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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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ausgeliefert. Aber sie war keine Frau, die heulend zusammenbrach, sondern eine Frau der Tat.
    Deshalb saß sie pünktlich zur verabredeten Zeit wieder am Computer, loggte sich in den Instant Messenger ein und wartete ungeduldig auf Vali, um ihn unauffällig in die Mangel zu nehmen.
    Ist wirklich nur dein Tatendrang dein Motor, fragte sie sich. Wollte sie wirklich nur herausfinden, ob ihre Spürnase sie nicht in die falsche Richtung geführt hatte? Nicht vielleicht ein Quäntchen Sehnsucht, das noch nicht verpufft war? Nicht die Hoffnung, ihre Theorie könnte sich als lächerlich herausstellen?
    Die Sonne war längst untergegangen, aber noch war es nicht vollkommen dunkel. Claire fand das Zwielicht unheimlich. Es war ihr, als würde sie zwischen Tag und Nacht feststecken. Und zwischen Realität und Fantasiewelt, denn eben noch war Vali ein Mann, der nur in der Unwirklichkeit des Internets existierte, doch seine Spuren in der Wirklichkeit waren blutig.
    Falls er denn Ase war. Auf diese Frage lief alles hinaus.
    Eine Antwort darauf würde sie in der virtuellen Unterhaltung mit Vali finden, das nahm sie sich fest vor.
    Als seine Nachricht auf dem Bildschirm erschien, kribbelte es zwischen ihren Schenkeln. Claire ballte die Hände zu Fäusten und drückte sie auf ihren Venushügel. Sie presste ihre Beine zusammen, so fest sie konnte, aber das Prickeln verschwand nicht.
    VALI: Hallo, meine Tabulose .
    NYMPHAE: Ich habe Tabus!
    VALI: Du klingst aufgebracht .
    Das konnte er über die Distanz spüren? Claire kam sich durchschaubar vor. Sie war nie eine gute Schauspielerin gewesen.
    VALI: Es scheint, als wäre dein Fazit nicht gut ausgefallen. Ich sagte ja, dass mit etwas Distanz die Dinge anders aussehen. Es ist schade, aber lass uns darüber reden. Was beunruhigt dich?
    Du!, wollte Claire schreiben, tat es natürlich nicht. Sie musste gut überlegen, wie sie reagierte, um Informationen aus ihm herauszubekommen, ohne etwas von sich selbst preiszugeben. Diplomatie war nicht ihre Stärke. Sie war eine ehrliche Haut, rückte lieber gleich mit der Sprache heraus und klärte die Dinge, anstatt um den heißen Brei zu reden.
    NYMPHAE: Die Klinge .
    VALI: Sie konnte dich nicht verletzen .
    NYMPHAE: Aber du hättest mich verletzen können, wärst du anwesend gewesen .
    VALI: Ich habe geschrieben, dass ich dir nicht wehtun werde, und das meinte ich ernst. Das Rasiermesser war nur Teil des Plans, das Spiel mit der Gefahr – der kontrollierten Gefahr! Ich mache nichts aus einer Laune heraus, Nymphae, sondern überlege gründlich, bevor ich etwas tue, denn nur so kann ich die Kontrolle über alles behalten .
    Sprach er nur über Lust, oder war er ein Kontrollfreak? Es juckte in Claires Fingerspitzen. Eine Frage brannte in ihrem Hinterkopf, die sie stellen wollte, aber nicht durfte: Bist du Ase? Mit einem simplen Ja hätte er alle weiteren Fragen ebenfalls bejaht: Hast du Cynthia und Libby überfallen? Hast du sie verschleppt, ihnen wehgetan? Stehst du auf Blut, auf Messer, auf Klingen?
    Claires Unterlippe zitterte.
    NYMPHAE: Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sprichst?
    VALI: Du weißt genauso wenig über mich wie ich über dich .
    NYMPHAE: Ach ja?
    Sie drückte die Enter-Taste, und die Nachricht erschien im Mitteilungsfenster.
    „Mist“, schimpfte Claire. Sie hatte die zwei Worte abgeschickt, bevor sie darüber nachgedacht hatte.
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete.
    VALI: Lass mich ehrlich zu dir sein .
    Claire verkrampfte sich. Sie starrte auf den Bildschirm und wagte kaum zu atmen.
    VALI: Ich fühle eine Verbundenheit mit dir, ich fühle mich dir nah. Deshalb scheine ich dich durchschauen zu können oder zumindest ein Gespür für dich zu haben. Momentan empfange ich negative Schwingungen. Du verheimlichst mir etwas. Da gibt es etwas, das du mir sagen möchtest, aber du behältst es für dich. Weshalb?
    NYMPHAE: Auch im Internet lassen sich die Dinge nicht einfach in Worte fassen. Außerdem kann man leicht missverstanden werden, da Tonfall, Gestik und Mimik fehlen .
    VALI: Das ist eine Ausrede. Mach mir nichts vor! Ich bin weit weg und kann dir nichts tun. Es gibt nichts, vor dem du dich fürchten musst, aber ich hasse Unaufrichtigkeit. Daher lüg mich nicht an!
    NYMPHAE: Ich habe nicht gelogen, denn bisher habe ich noch gar nichts dazu geschrieben .
    VALI: Du willst dich einem Mann unterwerfen? Dann mach es mit Haut und Haaren. Nur so bist du in der Lage vollkommene Erfüllung zu finden. Dazu gehört allerdings auch, dass

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