Die Maske des Alien
das wußte er, hielt Fain sich im Schatten der Straße. Scorpio war bei ihm, froh, daß er endlich einmal frei umherstöbern konnte, geschützt von der alles umhüllenden Dunkelheit. Wenn Kalic eine Stadt auf der Erde gewesen wäre, wären immer dort, wo ein Lebewesen vorüberging, die Leuchtkörper aufgeflammt und hätten so eine Lichtspur auf der Straße gebildet – das kostete nur die nötigste Energie, vermittelte aber vollständige Daten über jeden, der sich in den Straßen herumtrieb, und damit leicht zugängliche Informationen für die Computerüberwachung. In Kalic gab es willkommene Schatteninseln und ganze Blocks ohne eine einzige Laterne. Arme Planeten hatten eben auch ihre Vorteile.
Skallon blieb stehen, sah sich müßig um und kaufte sich ein Brötchen aus heißem Quantimakas-Samen, bestreut mit Dollegen-Kräutern. Er verzehrte es und genoß den aromatischen, knusprigen Geschmack. Lungerte da jemand an einer Straßenecke herum, einen halben Block weit hinter ihm? Er konnte es nicht genau erkennen. Fain konnte ihm so nah nicht sein.
Also funktionierte es vielleicht tatsächlich. Fain hatte diesen alten Doppelverfolger-Trick vorgeschlagen, als sie das Haus verließen. Sie funkten Danon an und sagten ihm, er solle bleiben, wo er war und sich noch wenigstens eine Stunde in den Schatten versteckt hallen. Dann war Skallon unerschrocken losmarschiert, in der Hoffnung, daß der Änderung in der Nähe geblieben war, um zuzusehen, wie seine List aufging. Fain würde ihm auf einer leicht veränderten Route folgen und ihn beschatten, um zu sehen, ob ihm jemand folgte.
Erst als Skallon auf der Straße stand, begriff er, welches Risiko er damit einging. Was sollte den Änderung daran hindern, ihm ein sauberes Brandloch in die Brust zu schmoren, wenn er aus dem Hause trat? Auf der beinahe ausgestorbenen Straße war er eine einfache, dumme Zielscheibe.
Krachend biß er in das Quantimakas-Brot, und Ärger stieg in ihm auf. Er war jetzt sieben Blocks weit gekommen. Entweder hatte Fain jemanden ausgemacht, der ihn verfolgte, oder nicht. Vielleicht war Fain auch allzu sehr mit seinem kostbaren Hund beschäftigt, um ein Auge auf die vorübertreibenden Gestalten und ihre Gewänder zu haben. Das wäre typisch.
Vor ihm ergoß sich helles Licht über die geschnitzte, mahagonifarbene Fassade eines öffentlichen Gebäudes. Das Planetarische Museum, beaufsichtigt von zwei in safrangelbe Gewänder gekleideten Wächtern aus der Kaste der Spatemper, die im Torbogen standen. Skallon streichelte über das polierte Holz; es war natürlich kein Mahagoni – dieses alte Holz gab es nicht mehr –, aber etwas Ähnliches, mit sanften Wirbeln und Strudeln in der Maserung. Er zögerte. Hier herein würden Fain und Scorpio ihm selbstverständlich nicht folgen können, aber der Änderung sehr wohl. Allerdings bezweifelte er, daß der Änderung ihn an einem öffentlichen Ort überfallen würde. Dazu hatte er den ganzen Tag über reichlich Gelegenheit gehabt.
Und es wäre ein unerwarteter Schachzug. Vielleicht gefiel es ihm deswegen. Fain würde frustriert sein – aber was scherte ihn das? Fains alberne Wutanfälle bei dem Fiasko der Jagd waren geradezu lächerlich. Warum konnte der Mann nicht mit kühlem Kopfüber diese Dinge nachdenken? Zugegeben, der Änderung ließ sie immer wieder in eine Sackgasse laufen. Aber warum auch nicht? Vielleicht dachte er, er könne seine Aufgabe ohne viel Blutvergießen erledigen. Vielleicht hatte auch die Erde überhaupt nicht begriffen, aus welchem Grund der Änderung hier war.
Skallon schluckte sein würziges Brot hinunter und trat durch den Torbogen in das Gebäude, ein Gewölbe mit hoher, gerippter Decke und durchbrochenen Steinverzierungen. Fain konnte draußen stehenbleiben und aufpassen, ob ihm jemand nachging. Falls nicht, würde Skallon wenigstens ein paar erfreuliche Minuten haben.
Hinter dem Gitter des Eingangs stand eine alte, polierte Außenhaut. Skallon betrachtete sie, in der Hoffnung, daß sich jemand darin spiegeln könnte, der im Eingang herumstand und darauf wartete, daß er herauskam. Eine junge Frau verließ mit unsicherem Gang das Gebäude, aber niemand kam herein.
Skallon las, was auf der Erläuterungstafel stand: Es war ein Fragment des ersten unbemannten Orbiter-Landers, der Alvea erforscht hatte. Darüber hingen Hochglanzphotos, die noch früher entstanden waren, aufgenommen von der vorüberziehenden, raketengetriebenen Sonde. (Wo mag sie wohl jetzt sein? dachte Skallon.
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