Die Marseille-Connection
Vermögen gekostet hat, dem Knast zu entgehen, und ihre Konten weit im Minus sind.«
»Die könnten tatsächlich für uns infrage kommen, zeig die Akte mal her«, sagte er.
Sie besprachen noch ein paar Stunden lang die Details und zermarterten sich dann das Hirn auf der Suche nach dem perfekten Plan, den FSB zu hintergehen. Aber es war, als würden sie in der Sackgasse sitzen, also hoben sie irgendwann die Sitzung auf.
»Geht ihr ruhig schon mal«, sagte Sunil zu Inez und Aleksandr. »Giuseppe und ich trinken noch ein Bier und besprechen etwas im Zusammenhang mit der Klinik.«
Als Sunil die Tür geschlossen hatte, drehte er sich zu dem Ex-Mafioso um: »Sag mal, hast du jemals begriffen, warum sie ihre Beziehung sogar vor uns geheim halten, vor ihren besten Freunden?« Er klang etwas gekränkt.
»Mach dir nichts draus. Ein Russe und eine Schweizerin, das ist einfach wahnsinnig kompliziert. Inez mag zwar total gut aussehen, aber wer garantiert, dass sie im Bett auch so gut ist? Bekanntlich sind die Schweizerinnen alle frigide.«
»Frigide? Du redest ja wie meine Mutter, Giuseppe«, lachte Sunil. »Außerdem, mach dir nichts vor, in Wirklichkeit waren wir alle drei immer in Inez verliebt, und der alte Sosim war am Ende einfach schneller.«
Unterdessen hatte das Paar begonnen, sich im Aufzug zu küssen, und suchte dann in der Tiefgarage eine geschützte Stelle für einen Quickie.
»Du bist mit einer Frau zusammen gewesen«, tadelte ihn Ulita. »Ich rieche das Parfüm.«
»Ja, mit einer Touristin, die ich in einer Hotelbar kennengelernt habe.«
»War sie wenigstens gut?«
»Passabel.«
»Aber jetzt bist du ausgepowert und nutzlos.«
»Stimmt schon. Ich gehe direkt ins Bett.«
»Ich glaube nicht. Wir haben über die Arbeit zu reden.«
»Jetzt?«
»Du weißt, ich entscheide hier wann, wo und wie …«
»Zu Befehl, Leutnant Winogradowa.«
»Lass die servilen Mätzchen und hör gut zu«, zischte sie und gab ihm ein paar Blatt mit Notizen und Plänen. »Morgen kaufst du im Namen von einer deiner Tarnfirmen diese kleine Villa in Saint-Barnabé. Ich brauche sie schnellstmöglich.«
Aleksandr Peskow las das Infoblatt des Maklers. »Nicht gerade günstig«, kommentierte er zweifelnd, um die Reaktion der Frau zu testen.
»Die Immobilie soll ja auch nicht zu deiner Geldwirtschaft gehören«, entgegnete sie verdrossen und bestätigte damit seinen Verdacht, dass das Haus als Operationsbasis dienen sollte. Dann entfaltete Ulita den Grundriss und deutete auf drei Zimmer am Ende des Flures. »Da drin hast du nichts zu suchen, weder du noch sonst wer. Denk dir eine Erklärung dafür aus.«
»Kein Problem.«
Sie markierte mit dem Bleistift, wo im Eingang die Empfangsdame postiert werden sollte. »Die suche ich selber aus«, bestimmte sie. »Nicht, dass das irgendeine dumme Kuh wird, die nur unterm Schreibtisch Schwänze lutschen kann und sonst nichts.«
»Schade, ich hätte mein Büro wie das Oval Office einrichten können.«
»Außerdem brauche ich einen Lieferwagen und einen PKW.«
»Irgendwelche Wünsche bezüglich Marke, Farbe und so?«
»Nein, sie müssen nur gebraucht und in gutem Zustand sein.«
Peskow ging in die Küche, ein Glas Wasser trinken. Ulita folgte ihm. »Wie heißt die Tarnfirma?«
»Dromos.«
»Und ich heiße jetzt Ida Schudrick und bin Dolmetscherin. Merk dir das.«
Peskow schlief wenig und schlecht. Die Begegnung mit seinen Freunden, mit Inez, und all die Zukunftspläne, das hatte ihn aufgewühlt. Er musste sich austoben und ging in ein Sportstudio, das er in der Nähe gesehen hatte. Er lief langsam los, dann beschleunigte er, versuchte, das Laufband herauszufordern, und hielt ihm stand, bis ein besorgter Trainer kam und die Off-Taste drückte. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Ich renne gern schnell.«
»Das hab ich gesehen«, sagte der andere und schaltete das Band in niedriger Geschwindigkeit wieder an. »Nur, wenn man bei dem Tempo stolpert, kann man sich richtig weh tun. Ich hab schon mehr als einen gesehen, der dabei böse auf die Nase gefallen ist.«
Der Russe lachte laut. »Glauben Sie mir, das ist mein geringstesProblem«, entgegnete er und schaltete die Geschwindigkeit hoch. Er dachte daran zurück, wie er mit Sunil trainiert und dessen Freundschaft und unglaubliche Fähigkeit zur Analyse von wirtschaftlichen Mechanismen und der menschlichen Seele zu schätzen gelernt hatte, so, als würde beides zur selben Welt gehören. Der Inder hatte die Gruppe um sich geschart, als ob
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