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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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Schwächen ihrer Aggressoren zu benennen. Ein ehemaliges Opfer sagt, daß es sich gleich wieder verschließt, sobald es etwas «Falsches» bei seinem Gesprächspartner herausspürt. Die Opfer sehen recht wohl, daß dieses Verhalten pathologisch ist: «Ich verdiene diesen Haß nicht, weder durch meine Wichtigkeit noch durch meine Nichtswürdigkeit!»
    Wenn sie anfangen zu benennen, was sie verstanden haben, werden sie gefährlich. Man muß sie zum Schweigen bringen – durch Terror.
     
     
     
     

III. Folgen für das Opfer und Übernahme der Verantwortung
     
     
    Wie in einem Film von Hitchcock oder in Die unsichtbare Falle von David Mamet (1997) läuft die Handlung immer nach dem gleichen Schema ab: Das Opfer sieht nicht, daß es manipuliert wird; erst wenn die Gewalt zu offensichtlich wird, wird das Geheimnis gelüftet mit Hilfe des Eingreifens Außenstehender. Die Beziehungen fangen mit Charme und Verführung an und enden mit schreckenerregenden psychopathischen Verhaltensweisen. Dennoch hinterlassen die Perversen Spuren, die erst nachträglich gedeutet werden, wenn das Opfer teilweise dem beherrschenden Einfluß entkommen ist und die Manipulation begreift.
    Wir haben es gesehen: Während der ersten Phase sind die Opfer gelähmt; in der folgenden Phase werden sie zerstört.
     
     
     
    8. Die Folgen der Phase des beherrschenden Einflusses
     
     
    Der Verzicht
     
    Während der Phase des beherrschenden Einflusses nehmen die beiden Protagonisten, ohne es zu wissen, eine Verzichthaltung ein, um den Konflikt zu vermeiden: Der Aggressor greift durch kleine indirekte Sticheleien an, so daß der andere destabilisiert wird, doch ohne den Konflikt offen zu provozieren. Das Opfer leistet ebenfalls Verzicht und unterwirft sich aus Furcht vor einem Konflikt, der zu einem Bruch führen könnte. Es spürt, daß kein Verhandeln möglich ist mit dem anderen, der nicht nachgeben wird, und geht lieber Kompromisse ein als das Risiko einer Trennung.
    Diese Ausweichhaltungen verhindern zwar den Ausbruch von Gewalt, ändern aber nicht die Bedingungen, die eine Gewalttat hervorrufen. Der Verzicht der ersten Phase ermöglicht es, um jeden Preis die Beziehung aufrecht zu erhalten, doch auf Kosten des Opfers selbst. Es besteht eine Art Bündnis zwischen den beiden Protagonisten. Aus einer trügerischen altruistischen Regung heraus fügen sich die Opfer von narzißtischen Perversen und unterwerfen sich schließlich den Übergriffen des anderen. Während sie sich über seine negative Einstellung weiterhin beklagen, müssen sie fortfahren, andere Seiten zu idealisieren (er ist sehr intelligent, ein sehr guter Vater / Mutter ...).
    Wenn das Opfer diese Unterwerfung akzeptiert, setzt sich die Beziehung in dieser Form endgültig fort, wobei der eine immer verbrauchter oder deprimierter wird, der andere immer beherrschender und seiner Macht gewisser.
     
     
    Die Verwirrung
     
    Das Sichentfalten des beherrschenden Einflusses verwirrt die Opfer; sie wagen nicht oder verstehen es nicht, sich zu beschweren. Sie sind wie betäubt, haben das Gefühl, einen leeren Kopf zu haben und Schwierigkeiten zu denken. Sie beschreiben etwas, das eine echte Verkümmerung ist, eine partielle Zerrüttung ihrer Fähigkeiten, eine Beschneidung dessen, was sie an Lebendigem und Spontanem einst hatten.
    Selbst wenn mitunter ein Gefühl von Ungerechtigkeit aufkommt, ist ihre Verwirrung so groß, daß sie keine Möglichkeit haben zu reagieren. Denn angesichts eines narzißtischen Perversen ist es unmöglich, das letzte Wort zu behalten – es sei denn, man ist von gleicher Art. Der einzige Ausweg ist, sich zu fügen.
    Die Verwirrung erzeugt Streß. Physiologisch ist der Streß am größten, wenn man bewegungsunfähig und einer großen Ungewißheit ausgesetzt ist. Die Opfer sagen häufig, was die Angst hervorbringe, seien nicht so sehr die offenen Aggressionen, sondern die Situationen, wo sie nicht recht wüßten, ob sie nicht zum Teil mitverantwortlich seien. Wenn ihr Aggressor entlarvt ist, fühlen sie sich erleichtert.
     
    Nach allem, was er mir gesagt hatte, glaubte ich schließlich, er hätte vielleicht recht, ich sei verrückt, hysterisch. Eines Tages sagte er wieder einmal – wie schon so oft, mit eisigem Ton und haßerfülltem Blick – ich sei eine Null, unfähig, nutzlos für die Gesellschaft, und täte besser daran, mich umzubringen. Per Zufall war meine Nachbarin da, er hatte sie nicht gesehen. Sie war erschrocken und riet mir, ihn anzuzeigen. Das war

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