Die Marseille-Connection
sich ein. »Wie man hört, ist Marseille fest in der Hand der Spekulanten, deren Geschäft von der Krise nicht weiter betroffen ist. Und manche auch illegal, wie der Handel mit Müll, mit dem ich ja so meine Erfahrungen habe. Mit Hilfe meines treuen Kapitän van Leeuwen können wir Chemikalien im Meer verklappen, auch in großen Mengen und für Kunden, die auf eine kontinuierliche Zusammenarbeit angewiesen sind. Und auf längere Sicht würde ich mich dem jüngsten Angebot aus Albanien nicht verschließen.«
»Davon hab ich noch nichts gehört«, sagte Aleksandr.
»Albanien hat beschlossen, seine Tore für ausländischen Müll zu öffnen. Das Land dürfte die Müllkippe von ganz Europa werden, vor allem von Italien, und zwar besonders fürdie weniger begehrten Abfälle, denn Plastik und Elektroschrott werden schon an der Quelle von den Chinesen ausgesondert, die einen großen Bedarf an recycelten Rohstoffen haben, aber wir können die Abfuhr und den Transport organisieren und den albanischen Unternehmen dabei helfen, einen Markt für das Zeug zu finden.«
Aleksandr stand auf und goss sich Champagner ein. Er trank so gut wie nie, doch jetzt brauchte er einen Schluck. »Das ist ein genialer Plan, Sunil«, beglückwünschte er ihn. »Allerdings setzt er voraus, dass wir uns auf Gedeih und Verderb Leuten in die Hände geben, die wenig vertrauenswürdig sind, gierig und häufig ahnungslos, was die elementarsten Sicherheitsnormen angeht. Wir sollten uns nicht darauf verlassen müssen, dass es keinerlei Zwischenfälle gibt, und vor allem fehlt uns ein Alternativplan, der uns im Fall der Fälle weiterhelfen würde.«
Banerjee breitete die Arme aus. »Aber der FSB zwingt uns zum Kontakt mit diesen Kreisen, und seinem Spiel können wir uns nicht widersetzen. Was einen Plan B angeht, davon haben wir zwei. Der erste sind die Taschenspielertricks unserer lieben Inez mit der internationalen Finanzwirtschaft. Sie bucht kurzfristig Geld von den Konten ihrer Kunden ab und agiert damit auf dem Finanzmarkt mit Hilfe von ebenso illegalen wie zuverlässigen Informationen. Der zweite Plan B besteht in Giuseppes Klinik.«
»Organexplantation«, erklärte der Italiener. »Wir liefern die Ersatzteile für diejenigen Kunden, die keine Lust haben, ins Ausland zu reisen und sich unbekannten Krankenhäusern von zweifelhafter Kompetenz anzuvertrauen. Ich habe Kontakt zu einer interessierten Klinik in Mailand, aber der Kundenkreis ließe sich beliebig erweitern. Bekanntlich laufenzehn Prozent der Transplantationen illegal, und die Nachfrage steigt beständig.«
»Und woher sollen diese ›Ersatzteile‹ kommen?«, fragte Inez.
»Aus Indien«, antwortete Sunil. »Ich habe meine kleine Klinik in Alang, die den Markt von Mumbai beliefert hat, schließen müssen, aber das Netz für die Spenderrekrutierung ist noch vollkommen funktionsbereit.«
»Totalspender«, erläuterte Giuseppe.
»Auch eine Art des Dienstes an der Menschheit«, bemerkte Inez trocken und bestand auf einer Kaffeepause.
»Wir werden einige Zeit brauchen, um diese Aktivitäten aufzubauen. Mindestens ein Jahr, bis sie richtig laufen«, fuhr der Russe fort. »Bis dahin wird Worilow Ergebnisse sehen wollen.«
»Der Geschäftssitz ist schon bereit, die Gesellschaft ist gegründet, also kann die Sache mit den Glasfaserkabeln losgehen«, sagte Banerjee. »Was noch fehlt, sind die Kontakte hier vor Ort.«
»Wie gesagt, ich glaube, ich habe da schon die Richtigen.« Inez blickte in ihre Notizen. »In der Presse werden sie die ›Bremond-Clique‹ genannt, nach dem Namen des Häuptlings, des ehrenwerten Parlamentsabgeordneten Pierrick Bremond. Neben ihm gehören dazu Fabrice Rampal, Generaldirektor des Bankhauses Crédit Provençal, Monsieur Thierry Vidal, Gründer und Eigentümer der Immobiliengesellschaft Haxo, dazu der Notar Jean-Pascal Tesseire sowie der Bauunternehmer Gilles Matheron und sein Sohn Édouard.«
»Warum nennt die Presse sie eine Bande?«, fragte Giuseppe.
»Weil sie Politmafiosi sind, tief mit dem organisierten Verbrechen verwoben. Einmal hat es schon Ermittlungen gegensie gegeben, weil sie fünfunddreißig Millionen Euro öffentlicher Gelder unterschlagen hatten, und wegen einem Dutzend anderer Vergehen, darunter Geldwäsche und Bestechung, aber sie sind vollkommen unbeschadet daraus hervorgegangen und sitzen fester im Sattel denn je.«
»Und warum sollten diese feinen Herren mit uns ins Geschäft kommen wollen?«, fragte Aleksandr.
»Weil es sie ein
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