Die Mars-Chroniken
Kopf in die Wolken‹, das ist es doch, nicht?«
»Ja, Sir.« Der Neger wartete.
»Du weißt, daß du mir fünfzig Dollar schuldest, Belter?«
»Ja, Sir.«
»Und du willst dich davonmachen? Bei Gott, ich geb dir die Peitsche!«
»In der Aufregung ist es mir entfallen, Sir.«
»Ist ihm entfallen.« Teece blinzelte den Männern auf der Veranda boshaft zu. »Bei Gott, Mister, weißt du, was du machst?«
»Nein, Sir.«
»Du bleibst hier und arbeitest die fünfzig Piepen ab, oder ich will nicht mehr Samuel Teece heißen.« Wieder wandte er sich um und lächelte vertraulich zu den im Schatten Sitzenden hinüber.
Belter warf einen Blick auf den Fluß hinter sich, auf jenen dunklen Fluß, der sich endlos zwischen den Läden hindurch ergoß, der von Rädern und Pferden und staubigen Schuhen getragen wurde, jenen dunklen Fluß, dem er entrissen worden war. Er begann zu zittern. »Lassen Sie mich weiterziehen, Mr. Teece. Ich schicke Ihnen das Geld von oben, ich versprech’s Ihnen!«
»Hör zu, Belter.« Teece ergriff die Hosenträger des Mannes und zupfte daran herum wie an zwei Harfensaiten; dabei schnaubte er verächtlich zum Himmel und zeigte mit knochigem Finger direkt auf Gott. »Belter, weißt du überhaupt, wie’s da oben aussieht?«
»Was man so erfährt…«
»Was man so erfährt! Himmel! Habt ihr das gehört? Was man so erfährt!« Er schwang den Mann an seinen Hosenträgern müßig hin und her und schnipste ihm mit den Fingern in das schwarze Gesicht. »Belter, du fliegst höher und immer höher wie eine Feuerwerksrakete, und peng! Da schwirrst du dann in verkohlten Stücken rum, überall im Weltall verstreut. Die verrückten Wissenschaftler wissen doch überhaupt nichts – sie bringen euch alle um!«
»Das ist mir egal.«
»Freut mich zu hören. Denn du weißt ja sicher, was es da auf dem Planeten Mars gibt! Ungeheuer mit riesigen Augen so groß wie Pilzen. Du hast doch die Bilder auf den utopischen Magazinen gesehen, die’s überall an den Kiosken gibt, nicht? Also! Die Monster springen dich an und saugen dir das Mark aus den Knochen!«
»Das ist mir egal, völlig egal ist mir das.« Belter sah, wie der Strom vorüberglitt und ihn zurückließ. Schweiß glitzerte auf seiner schwarzen Stirn. Er schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen.
»Und kalt ist es da oben; Luft gibt es nicht. Du fällst um und zappelst wie ein Fisch auf dem Trockenen und schnappst nach Luft und stirbst, du schnappst nach Luft und stirbst. Magst du das?«
»Ich mag vieles nicht, Sir. Bitte, Sir, lassen Sie mich ziehen. Ich bin schon spät dran.«
»Ich laß dich ziehen, wenn ich Lust dazu habe. Wir quatschen hier höflich weiter, bis ich sage, daß du gehen kannst, und das weißt du sehr gut. Reisen willst du, ja? Also Mr. Mit-dem-Kopf-in-die-Wolken, du scherst dich jetzt nach Hause und arbeitest die fünfzig Piepen ab, die du mir schuldest. Kostet dich glatt zwei Monate!«
»Aber wenn ich’s abarbeite, verpasse ich die Rakete, Sir!«
»Wär das nicht schade?« Teece versuchte, bekümmert dreizusehen.
»Ich gebe Ihnen mein Pferd,“ Sir.«
»Ein Pferd ist vor dem Gesetz kein Pfand. Du bleibst hier, bis ich mein Geld habe.« Teece lachte innerlich. Er fühlte sich ausgesprochen wohl.
Eine kleine Gruppe Schwarzer hatte sich inzwischen um sie versammelt und das Gespräch verfolgt. Während nun Belter mit gesenktem Kopf zitternd dastand, trat ein alter Mann vor.
»Mister?«
Teece warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. »Was ist?«
»Wieviel schuldet Ihnen dieser Mann, Mister?«
»Das geht Sie verdammt nichts an!«
Der alte Mann wandte sich an Belter. »Wieviel, mein Sohn?«
»Fünfzig Dollar.«
Der alte Mann streckte den Leuten in der Gruppe seine schwarzen Hände entgegen. »Ihr seid fünfundzwanzig. Jeder gibt mir schnell zwei Dollar, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«
»Einen Augenblick!« rief Teece, hochaufgerichtet, starr.
Das Geld kam zusammen. Der alte Mann zählte es in seinen Hut und reichte ihn Belter. »Mein Sohn«, sagte er, »du verpaßt die Rakete nicht!«
Belter sah lächelnd in den Hut. »Nein, Sir.«
Teece brüllte: »Du gibst das Geld sofort zurück!«
Belter verbeugte sich respektvoll und hielt ihm das Geld hin, und als Teece es nicht nehmen wollte, legte er es ihm zu Füßen in den Staub. »Da haben Sie Ihr Geld, Sir«, sagte er. »Vielen Dank.« Lächelnd stieg er wieder in den Sattel, trieb sein Pferd an und dankte dem alten Mann, der mit ihm ritt, bis sie verschwunden
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