Die Maschen des Schicksals (German Edition)
normalerweise um die fünfundzwanzig Dollar; nun kamen die Bankgebühren und die fünfundsiebzig Dollar der Tankstelle dazu.
Die Summe war erschütternd. „Wie viel?“, rief sie.
„Wann können Sie das Geld einzahlen?“, wollte der Mann wissen.
„Ich … ich …“ Sie hatte es nicht, sie hatte es ganz einfach nicht. Das Einzige, was ihr blieb, war, einen Ring oder zwei zum Pfandhaus zu bringen und zu sehen, was sie dafür bekam. „Ich werde heute Nachmittag etwas einzahlen“, versprach sie leise und fühlte sich gedemütigt.
Der Bankangestellte war kein Ungeheuer – er tat nur seinen Job –, aber Bethanne verfiel in Panik. Sie rannte die Treppe hoch, holte ihren Schmuckkasten und ging all ihre Habseligkeiten durch – was nicht viel war.
Warum nur, warum hatte Grant ihr nicht ein Diamantarmband geschenkt statt dieser dummen Reise nach Las Vegas? Das Armband hätte sie jetzt zu Geld machen können, aber der Trip war pure Verschwendung gewesen. Grant war das ganze Geld, das sie mitgenommen hatten, beim Spielen losgeworden. Diese Erfahrung konnte ihn nicht davon abhalten, wieder dorthin zu fahren, dachte sie bitter. Er hatte Tiffany in Las Vegas geheiratet. Bethanne ertappte sich dabei, dass sie hoffte, er würde auf ganzer Linie verlieren – in mehr als einer Hinsicht.
Diese negativen Gedanken taten ihr nicht gut, aber sie war verzweifelt. Es blieb ihr kaum etwas anderes, als den Schmuck zu verpfänden. Annie und Andrew hatten auch jeder ein Bankkonto und könnten ihr womöglich die Summe leihen, die sie benötigte. Das war sicher besser, als Grant zu fragen. Aber … Sie würde nichts von allem tun. Eher würde sie der Bank ihr Haus überlassen, als dass sie ihren Exmann jemals wieder nach einem Cent fragte. Sich etwas von der Familie zu leihen, besonders von ihren Kindern, oder von Freunden, kam nicht infrage. Sie hatte ihren Stolz – offensichtlich eines der wenigen Dinge, die sie noch besaß.
Nach langer Überlegung wählte Bethanne ihren Ehering – er war mittlerweile ja ohnehin nutzlos und ohne Bedeutung – und einen kleinen Saphirring, dazu ein paar goldene Ohrringe. Sicher würde ihr das genug einbringen, um zumindest den Scheck und die Gebühren für die Tankstelle abzudecken.
Es machte sie ganz krank, wie wenig sie letztendlich für den Schmuck bekam. Aber es reichte, um den Rückstand bei der Bank auszugleichen. Das war eine gute Lektion gewesen. Sie konnte nicht einfach Schecks über eine Summe ausschreiben, die sie noch nicht besaß, egal wie bald sie das Geld erwartete.
Als sie aus dem Bankgebäude kam, wäre sie fast mit ihrem Exmann auf dem Parkplatz zusammengeprallt. Sie wurde knallrot, als könnte Grant ihr den Grund ihres Besuchs hier von der Stirn ablesen.
„Bethanne.“ Er hielt sie bei den Schultern fest.
„Grant.“ Sie war nicht sicher, wie sie reagieren sollte. „Hallo … Ich habe eben …“ Sie unterbrach sich, um sich nicht zu blamieren. Das ging ihn nichts an.
„Du siehst gut aus“, sagte er und trat einen Schritt zurück, um sie bewundernd zu mustern.
Der neue Haarschnitt war eine Extraausgabe, die sie inzwischen bereute. Annie und Courtney hatten sie dazu überredet. Der Friseur hatte Wunder bei ihrem Haar bewirkt und vorgeschlagen, es etwas zu tönen. Als Bethanne erklärte, dass sie sich das nicht leisten könne, hatten die beiden Mädchen darauf bestanden, die Kosten zu übernehmen.
Sie hatten eine der etwas teureren Marken ausgewählt – noch mal zehn Dollar mehr –, ein dunkles Braun mit rötlichem Ton. Wenn man bedachte, dass Bethanne sich auf den Geschmack von zwei Teenagern verlassen hatte, dann war es erstaunlich gut geworden.
„Danke“, sagte sie lässig.
„Was machst du denn hier?“, wollte Grant wissen.
Als wenn ihn das etwas anginge. „Geld einzahlen. Und du?“ Er brauchte ja keine Einzelheiten zu wissen, und zumindest hatte sie ihn nicht angelogen.
„Eine Überweisung“, erklärte er und klang nicht besonders glücklich darüber. „Geld vom Sparkonto aufs Girokonto.“
„Für meine Wenigkeit?“
„Eigentlich nicht“, entgegnete er mit einem Stirnrunzeln.
„Kann es sein, dass deine neue Frau deine Finanzen etwas strapaziert?“, erkundigte Bethanne sich und konnte dabei das Aufleuchten in ihren Augen nicht verbergen.
Grant schnaufte. „Du hast ja keine Ahnung …“, entgegnete er.
Er klang nicht, als würde er scherzen, was sie hätte freuen sollen. Aber Bethanne war wegen der dunklen Ringe unter seinen Augen
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