Die Maschen des Schicksals (German Edition)
konnte, was genau seine Aufgaben waren. Vor Kurzem hatte er angefangen, Häuser zu renovieren. Ich wusste, er hasste diesen Job, aber er verdiente Geld damit, und mit dem bisschen, das ich an Margaret zahlte, kamen sie einigermaßen über die Runden. Bis auf diese ausstehenden Hypothekenraten …
Ich unterschrieb den Kreditvertrag am ersten Montag im August. Der Sommer flog so dahin, und ich hatte von meinen Vorhaben noch kein einziges in die Tat umgesetzt. Im Frühjahr hatte Brad mir versprochen, noch mehr Regale für die Wolle zu bauen. Wir hatten ein paar sehr zufriedenstellende Sonntagnachmittage damit verbracht, alles auf dem Papier zu entwerfen, auszumessen und die Aufteilung auszuarbeiten, damit alles richtig passt. Ich und Cody hatten uns schon gefreut, ihm dabei zu helfen.
Ich benötigte dringend mehr Regale, aber das musste nun warten. Ebenso die Durchführung einer Idee, die ich von einem anderen Geschäft abgeguckt hatte. In fast allen Strickläden muss der Platz gut eingeteilt sein. Es gibt ständig so viele neue Garne und Wollarten, dass es eine Herausforderung ist, diese entsprechend zu präsentieren. Der besagte Laden im Norden von King County, in dem ich gewesen war, hatte die bunt gefärbten Wollstränge von der Decke herunterhängen lassen. Das war clever und wirkungsvoll, und ich wollte das Gleiche in einem Teil meines Geschäfts machen. Brad hatte angekündigt, die Schrauben für mich in der Decke zu befestigen.
Das konnte ich natürlich auch selbst machen, aber ich hatte es bislang nicht getan. Aus irgendeinem Grund kam ich nicht vorwärts. Jede Verbesserung, die ich mit Brad besprochen hatte, verschob ich erst mal. Ich konnte mich einfach nicht damit befassen.
Nachdem ich die Summe auf mein Konto gezahlt und einen Barscheck für Margaret ausgeschrieben hatte, fuhr ich zu meiner Schwester nach Hause. Während eines Telefonats mit ihr am Sonntag hatte ich mich unauffällig erkundigt, ob sie für den heutigen Tag schon Pläne habe. Keine besonderen, lautete die Antwort.
Margaret stand draußen im Garten und wässerte die Blumenbeete, als ich vor der Tür parkte. In Gedanken versunken, schien sie mich weder zu sehen noch zu hören.
„Hallo, große Schwester!“, rief ich, um sie auf mich aufmerksam zu machen.
Sie zuckte zusammen und riss dabei die Hand hoch, sodass ein Wasserstrahl auf dem Bürgersteig landete. „Warum schleichst du dich denn so an?“, rief sie.
„Ich muss mit dir reden.“
„Hätte das nicht bis Dienstag warten können?“
„Eigentlich nicht.“
Margaret ist immer ruppig, wenn es ihr nicht gut geht. Im Laufe des vergangenen Jahres hatte ich viel über ihren Charakter gelernt. Sie war nicht der lebhafte und freundliche Typ. Ich glaube, ihr ist gar nicht klar, wie brüsk sie manchmal wirkt. Sie war mir eine große Hilfe – das ist sie noch immer –, und während ich ihr ein bescheidenes Honorar zahle, könnte sie woanders sicher mehr verdienen. Ich wollte etwas für sie und Matt tun, einfach weil … weil sie meine Schwester ist. Damit sie wusste, wie sehr ich sie liebte.
„Brauchst du irgendwas?“, fragte Margaret und blickte mich misstrauisch an.
„Ein Glas Eistee wäre nicht schlecht.“
Margaret zögerte, bevor sie seufzend zustimmte und mich mit einer Handbewegung ins Haus einlud. Sie lief kurz um die Ecke, stellte den Wasserhahn ab und stieg die Stufen zur Veranda hoch.
Ich folgte ihr ins Haus und entdeckte sofort die Kartons überall im Wohnzimmer.
„Wir schaffen es nicht bis zum Zahltermin, also besteht kein Grund, so zu tun, als würde es wie durch ein Wunder doch noch klappen“, erklärte sie, bevor ich danach fragen konnte. „Wir haben bis Freitag Zeit, dann schreibt die Bank den Räumungsbefehl aus. Es ist schlimm genug, das Haus zu verlieren. Aber ich möchte meiner Familie die Demütigung ersparen, hier rausgeworfen zu werden.“
In der Küche standen ebenfalls ein paar Kartons in der Ecke. Ich war so froh, dass ich den Kredit bekommen hatte.
„Wahrscheinlich sollte ich mir keine Gedanken um die Blumenbeete machen“, bemerkte Margaret, „aber ich musste mal eine Weile an die frische Luft.“ Sie nahm zwei Becher aus dem Schrank. „Es ist einfach zu deprimierend.“
„Ich dachte, es wäre am besten, gleich mit dir darüber zu sprechen“, sagte ich, um das Thema vorsichtig einzuleiten. „Und nicht erst bis morgen zu warten.“
„Worüber mit mir zu sprechen?“ Sie stellte die Gläser auf den Tisch und setzte sich mir
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