Die Maske des Alien
von dem Guckloch zurück und verläßt auf leisen Sohlen das Zimmer. Unten in der Küche tritt er zu Kish, der sich ein spätes Nachtmahl bereitet. „Mutter und Fain sind oben in seinem Zimmer“, sagt er. „Sie machen komische Geräusche.“
Er stürzt auf Fain und Skallon in ihrer Verkleidung zu. „Ich habe ihn gefunden!“ ruft er. „Es ist Euer Feind! Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen!“
Er hat gewöhnliches Vertil benutzt, um den schwarzgewandeten Attentäter in die verbotene Halle zu locken. Fain müßte das wissen, aber im Eifer der Jagd denkt er nicht nach. Seit er zum ersten Mal von Alvea gehört hat, bewundert er die Kaste der Attentäter mehr als alle anderen. Furchtbar in den Legenden, ohne jemals zu handeln. Darin liegt der Widerspruch, und darin liegt für ihn auch die Schönheit.
Während Fain und Skallon in die Halle eilen, um ihrem Feind entgegenzutreten, klettert er auf eine steinerne Zinne und beobachtet den wogenden Mob auf dem Platz unter ihm. Die Menschen sind wie wimmelnde Insekten, die in irrwitziger Hast über den grauen, glatten Bauch eines verwesenden Tieres krabbeln. Was wird jetzt geschehen? Wird Fain den Schwarzgekleideten töten? Oder Skallon? Wird der Mann fliehen und eine Jagd entfachen, oder wird er vielleicht Fain töten, oder Skallon, oder beide? Deswegen sind seine Pläne niemals wirkliche Pläne. Bewußt läßt er viele Möglichkeiten, viele Alternativen offen. Kein Augenblick ist jemals sicher. Der Zufall ist willkommen. Als der Attentäter endlich auftaucht und über das graue Pflaster hastet, empfindet er nichts. Fain und Skallon folgen. Sein Plan ist gelungen, doch er verspürt keine Befriedigung. Kann ein Fischer stolz auf die Fische sein, die er gefangen hat? Nein, mit Berechtigung kann er es nicht, denn das Eine hat längst beschlossen, diese Fische existieren zu lassen. Und so ist es auch mit seinen Plänen des Chaos. Er ist ein Agent, aber niemals ein Schöpfer.
Er steigt hinunter und sagt Fain, wo der Attentäter ist. Er nimmt teil an der Verfolgung, wohlwissend, wo – wenn auch nicht wie – sie enden muß. Der Attentäter sitzt in der Falle. Fain sagt: „Der Kleine und ich werden warten. Er sagt mir Bescheid, wenn der Änderung bei ihm herauskommt, und ich behalte die Straße im Auge. Ich habe beschlossen, daß wir es auf deine Art machen, Skallon – keinen kaltblütigen Mord. Du gehst zurück zum Hotel, holst Scorpio und bringst ihn her.“
Scorpio! Er lächelt an seinem Platz an der Rückseite des Gebäudes. Eine unerwartete Wendung in seinem Plan. Flüchtig sieht er die Vision einer alternativen Zukunft: Der Hund kommt und erkennt Danon als den Änderung. Fain zieht seinen Strahler, tötet den Jungen. Er kehrt zum Hotel zurück, sagt kein Wort, schläft mit Joane und reist im Triumph zur Erde zurück.
Aber als der Hund dann kommt, ist er zu gewitzt, um sich ihm gefährlich zu nähern. Die alternative Zukunft ist abgewaschen von der Palette der Möglichkeiten. Statt dessen ergreifen sie den Attentäter. Er stirbt nicht, denn Fain entdeckt allzu schnell den Deckmantel des Vertil. Zorn folgt, ein heftiger Wutausbruch. Fain weiß, er wurde verspottet, frustriert, zum Narren gehalten.
Er erinnert sich, wie er auf der Heimatwelt einmal einen Film sah, geschaffen vor langer Zeit im antiken Amerika auf der Erde, den die ursprünglichen Philosophen auf den Planeten gebracht hatten, als heiliges Zeichen all dessen, was sie wußten und glaubten. In einem Volk, für welches Kunst nicht existieren konnte – denn Kunst ist nichts als der fruchtlose Versuch von Blinden, den geschmolzenen Strom des Chaos in eine Ordnung zu pressen –, genoß dieser Film eine ungeheure Popularität. Er erzählte, wie an einem freundlichen, gewöhnlichen Tag die sanftesten und passivsten aller Geschöpfe, die Vögel, sich in Massen erhoben, um ihre menschlichen Herren zu vernichten. Er saß unter den Zuschauern und lachte mit den anderen, denn für ihn lag die Komik in den unaufhörlichen Versuchen der Erdler, irgendeine Erklärung für eine Serie von Ereignissen zu finden, die selbstverständlich ganz und gar sinnlos waren. Diesen Film zu sehen erfüllte ihn mit einem starken Gefühl der Freude, denn er begriff die Wahrheit, die darin lag, und bewunderte das Genie derer, die es vor so vielen Jahrhunderten ebenfalls gewußt hatten. Aber er erinnert sich auch daran, wie er den Film ein zweites Mal sah und wie ihn diesmal nicht Freude, sondern Schrecken erfüllte. Er
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