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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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klettert eine Oktave höher. »Ehemann?«
    Sie tätschelt mein Knie. »Keine Bange. Sie ist zu jung zum Heiraten. Außerdem gehörst du schon jemand anderem.«
    Wieder stellt sich der Verlust gewisser Körperfunktionen ein, und ich krächze: »Ach ja?«
    »Musst du da noch groß fragen?«
    Die Wahrheit lautet: Ja, muss ich. Wie sie über Stain gesagt hat: Es ist kompliziert. Endlos kompliziert. Komplizierter als die kryptographischen Algorhythmen, die Mimi benutzt, um die MUSE -Daten zu entschlüsseln.
    »Nein«, sage ich und ziehe eine Braue hoch. »Aber es gefällt mir, wenn du es sagst.«
    Sie packt meine Nase und verdreht sie spielerisch, genau wie zuvor Shoei es getan hat. »Du bist erbärmlich. Vielleicht sollte ich Riki-Tiki sagen, dass du doch verfügbar bist!«
    Wir lachen beide, was die Anspannung wenigstens teilweise löst. Ich fühle mich wohler, wenn ich ihr Chief bin, nicht ihr Zukünftiger. Langsam begreife ich, was Vienne meint, wenn sie sagt, das Leben sei einfacher, wenn man seine Probleme mit Waffengewalt lösen kann. Mimi würde vermutlich sagen, dass mein Es und mein Über-Ich unter asymmetrischer Synchronizität leiden oder so einen Unsinn. Die echte Mimi hätte vermutlich gesagt, ich hätte mein Ziel im Visier, könne aber nicht auf den Abzug drücken.
    »Hey«, sage ich einen Augenblick später. »Solltest du mir nicht beibringen, wie der Tanzdrachen funktioniert?«
    »Drachentanz, Schwabbelarm.«
    »Der übrigens beeindruckend war«, sage ich. » Du warst beeindruckend. Besteht die Chance auf eine Zugabe?«
    Sie errötet. »Beispielsweise jetzt?«
    »Aber es gibt keinen Trommelschlag, dem du folgen könntest.«
    »Ich brauche keine Trommel.« Sie umfasst meine Hände. Ihre Haut fühlt sich warm an. »Und du könntest dem Trommelschlag so oder so nicht folgen.«
    »Au. Der war gut.« Ich nehme sie in die Arme. Sie riecht nach Orangenschalen und Sandelholz. Ich selbst rieche eher nach ...
    »Alten Stiefeln«, sagt Mimi. »Du hast jede mögliche Nuance dieser Erfahrung analysiert. Jetzt sei still und tanz.«
    »Ohne dass du kiebitzt?«
    Vienne legt eine Hand an meine Wange und streicht mit dem Daumen über die Bartstoppeln an meinem Kinn, als wollte sie die Schleifen und Bögen ihrer Fingerabdrücke glattpolieren, was ein Kratzgeräusch erzeugt, das ihr ein leises Lächeln entlockt. »Du musst dich rasieren.« Sie zwirbelt eine Strähne meines langen Haars zwischen den Fingern. Streift sie hinter mein Ohr. »Und dir die Haare schneiden.«
    Sie zieht mich näher an sich heran, presst ihre Lippen erst auf meine Wange, dann auf meinen Mund. Ich erwidere den Kuss, koste die süße Hitze ihrer Zunge und fühle, wie mein ganzer Körper erschauert.
    »›Gib hin all dein Geld‹«, sagt Mimi, »›doch nie schenk her dein Herz!‹«
    »Halt’s Maul, Mimi.«
    Wir tanzen im Fackelschein, ohne einen Laut, die Augen geschlossen, und halten einander an den Händen, bis Vienne sich mir entzieht.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Seit ich Regulatorin geworden bin, haben die Richtlinien mich geleitet.« Sie mustert den Stummel, der von ihrem kleinen Finger übrig ist. »Sogar, als wir Dalit geworden sind, habe ich weiter versucht, mich an die Regeln zu halten. Aber dann hat sich alles verändert, und jetzt weiß ich nicht mehr, welche Richtlinien ich befolgen soll. Wie soll ich wissen, welchen Pfad ich einschlagen muss?«
    Der Wind dreht, und das hohe Gras beugt sich mit ihm. Ich habe keine Antwort. Ich bin Soldat, und die Teeblätter sprechen nicht zu mir.
    »Heute hat Riki-Tiki mir erzählt, sie möchte das Kloster verlassen und Regulatorin werden.« Vienne tätschelt den Anhänger an ihrer Halskette. »Sie will, dass ich sie als meine Schülerin annehme.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Die Wahrheit«, sagt sie. »Teilweise. Ich habe ihr erzählt, ich wäre sehr geschmeichelt   – was ich auch bin –, und dass sie eine hervorragende Regulatorin abgeben würde.«
    Ganz meine Meinung. »Und welche Wahrheit hast du ihr verschwiegen? Dass die Mönche sie hier brauchen?«
    »Für einen Soldaten bist du ziemlich einfühlsam.« Sie legt den Kopf an meine Schulter. »Die Mönche brauchen sie tatsächlich. Der Meister und die Meisterin werden wohl nicht mehr lange leben, und wenn sie fort sind, ist Ghannouj der einzige Tengu. Es hängt sehr viel davon ab, dass Riki-Tiki bleibt und sich um die Bienen kümmert. Hoffnungen. Träume. Geschichte. Traditionen. Das alles wird verloren sein, wenn es die Tengu nicht mehr

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