Die Maschen des Schicksals (German Edition)
beunruhigt. „Ist bei dir alles in Ordnung, Grant?“, fragte sie. Sein Wohlbefinden hatte nichts mehr mit ihr zu tun, trotzdem machte sie sich automatisch Sorgen.
„Würde es dich zufrieden stimmen, wenn ich dir sagte, dass es nicht so ist?“ Er gab ihr keine Gelegenheit zu antworten. „Allerdings bin ich vollkommen glücklich.“
Ihr war nie aufgefallen, wie schlecht er lügen konnte, und fragte sich, warum sie ihn während der Jahre, in denen seine Affäre lief, nicht durchschaut hatte. Wahrscheinlich, weil sie es nicht hatte wissen
wollen
. „Das tut mir leid, Grant“, sagte sie. Sie meinte es ernst.
Er zuckte nur lässig die Schultern.
Es war schon eine Ironie des Schicksals, dass sie ihre erste vernünftige Unterhaltung Monate nach der Scheidung auf einem Parkplatz führten.
„Und wie läuft es mit deinem neuen Spielzeug?“, fragte er.
„Redest du von Paul?“, fragte sie verärgert. So vernünftig, wie sie gedacht hatte, konnte man wohl doch nicht mit ihm sprechen. „Es macht uns nichts aus, dass ich älter bin. Genauso wenig, wie es dich stört, dass Tiffany fünfzehn Jahre jünger ist als du. Außerdem kann ich ausgehen, mit wem ich will. Du wolltest nicht mehr mit mir verheiratet sein, und Tiffany nicht mit Paul. Er und ich haben eine Menge gemeinsam.“
„Du hast die neue Frisur seinetwegen machen lassen, was? Versuchst du, jünger auszusehen?“
„Nicht wirklich.“
„Aha.“
„Ich fahre jetzt besser nach Hause“, sagte sie und wollte so schnell wie möglich von ihm wegkommen. Sie dachte kurz daran, den Schulball Ende des Monats zu erwähnen, überlegte es sich jedoch anders. Grant würde schon früh genug erfahren, dass sein Sohn zum Mitglied des Organisationskomitees gewählt worden war.
Grant nickte, die Hände in den Hosentaschen. „Es war schön, dich zu sehen, Bethanne.“ Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln „Das meine ich ernst.“
„Danke, ganz meinerseits.“
Sie ging zu ihrem Wagen, blieb dann aber stehen, um sich umzudrehen. Grant stand noch immer am selben Platz und starrte ihr hinterher.
Fast hätte sie ihm zugewunken. Sie wünschte ihrem Exmann nichts Schlechtes. Okay, manchmal, wenn sie sich ärgerte, schon. Aber sie hatte echte Fortschritte gemacht in diesem Sommer, was ihre Fähigkeiten zu vergeben betraf.
Es gefiel ihr nicht, allein zu sein, doch eigentlich hatte sich nichts wirklich geändert. Grant mochte vielleicht vor zwei Jahren im selben Haus wie sie gewohnt und im selben Bett geschlafen haben, doch seine Gedanken waren bei einer anderen Frau gewesen. Und das hieß, er hatte sich nie richtig für seine Familie verantwortlich gefühlt – wie sein jetziges Verhalten vor allem seinen Kindern gegenüber bewies.
Ja, ihre finanzielle Situation war unangenehm, aber sie lernte schnell. Sie würde zwangsläufig Fehler machen, aber sie hatte ein neues Leben und in Paul einen guten Freund. Und ein enges Verhältnis zu ihren Kindern.
Derjenige, dem es offenbar nicht so gut ging, war Grant. Er schien einiges zu bereuen. Das hatte er angedeutet, bevor er, ziemlich unglaubwürdig, behauptete, er wäre glücklich. Sie bezweifelte, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte.
37. KAPITEL
Courtney Pulanski
C ourtney hatte schon seit einer Woche nichts mehr von ihrem Vater gehört. Langsam begann sie, sich Sorgen zu machen. Dass er sich so lange nicht bei ihr meldete, sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Er mochte vielleicht mal ein oder zwei Tage keine E-Mail an sie schreiben, aber niemals eine Woche. Während Ralph Pulanski, so hieß ihr Vater, sich nicht meldete, flogen die E-Mails zwischen Courtney, ihrer Schwester und ihrem älteren Bruder hin und her. Ihre Geschwister waren genauso besorgt wie sie. Die drei trösteten sich gegenseitig.
Courtney verbarg ihre Ängste vor der Großmutter, so gut sie konnte. Grams strickte in der letzten Zeit eine ganze Menge – um sich zu beruhigen, wie Courtney vermutete. Meist versuchten sie, sich gegenseitig Mut zuzusprechen, etwa mit Sätzen wie „Ich bin sicher, es geht ihm gut“ oder „Vielleicht ist sein Computer kaputt“.
Jason hatte versucht, seinen Vater über die Baufirma zu erreichen, für die er arbeitete. Doch auch dort konnte er nichts Genaues erfahren. Dem Verwaltungsbeamten zufolge, mit dem Jason gesprochen hatte, war die Gegend als sicher eingestuft und es gab keinen Grund zur Beunruhigung. Die Firma würde versuchen, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Mehr konnten sie ihm zu diesem Zeitpunkt nicht
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