Handel verlegt, vornehmlich den mit Geld. Denn Zinsen für verliehenes Geld zu nehmen war wiederum den Christen verboten. Auch Simon Tuchmann war im Geldverleihergewerbe tätig; nebenbei betrieb er noch einen recht lukrativen Holz-und Viehhandel. Seit jeher zahlte seine Familie den Markgrafen einen beträchtlichen jährlichen Geldbetrag als »Schutzgeld« dafür, dass sie ihnen von höchster Stelle aus garantierten, von Nachstellungen unbehelligt zu bleiben. Sein Vater und Großvater, Salomon und Hyle Tuchmann, hatten es zu persönlichen Geldgebern der immer verschuldeten Landesherren gebracht, und auch Simon war einer der landesherrlichen Finanziers.
Eigentlich hätte er auf der Straße den hohen, spitzen Judenhut tragen müssen, doch das Schwabacher Stadtregiment war, was Juden betraf, tolerant und sah über
allzu strenge Kleidervorschriften hinweg. Und auch Tuchmann war kein Dogmatiker; er pflegte gute Kontakte zu seinen christlichen Nachbarn, konnte es sich sogar hin und wieder erlauben, in ein Wirtshaus zu gehen. Sein jüngster Bruder Moische war konvertiert, hatte christlich geheiratet und verdrückte inzwischen wohl mehr Schweinebraten als der dicke Schwabacher Metzger an der Fleischbrücke. Seine Frau betrieb die kleine Garküche neben dem Schlachthaus, in der die unverkäuflichen Fleischreste zu allerlei Suppen und
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