Die Maschen des Schicksals (German Edition)
noch mehr Märchen erzählen wollte. Ich bin keine gute Lügnerin – und eigentlich habe ich auch kein Interesse daran, diese Fähigkeit auszubauen. Ich wusste, wenn er Margaret danach fragte, würde sie mich decken. Doch ich bezweifelte, dass er das tun würde; sie war seit unserer Trennung ziemlich kurz angebunden zu ihm. „Wenn Cody anrufen möchte, soll er das ruhig tun.“
Diesmal sah Brad mir nicht in die Augen. „Er hat auch danach gefragt, aber ich war mir nicht sicher …“
„Wie gesagt, ich möchte nicht, dass Janice sich dadurch verletzt fühlt.“
„Ich glaube kaum, dass es ihr etwas ausmacht.“
Ich schenkte ihm ein kurzes, aber herzliches Lächeln. Von Cody getrennt zu sein, war sehr hart gewesen, und die Aussicht, zumindest mit ihm zu sprechen, munterte mich auf. „Ich freue mich also, wenn ich was von ihm höre“, sagte ich, als wären wir lediglich Geschäftspartner. Das war auch alles, was wir jemals wieder füreinander sein könnten, nachdem Janice wieder Teil seines Lebens geworden war.
„Noch einen schönen Tag“, bemerkte er automatisch – wie er es gewöhnlich zu seinen Kunden sagte.
„Danke“, flüsterte ich und zog mich in meinen Laden – meine sichere Höhle – zurück. Erst als ich abgeschlossen hatte und wieder im Büro stand, bemerkte ich, wie sehr meine Hände zitterten.
Das war ein ereignisreicher Montag für mich gewesen. Ich hatte einen Bankkredit erhalten, meiner Schwester geholfen und den Mann belogen, den ich liebte.
26. KAPITEL
Elise Beaumont
E lise hatte nie Autofahren gelernt. Ein Führerschein war ganz praktisch, wenn man sich irgendwo ausweisen musste, aber ansonsten kaum notwendig. Seattle besaß ein sehr gutes öffentliches Verkehrsnetz. Mit dem Bus kam sie normalerweise überallhin, wohin sie wollte. In seltenen Fällen brachte sie Aurora mit dem Auto, oder sie nahm ein Taxi.
Das war seit Mavericks Ankunft alles anders. Er brachte sie nur zu gern zu jedem beliebigen Zielort. Dort wartete er dann auf sie mit unendlicher Geduld. Die letzten zwei Wochen hatte er vor dem Wollgeschäft gesessen, während sie bei ihrem Strickkurs gewesen war. Sie hatte so oft von Bethanne, Courtney und Lydia gesprochen, dass er ihre Freundinnen schon fast so gut zu kennen schien wie sie selbst. Sie teilte ihre Sorgen mit ihm wegen Bethannes Chancen, einen Job zu bekommen, und berichtete von ihren Hoffnungen, dass Courtney ein gutes Abschlussjahr an der Schule verbringen würde. Außerdem erzählte sie ihm von Jacqueline, mit der sie nun zu den Mittagstreffen des Geburtstagsclubs ging.
„Lass uns eine kleine Fahrt mit dem Auto machen“, schlug er Freitagnachmittag vor, als sie mit dem Lunch fertig waren.
Aurora, David und die Jungen waren in den Zoo gefahren, um einen ihrer seltenen Familienausflüge zu unternehmen. Maverick und Elise waren allein.
„Eine Fahrt wohin?“, fragte sie. Inzwischen ging sie ihm nicht mehr aus dem Weg, sondern suchte sogar seine Gesellschaft. Das ständige Misstrauen ihm gegenüber hatte sie abgelegt – auch wenn sie nie vergaß, dass er ein Spieler war. Es gefiel ihr nicht. Sie fürchtete, er würde sein Versprechen nicht halten können, war jedoch entschlossen, die Zeit, die ihr mit ihm blieb, zu genießen, bevor er seiner Sucht wieder verfiel.
Trotz aller Bedenken hörte sie gern seine Geschichten. Auch wenn sie das Wetten um Geld nicht gutheißen konnte, so musste sie doch zugeben, dass sie die Berichte über seine Heldentaten faszinierten. Er war überall auf der Welt gewesen, in Europa, Australien, in der Karibik. In den meisten Orten hatte er gespielt, aber auch richtige Abenteuer erlebt – eine Bootsfahrt den Nil hinunter, eine Tour durch das australische Outback und vor Kurzem eine – ungerechtfertigte – Verhaftung in Paris. Er war einigen Prominenten begegnet und erzählte ihr Anekdoten über sie. Elise hätte ihm stundenlang zuhören können. Sie beneidete ihn – nur ein bisschen – um sein ausschweifendes Leben. Anders als Maverick hatte Elise immer vorsichtig und sparsam gelebt, sowohl was das Finanzielle als auch das Emotionale anging.
Die ideale Art zu leben, dachte sie, wäre wahrscheinlich ein Mittelding zwischen seiner und meiner Art, die Welt zu betrachten und die Dinge anzugehen …
„Ich dachte, es wäre schön, mal in die Berge zu fahren“, sagte Maverick. „Es ist Jahre her, seit ich am Mount Rainier gewesen bin.“
Elise runzelte die Stirn. „Dazu ist es schon ein bisschen spät, meinst du
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