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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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sie war, und sagte: »So steht es also?«
    »Ja, so steht es«, sagte jemand.
    Teece ließ den Jungen los. »Also gut. Verschwinde.« Er machte eine Kopfbewegung nach hinten. »Aber glaub ja nicht, daß du deinen Kram hierlassen kannst, damit er mir das Haus verschandelt.«
    »Nein, Sir!«
    »Du räumst deinen Schuppen hinten säuberlich aus und verbrennst alles.«
    Silly schüttelte den Kopf. »Ich nehm’s mit.«
    »Das wird man aber kaum an Bord der Rakete lassen.«
    »Ich nehm’s mit«, beharrte der Junge leise.
    Er rannte durch den Laden nach hinten. Die Männer hörten, wie er ausfegte und saubermachte und aufräumte, und einen Augenblick später kam er wieder zum Vorschein, die Hände voller Kreisel und Murmeln und alter staubiger Drachen und sonstigem Kram, der sich im Laufe der Jahre angesammelt hatte. Schon hielt der alte Ford vor dem Haus, und Silly stieg ein, und die Tür wurde zugeschlagen. Teece stand auf der Veranda und lächelte bitter. »Was fängst du denn an da oben!«
    »Etwas Neues«, sagte Silly. »Ich mache einen eigenen Eisenwarenladen auf.«
    »Verdammt noch mal, hast du meinen Beruf erlernt, damit du mir eines Tages fortlaufen und Gebrauch davon machen kannst?«
    »Nein, Sir, ich hatte ja keine Ahnung, daß so etwas passieren würde, Sir, aber dann ist es geschehen. Und ich kann nichts dafür, daß ich etwas gelernt habe, Mr. Teece.«
    »Vermutlich habt ihr auch Namen für eure Raketen?«
    Sie blickten nervös auf die Uhr am Armaturenbrett.
    »Ja, Sir.«
    »Zum Beispiel ›Elias im feurigen Wagen‹, ›Großer Wagen und Kleiner Wagen‹, ›Glaube, Hoffnung, Liebe‹ –wie?«
    »Ja – wir haben Namen für die Schiffe, Mr. Teece.«
    »›Gottessohn und Heiliger Geist‹ – das würde mich nicht wundern! Sag, Junge, habt ihr auch eine, die ›Erste Baptisten‹ heißt?«
    »Wir müssen uns beeilen, Mr. Teece.«
    Teece lachte. »Habt ihr auch eine, die ›Steig herab‹ heißt, und ›Schöner Himmelswagen‹?«
    Der Ford setzte sich in Bewegung. »Leben Sie wohl, Mr. Teece.«
    »Habt ihr auch eine mit Namen ›Laßt die Würfel fallen‹?«
    »Leben Sie wohl, Mister!«
    »Und ›Über den Jordan‹! Ha! Also, rein mit dir in die Rakete, Junge, hinauf in den Himmel, zieh los und krepier irgendwo da draußen, ist mir doch egal!«
    Der Wagen ruckelte durch den Staub davon. Der Junge stand auf, legte die Hände um den Mund und rief Teece zu: »Mr. Teece! Mr. Teece, was machen Sie von nun an in der Nacht? Was tun Sie in der Nacht, Mr. Teece?«
    Schweigen. Der Wagen wurde kleiner. Dann war er verschwunden. »Was, zum Teufel, hat er gemeint?« überlegte Teece. »Was ich in der Nacht mache…?«
    Er sah zu, wie sich der Staub setzte, plötzlich fiel es ihm ein.
    Er dachte an die Nächte, da ihn die Männer von zu Hause abholten, mit angezogenen, spitz aufragenden Knien und mit Gewehren, die noch spitzer aufragten, eine Wagenladung von Kranichen unter den Sommernachtsbäumen, ein Funkeln im Blick.
    Die Hupe blökte, und er schlug die Tür zu, das Gewehr in der Hand, und er lachte leise vor sich hin, und sein Herz schlug so schnell wie bei einem Zehnjährigen, und sie fuhren durch die Sommernacht, ein Stück aufgerolltes Hanfseil auf dem Wagenboden, während die gefüllten Patronenschachteln die Manteltaschen der Männer ausbeulten. Wie viele Nächte waren das gewesen in all den Jahren, wie viele Nächte, in denen der Wind durch den Wagen brauste, das Haar über die bösen Augen wehte, während sie einen Baum aussuchten, einen guten starken Baum, und an eine Hüttentür klopften…
    »Das hat der Hurensohn also gemeint!« Teece stürzte ins Sonnenlicht hinaus. »Komm zurück, du Bastard! Was ich in der Nacht mache? Du verdammter, frecher Huren…«
    Es war eine gute Frage. Übelkeit überkam ihn, und er fühlte sich leer. Ja, was tun wir jetzt in der Nacht? fragte er sich. Wenn sie alle verschwunden sind, was machen wir da? Er fühlte sich absolut leer und wie erstarrt.
    Er holte die Pistole aus der Tasche, überprüfte das Magazin.
    »Was hast du vor, Sam?« fragte jemand.
    »Ich bringe den Hurensohn um!«
    Großvater sagte: »Reg dich nicht unnötig auf.«
    Aber Samuel Teece war schon um das Haus gelaufen. Einen Augenblick später fuhr er seinen offenen Wagen in die Einfahrt. »Will jemand mit?«
    »Ich«, sagte Großvater und stand auf.
    »Noch jemand?«
    Niemand sagte etwas.
    Großvater stieg ein und schlug die Tür zu. Samuel Teece jagte den Wagen in einer großen Staubwolke auf die Straße.

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