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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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fühlte sich wie auf das Bett genagelt, unfähig, sich zu wehren. Sie konnte nicht glauben, dass er sie tatsächlich entführen würde. Fassungslos starrte sie das Messer an, das er nun ausklappte, um ihr einen kleinen Schnitt zuzufügen und mit ihrem Blut das Laken zu beschmieren. Auch wenn er dies nur tat, damit das Kidnapping dramatischer aussah – dass er keine Freude dabei empfand und dies nur tat, um sein Image als Ase zu unterstreichen, sah sie ihm an –, es tat ihr in der Seele weh, dass er sie wie eins seiner Opfer behandelte.
    Ihre Augen wurden feucht.
    „Weine nicht, Claire.“ Er flüsterte. „Bitte nicht. Ich kann dich nicht weinen sehen.“
    Zorn wallte in ihr auf. Was bildete er sich ein? Sollte sie etwa Rücksicht auf seine Gefühle nehmen, während er ihre mit Füßen trat?
    Er führte die Klinge zu ihrem Oberarm. Einen Daumenbreit über ihrer Haut verharrte er.
    Claire erinnerte sich, dass er Messer mochte, manchmal sogar etwas Erotisches darin sah, und fragte sich, ob ihre Zuneigung sie nicht blind für seine barbarische Seite gemacht hatte. Sie sah nur das Gute in ihm. Das war auch kein Wunder, denn bisher hatte er sie nur verführt und ihr nie auch nur ein einziges Haar gekrümmt. Das würde sich nun ändern. Alles würde sich ändern. Wenn er ihr nun Ase zeigte, würde sie nie mehr Vali in ihm sehen können.
    Zögerlich senkte er das Messer herab, bis die Breitseite der Klinge auf Claires Haut lag, sie jedoch nicht schnitt.
    Claire war außerstande, sich zu wehren. Sie hätte nur den Arm wegziehen, Vali auf die Nase boxen oder ihm mit zwei Fingern in die Augen stechen und den Überraschungsmoment ausnutzen brauchen. In Gedanken spielte sie dieses Szenario durch. Bei jedem anderen Angreifer hätte sie gekämpft, egal, ob sie eine Chance gehabt hätte oder nicht. Aber Vali war ihr so nah, körperlich und emotional. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und sie sah ihm an, dass er innerlich mit sich selbst rang.
    Verzweifelt krampfte er seine Hand um den Leatherman. Er warf Claire einen Blick zu, der so viel Schmerz barg, dass sich ihr Magen zusammenkrampfte. Ihre Tränen trockneten ungeweint.
    „Was ist passiert, dass du Ase geworden bist?“, fragte sie leise.
    Vali ließ den Kopf hängen. Er schloss seine Augen für einen Moment. Als er sie wieder öffnete, war der Schmerz verschwunden und Traurigkeit an seine Stelle getreten. „Ich versuche Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Mir war nur nicht bewusst, dass ich dabei verbrannte Erde zurücklassen würde.“
    Schwerfällig erhob er sich, klappte den Leatherman zu und steckte ihn zurück in die Hosentasche. Er zog sich an und nahm seine Taschenlampe. Langsam schritt er zur Zimmertür.
    Im Türrahmen drehte er sich noch einmal zu Claire um. „Hasst du mich?“
    Sie hielt einige Sekunden die Luft an – er war gekommen, um sie zu entführen, doch er brachte es nicht übers Herz – und presste beim Ausatmen ein kraftvolles „Nein“ mit heraus.
    „Ich dich auch, Claire.“ Er lächelte müde und verschwand im Korridor.
    Sie setzte sich im Bett auf und sah ihm hinterher. Das war die seltsamste Liebeserklärung, die sie jemals bekommen hatte.
    Plötzlich hallte Todds Stimme durchs Treppenhaus. Er klang panisch und stinksauer. „Claire? Wo bist du? Geht es dir gut? Sag etwas. Melde dich, bitte. Claire! Verdammt, wieso habt ihr nicht öfters einen Rundgang gemacht?“
    „Wir haben das Grundstück stündlich überprüft.“ Das musste einer der Deputy Sheriffs sein, die zur Überwachung des Hauses eingeteilt waren.
    Todd fluchte ungezügelt. „Vor dem Haus sitzen die Cops und dösen vor sich hin, und über den Garten wird eingebrochen. Ich fasse es nicht!“
    Vali kam zurück in Claires Zimmer gerannt. Todds Schritte waren auf der Treppe zu hören. Er kam ins erste Stockwerk, um Claire zu suchen, und Vali saß in der Falle.
    Es blitzte direkt vor dem Fenster, der Donner kam postwendend und war ohrenbetäubend. Das Gewitter war unerwartet zurückgekehrt.

32. KAPITEL
    Claire zog ihr Nachthemd, das ihr um den Hals hing, herunter und setzte sich im Bett auf. Alles ging so schnell, dass sie sich wie die Zuschauerin einer Gaunerkomödie vorkam.
    Vali hastete zum Fenster. Er riss es auf und schaute sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Blitze erhellten seine Sicht. Hastig glitt sein Blick in alle Richtungen, sogar nach oben schaute er, um zu prüfen, ob er aufs Dach fliehen konnte.
    „Claire, bist du hier oben?“, rief Todd, der

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