Die Masken des Morpheus
Beine kam. »Glaubst du mir jetzt, dass ich der Erbe des Metasomenfürsten bin?«, stieß er wütend hervor. »Ich habe die Pistole explodieren lassen. Sollte dir dein Leben lieb sein, dann lauf! Und wage ja nicht, uns noch einmal nachzustellen. Sag deiner verfluchten Meute, dass eine neue Zeit begonnen hat. Die Zeit des Wolfsjägers. Ich werde jeden umbringen, der diesem Mädchen oder mir zu nahe kommt.«
Der Mann rannte davon.
Mira kam herbeigelaufen und warf sich Arian in die Arme.
»Bist du verletzt?«, fragte er.
»Nein. Ich war nur von dem Sturz benommen. Und du?«
»Mir geht es gut.«
»Was war das eben? Hast du die Pistole tatsächlich hochgehen lassen?«
»Zumindest war es mein Gedanke. Das Blei sollte im Lauf schmelzen. Früher konnte ich mit meinem Willen alles erhitzen oder in Brand stecken.«
»Erst die Guillotine und jetzt die Waffe. Wie es scheint, hat mehr von Morpheus auf dich abgefärbt als nur ein paar sprachliche Eigenarten.«
»Und von Hooter und Turtleneck habe ich das Kämpfen gelernt. Lass uns nachsehen, was mit den beiden anderen ist.«
»Einen hat dein Stockdegen in die Brust getroffen.«
Wie sich herausstellte, war auch der erste Angreifer tot. Beim Aufprall auf dem Boden hatte er sich seinen Dolch ins Herz gerammt.
Arian schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, die Kerle haben uns nicht zufällig so schnell aufgespürt. Das Netz von Helfershelfern, das Morpheus über dieses Land ausgespannt hat, scheint dichter zu sein als befürchtet. Mit seinen Schergen wird Tarin alle Hände voll zu tun haben.«
»Tarin?« Mira lachte freudlos. »Im Augenblick mache ich mir mehr Sorgen um uns. Wenn dein Urgroßvater so erpicht darauf ist, uns umzubringen, dann war das hier wohl erst der Anfang.«
Paul Piscatorius verschüttete vor Schreck sein Bier, als jemand spät am Abend gegen die Tür seiner Fischerkate hämmerte. Hastig pustete er die Kerze aus.
»Wer kann das sein?«, flüsterte seine Frau Camilla.
»Keine Ahnung«, log er.
Abermals klopfte es.
»Willst du nicht nachsehen?«, fragte sie und erhob sich.
»Bleib sitzen, Millie!«, zischte er und packte ihre Hand. »Wer was von uns möchte, soll bei Tage wiederkommen.«
Noch einmal donnerte es an der Tür. Niemand rief. Keiner nannte seinen Namen. Nur dieses Hämmern.
Paul zog seine Frau auf den Stuhl zurück. Beide hielten sich bei den Händen. Camilla kannte die Gefahr, ihn nur flüchtig zu berühren. Für sie hatte er sich von Morpheus losgesagt und war ein Freier geworden. Ein Leben als Fischer in einem Haus, das nur einen einzigen Raum besaß, genügte ihm, wenn er nur mit ihr zusammen sein konnte. Er wollte mit ihr alt werden.
Minutenlang lauschten die zwei, ob der nächtliche Besucher sich nochmals bemerkbar machte. Es blieb ruhig. Nur einmal hörte Paul ein leises Kratzen, so als tippele eine Maus über die Dielen. Die verdammten Nager wurde man niemals los.
Plötzlich spürte er, wie sich Millies Griff verstärkte. Mit einer Kraft, die er ihr kaum zugetraut hätte, quetschte sie seine Finger zusammen. Und dann sprach sie auf eine Weise, dass sich ihm sämtliche Haare sträubten.
»Hast du wirklich geglaubt, den Fürsten der Metasomen so einfach aussperren zu können?«
Paul stieß einen spitzen Schrei aus. Er versuchte sich loszureißen, doch Morpheus hielt ihn fest – mit Millies Händen. »Was wollt Ihr, Herr? Ich habe getan, was Ihr verlangt.«
Morpheus schwieg. Die Stille brachte Paul fast um den Verstand. Seit dem Verrat an Mira du Lys und Arian Pratt hatte ihn ein schlechtes Gewissen geplagt. Nun kam noch die Sorge um seine Frau hinzu, die irgendwo als Maus in der Kate herumirrte. Und die Angst um das eigene Leben. Jeden Augenblick konnte der Geist des Fürsten über den seinen herfallen und sich mit ihm verschmelzen.
»Ja, du warst gehorsam«, sagte Morpheus endlich. »Deshalb werde ich dich und dein Weib verschonen, wenn du weiter tust, was ich von dir verlange.«
Paul nickte hektisch. »Alles, was Ihr wollt, Herr.«
»Du sollst für mich Auge und Ohr sein. Vor dem Haus findest du Käfige mit Brieftauben. Du kannst mir eine Botschaft schicken, sobald du sie entdeckt hast.«
»Wen? Die Tauben?«
»Willst du mich zum Narren halten?«, zischte Morpheus. Es dauerte einige bange Augenblicke, bis er endlich weitersprach. »Ich rede von denselben, um die es bei unserer letzten Begegnung ging. Hör mir jetzt gut zu. Jedes Wort ist wichtig.«
In Calais scheint das Glück Arian und Mira zu verlassen.
Zur
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