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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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mit dem Hinweis, dass er dort sein
Glück versuchen solle.
Unvermittelt brach sie die Unterredung ab. Sie stand auf,
faltete die Karte falsch zusammen, sodass diese mächtig
bauschte, drückte sie Sylvester in die Hand und sagte:
„Vierzehn Tage, hm? Der Rover – warte…“, sie blickte zur
Notiztafel, „elf steht dir zur Verfügung. Und dass du dich nicht
ohne ein Dutzend solcher Viecher blicken lässt! Damit könnten
wir nämlich etwas anfangen. Viel Glück, Syl!“ Das Letzte
sagte sie in verändertem Tonfall mit Wärme in der Stimme,
sodass die in Sylvester aufkeimende Auflehnung gegen ihr
Administrieren im Nu verflog.
Sylvester wollte noch eine Frage loswerden. „Die Versuche
waren doch schon einmal weiter, vor Jahren, sagt man. Die
werden doch auch Schweine gebraucht und gewusst haben,
wie man sie beschafft…“
Marie musterte ihn mit einem eigentümlichen Blick. „So“,
meinte sie dann, „sagt man?“ Sie verzog die Mundwinkel und
nickte. „Wenn du dich nicht unbeliebt machen willst bei
Ramro und ich dir einen Rat geben darf, dann lass die
Geschichten. Die Alte ist da allergisch, hm?“
Dieses „Hm“, von einem mütterlichen Blick begleitet, gab
wieder Wärme und Verbindlichkeit, sodass sich Sylvester
geneigt fühlte, den Rat zu befolgen. Dann zuckte er mit den
Schultern und schloss die Tür von außen. ,Was kümmert mich
Ramro’, dachte er. Und er lächelte über die Verstümmelung
des – zugegeben – merkwürdigen Vornamens, die er von der
Marowa zum ersten Mal gehört hatte.
Mac O’Man holte tief Luft. Mechanisch glitt seine Hand an
das Ventil der Druckflasche, und er genoss die Kühle des sich
entspannenden Sauerstoffs. Er dachte daran, wie lange es wohl
noch dauern würde, bis die Atmosphäre ohne die Dusche einen
tiefen, sättigenden Atemzug gestatten würde.
Dann hatte er den Hang erklommen und stand auf dem
Hügel. Zehn Meter vor ihm klaffte der Cañon.
Gemächlich setzte er sich, lehnte sich zurück – ungeachtet
der roten Bodenkrümel – und stützte sich auf die Ellbogen. Er
wartete geduldig, bis der Puls sich beruhigt und der Atem die
normale Frequenz hatten, dann schob er die Halbmaske in die
Stirn. Wenn er sich konzentrierte, vermeinte er einen Hauch
des Windes zu verspüren, den die entfernt in Bunkern
installierten Exhaustoren ununterbrochen erzeugten.
Mac befand sich gern an dieser Stelle, von der aus er mit dem
Blick den Sonnenbögen folgen konnte. Stundenlang konnte er
so zubringen, mitunter zwei, drei Sonnen lang. Er genoss die
Sonnenauf- und -Untergänge wie, ja, wie in den Rockys.
Wieder hatte er seine Kontrolle so eingerichtet, dass er das
Auf- und Untertauchen der zweiten und dritten Sonne erleben
würde.
Noch stand Kaline, die zweite, eine Handbreit über dem
Horizont. Mac blinzelte, als er hineinsah, aber die Blendung
war nicht erheblich. Er blickte zur Uhr. In vier Tagen würde
der Kunstsonne die Spritze verabreicht werden, ein Ereignis,
das die Gemüter der Marsmenschen berührte wie auf der Erde
eine Finsternis. Jeder beobachtete den Blitz und die tagelang
brodelnden Protuberanzen. Zwei Jahre lang würde sie dann
wieder heller strahlen, aber kaliumgelb bleiben und damit
ihrem Namen weiter alle Ehre machen.
Kaline tauchte in den Horizont. In ihren unteren Rand
schoben sich wie ein Schattenriss dunkle Zacken. Dort wo das
üppige Buschwerk wucherte, flirrte die Luft nicht. Die
Konturen der Sträucher wirkten merkwürdig klar, fast wie die
von Wasserpflanzen in einem gutgepflegten Aquarium.
Mac O’Man drehte den Kopf nicht. Er wusste, dass jetzt
Viola jeden Augenblick über die Roten Felsen lugen würde.
Erbaulicher als der Anblick der Sonne selbst war für Mac
jedoch der Farbwechsel vom Kaliumgelb zum Dunkelveil.
Wenn Viola dann vier Stunden allein strahlte
– bevor
Pomeranze auftauchte –, empfand Mac das Licht gruselig kühl.
Es herrschte Dämmerung, obwohl Viola das am meisten
wachstumsfördernde Licht verbreitete.
Rechts setzte sich der Hügel wie eine langgezogene Düne
fort, von zahlreichen Winderosionsrinnen zerfurcht. In 20
Meter Entfernung stand eine Felsnase. Ihr Schatten, der jetzt,
da Kaline am Horizont stand, fast Macs Füße erreichte, wirkte
wie ein schwarzer Balken. Bald würde der Kampf der beiden
Sonnen um jenen einsetzen. Viola würde ihn bläulichblass
machen und – unsichtbar zunächst, weil gelblich überstrahlt –
im stumpfen Winkel dazu ihren eigenen Schatten werfen. Es
war dann, als flösse die Schwärze unmerklich von

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