Die Maschen des Schicksals (German Edition)
inwiefern sich die Vater-Tochter-Beziehung verändert hatte, aber das war der Fall. Sie hatte es vor einigen Wochen bemerkt – Flüstern, verstohlene Blicke, so als teilten sie ein Geheimnis miteinander.
Aurora bot ihr an, sie zu fahren, doch Elise lehnte ab. „Ich nehme den Bus. Das ist kein Problem“, murmelte sie. Ihre Tochter hatte recht, was Maverick betraf. Er würde sicher eine glaubwürdige Entschuldigung haben, nur würde es eben genau das sein. Eine Entschuldigung. Eine Lüge …
„Dad kommt dich bestimmt nachher abholen“, sagte Aurora, als Elise das Haus verließ.
Sie nickte, vermutete aber etwas anderes. Während der Busfahrt versuchte sie – leider erfolglos – gegen ihre Befürchtungen anzukämpfen. Automatisch stieg sie in den nächsten Bus um. Nach all den Jahren, in denen sie die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt hatte, kannte sie die Abfahrtzeiten im Schlaf.
Sie kam zu spät, und von dem Treffen selbst bekam sie nicht viel mit. Als die Versammlung sich wieder auflöste, wusste sie, dass sie sich den Weg hätte sparen können. Sie war nicht dazu in der Lage gewesen, sich zu konzentrieren, und hatte kaum etwas zur Diskussion beigetragen.
Ihre Zweifel und Vermutungen Maverick betreffend, konnte sie einfach nicht unterdrücken. Sie kannte seine Geschichte, hatte ihm aber so schrecklich gern glauben wollen, dass sie sich leichtsinnigerweise selbst etwas vorgemacht hatte. Ihn wieder zu lieben war so einfach gewesen – zu einfach.
Auf dem kurzen Weg zur Bushaltestelle kam sie an einigen Spielsalons vorbei. Jedes Mal, wenn sie diese Strecke ging, sah sie die Kasinos, hatte aber nie nur im Entferntesten den Wunsch verspürt, dort einen Blick hineinzuwerfen. Doch jetzt war der Drang, Maverick zu finden, überwältigend. Eisern widerstand sie dem Impuls. Das war eine entwürdigende Situation, in die sie sich während ihrer Ehe öfter gebracht hatte. Ihre Tochter hinter sich her ziehen, um auf Bowlingbahnen und in Gasthäusern nach ihm zu suchen. Zu hoffen, dass sie ihn fand, bevor er das Geld für die Miete verspielt hatte.
Die Erinnerungen stürzten auf sie ein, und als sie am späten Nachmittag aus dem Bus stieg, war sie mit den Nerven fertig. Es überraschte sie nicht, Mavericks Wagen vor dem Haus geparkt zu sehen. Da fasste sie einen Entschluss: Sie konnte das nicht länger mitmachen.
Er mied ihren Blick, als sie hereinkam, was ein weiteres Anzeichen dafür war, dass er etwas im Schilde führte.
„Hallo“, sagte sie steif.
„Elise.“ Er warf ihrer Tochter einen Blick zu, die sofort das Zimmer verließ. „Ich glaube, wir sollten miteinander reden. Ich entschuldige mich dafür, dass ich nicht hier war, um dich zum Buchclub zu fahren.“ Er schwieg kurz. „Es tut mir leid.“
„Ja, ich weiß, natürlich“, erwiderte sie und stellte ihre Tasche auf den kleinen Tisch in der Diele. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, als sie in die Küche ging und den Krug mit Eistee aus dem Kühlschrank holte. Mit zitternden Fingern nahm sie sich ein Glas.
„Ich hoffe, wir können darüber reden“, sagte er dicht hinter ihr. Als sie sich umwandte, bemerkte sie, dass er die Hände gefaltet hielt wie ein reuiges Kind.
Sie zuckte die Schultern, als wäre alles nicht so wichtig. Verglichen mit der Tatsache, dass er die gesamte Kindheit ihrer Tochter versäumt hatte – eigentlich ihre ganze Ehe –, war das von heute wirklich nebensächlich.
„Du hast auf mich gezählt.“
„Es war kein Problem, mit dem Bus zu fahren.“
„Komm schon, Elise.“ Er streckte die Hände aus. „Ich kann es nicht ertragen, wenn du sauer auf mich bist. Ich bin kein kleines Schulkind, das die Leihfrist für ein Buch überzogen hat. Ich bin dein Mann.“
„Du warst mein Mann.“
„Okay, wir sind geschieden, aber …“
„Du hast heute Nachmittag gespielt.“ Das war keine Frage. Sie wusste es, und sie nahm an, damit hatte er in den letzten Wochen die Zeit seiner Abwesenheit verbracht, obwohl er es abstritt.
„Würdest du mir einmal zuhören?“
„Nein. Es gibt nichts mehr zu sagen. Du hast schon vor vielen Jahren deine Entscheidung getroffen, und du hast es wieder getan. Wettspiele sind dir wichtiger als ich, als unsere Ehe, als alles andere überhaupt. Es überrascht mich nicht. Warum sollte es? Die Geschichte wiederholt sich lediglich.“ Sie stellte das Glas nach einem einzigen Schluck wieder weg und wandte sich ab, um in ihr Zimmer zu gehen.
Maverick folgte ihr, er sprang schnell zurück, als sie die
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