Die Maschen des Schicksals (German Edition)
ihr Klassenzimmer und wunderte sich darüber, wie eine einzelne Person in so kurzer Zeit so viele unterschiedliche Gefühle durchleben konnte.
Sobald Mike sie nach der Schule vor Grams’ Haus abgesetzt hatte, raste Courtney die Treppe hoch und loggte sich ins Internet ein.
„Irgendwelche Nachrichten?“, rief ihre Großmutter von unten.
Ihr sank das Herz, als sie ihren Posteingang durchging. Nichts von ihrem Vater. „Nein!“, rief sie entmutigt zurück.
Das Telefon klingelte. Normalerweise nahm Courtney ab, aber sie war nicht in der Stimmung, mit irgendjemandem zu reden. Nicht mal mit Andrew. Auch wenn sie so was gesagt hatte, von wegen man findet immer einen Weg, um alles durchzustehen, glaubte sie nicht, dass sie den Verlust ihres Vaters aushalten würde. Sie
könnte
den Schmerz nicht ertragen. Es würde nicht genug Schokoladenplätzchen oder Wollknäuel oder tröstende Worte geben, um sie das überstehen zu lassen.
„Ja, ja, natürlich, ich hole sie sofort“, hörte sie ihre Großmutter sagen. „Courtney, Telefon!“, rief sie laut, obwohl Courtney schon die Treppe herunterkam. „Da möchte jemand mit dir sprechen.“ Lächelnd hielt sie ihr den Hörer hin.
In dem Moment, als Courtney die Stimme ihres Vaters hörte, kamen ihr vor Erleichterung die Tränen. Die Verbindung war nicht gerade die beste, als ihr Vater schilderte, wie er im Dschungel festgesessen hatte, ohne eine Möglichkeit, sich mit seinen Kindern in Verbindung zu setzen. Während der Vermessung war sein Team in einen sintflutartigen Regen geraten, doch jetzt befand er sich in Sicherheit. Es tat ihm leid, dass er seiner Familie solche Sorgen bereitet hatte. Irgendwann war die Verbindung so schlecht, dass Courtney sich schweren Herzens von ihrem Vater verabschiedete und auflegte.
Die Tränen waren auf ihrer Wange noch nicht ganz getrocknet, als Andrew kam. Courtney telefonierte gerade mit Julianna, nachdem sie das Gespräch mit Jason beendet hatte.
„Ich habe Besuch und muss jetzt auflegen“, erklärte sie ihrer Schwester und blickte verstohlen zu Andrew. Er stand unbeholfen im Wohnzimmer, während ihre Großmutter ein großes Theater um ihn veranstaltete.
„Junge oder Mädchen?“, wollte Julianna wissen.
„Ein J“, murmelte sie.
„Andrew?“
„Ja“, zischte sie. Ihr war klar, dass sie ihrer Schwester mehr erzählt hatte, als sie sollte.
„Dann leg den Hörer auf und unterhalte deinen Besuch“, sage Julianna lachend.
Grams war eine sehr aufmerksame Gastgeberin. Sie ließ Andrew auf dem Sofa Platz nehmen und plauderte mit ihm, als wäre er ein alter Freund der Familie.
Courtney betrat zögernd das Wohnzimmer, und Grams lächelte ihr zu. „Ich habe Andrew gerade erzählt, dass du endlich eine Nachricht von deinem Vater bekommen hast.“
„Ich habe gerade mit meiner Schwester gesprochen.“ Verlegen zeigte sie auf das altertümliche schwarze Telefon am Fuß der Treppe.
„Ist das der junge Mann, den du erwähnt hast?“, erkundigte sich Grams mit gesenkter Stimme, so als könne Andrew es nicht mithören. „Derjenige, für den du die Socken strickst?“
Courtney wünschte, sie könnte mit dem Finger schnipsen und sich in Luft auflösen, so wie die Hexe in der alten Fernsehserie, die Grams sich manchmal ansah. Ihre Wangen fühlten sich heiß an, und sie warf ihrer Großmutter einen bösen Blick zu.
„Sie hat schon ein sehr schönes Paar für ihren Vater gestrickt“, gab Vera Pulanski zum Besten. „In Marineblau, aber die neuen jetzt sind grün und …“ Sie blickte Courtney entsetzt an. „Ach herrje, sollte das eine Überraschung werden?“ Mit ungewohnter Hast sprang sie auf und eilte in die Küche.
Andrew stand auf und sah Courtney an. „Du strickst Socken für mich?“
Courtney nickte. „Ich bin gerade dabei, den Hacken beim zweiten zu stricken. Sie sind fast fertig.“
„So was Cooles hat ja noch keiner für mich getan. Das ist echt … süß.“
Süß. Er fand sie
süß
. Das war ja das Letzte, was Courtney sich wünschte.
38. KAPITEL
Elise Beaumont
B ethannes Einladung zu sich nach Hause war für Elise eine willkommene Ablenkung. Bethanne hatte sie gefragt, ob sie einen Tipp für die Aufteilung ihres Budgets hätte. Elise war zwar keine Expertin, aber sie wollte tun, was sie konnte. Sie war auch dankbar für den Anlass, das Haus zu verlassen.
Weder Aurora noch David erwähnten Maverick in ihrer Gegenwart. Unglücklicherweise redeten ihre Enkelsöhne, die die Spannung zwischen den Großeltern
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