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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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noch und schmiedet bestimmt schon neue Ränke. Ich werde ihn und seine Schergen jagen, bis keiner mehr übrig ist.«
    »Dabei helfen wir dir natürlich.«
    »Nein. Ihr wisst selbst, dass wir gestern vor dem Tribunal nicht ganz bei der Wahrheit geblieben sind.«
    »Nicht ganz?«, echote Mira und lachte.
    Tarin verzog den Mund. »Die Geschichte wird Euch früher oder später einholen. Solange der Terror in diesem Land wütet, seid ihr hier nicht sicher. Geht nach England. Reist unter falschem Namen. Je weniger Spuren ihr hinterlasst, desto besser für euch. Ich halte in Paris die Stellung, bis die Revolution ihre Kinder gefressen hat.«
    Mira runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Die Liste, die du Marat in die Feder diktiert hast, war ein Geniestreich. Dadurch hast du die für Morpheus arbeitenden Swapper ins Rampenlicht gezerrt. Auch wenn heute niemand Robespierre, Danton und die anderen vor das Tribunal stellen würde, bleibt von deinen Verdächtigungen doch ein Makel an ihnen haften. Und ich werde für neue Gerüchte sorgen, um die Zweifel an ihnen zu nähren. Wir schlagen den Fürsten mit seinen eigenen Waffen. Ihr werdet sehen, die führenden Köpfe dieses Landes werden bald selbst rollen. Dann frisst die Revolution ihre Kinder.«
    »Ein Jammer, dass von den vielen aufrechten Männern und Frauen, die von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle träumten, nur noch die Hüllen übrig sind. Du bekommst von mir die Namen, die in der Liste meines Vaters stehen.«
    »Danke.«
    »Kann ich dir helfen?«, fragte Charlotte.
    Tarin sah sie von der Seite an. »Warum nicht? Du solltest nur dein Aussehen verändern. Der Marquis de Sade hat Marat in einer Gedenkrede gerade zum Märtyrer der Revolution ausgerufen. Da hättest du im Körper seines Gehilfen keine ruhige Minute mehr.«
    »Ich würde so gerne wieder eine Frau sein.«
    Er grinste. »Vielleicht finden wir ja eine, die lieber ein Mann wäre. Dann könntet ihr tauschen.«
    Arian griff nach Miras Hand. »Tarins Vorschlag klingt vernünftig. Ich möchte dich in Sicherheit wissen, damit Morpheus mir nach meinen Eltern nicht auch noch dich wegnimmt. Außerdem könnte ich mich in London um den Sergeant Major kümmern.«
    Sie nickte. »Einverstanden. Ohne Jacques Rochelais und Paul Piscatorius dürfte es bloß nicht ganz leicht sein, den Ärmelkanal zu überqueren.«
    »Ich denke, die Überfahrt ist nur eine Frage des Preises. In Calais soll es viele Schmuggler geben.«
    Zed drehte sich auf dem Kutschbock um. »Ich will mich ja nicht einmischen, Mira, aber Arians Urgroßvater schäumt vermutlich gerade vor Wut. Dein Vater sagte einmal, niemand sei so nachtragend wie Morpheus. Ihr habt ihm eine empfindliche Schlappe beigebracht, das wird er euch nie verzeihen. Wohin immer ihr geht, ihr müsst mit dem Schlimmsten rechnen.«

    Ein heftiges Gewitter ging über Paris nieder, als Arian und Mira am Abend des Folgetages die Stadt verließen. Sie ritten auf prachtvollen, ausdauernden Rappen, die wie das Packpferd, das ihnen als Reserve diente, aus Ivoria stammten.
    Der Regen kam den beiden gelegen. Sie konnten sich unter schwarzen Umhängen mit Kapuzen verbergen. Die Spione des Metasomenfürsten würden verzweifeln angesichts all der vermummten Menschen. Außerdem hatten Arian und Mira die Abreise auf den frühen Abend gelegt. Am Mittag war Laurent Basse in Charlotte Cordays Körper vom Revolutionstribunal zum Tode verurteilt worden. Um sieben Uhr sollte die Hinrichtung erfolgen. Die Volksseele war noch von der Trauer um Jean-Paul Marat aufgewühlt, den man am Vortag beigesetzt hatte. Auf den Straßen, die zur Place de la Révolution führten, herrschte Trubel. Es schien, als wolle die ganze Stadt sehen, wie die Meuchlerin des Volksfreundes ihren Kopf verlor. Kaum jemand beachtete die zwei Reiter, die sich stadtauswärts bewegten.
    Auf dem Hügel von Chaillot warfen sie einen letzten Blick zurück auf die Seine-Metropole. Der Himmel war überraschend aufgerissen und die Sonne kam hervor. Später sollte Arian erfahren, dass man in diesem lichten Moment die vermeintliche Mörderin Marats hingerichtet hatte.
    Etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang schlugen Arian und Mira in einem Wäldchen südwestlich von Franconville ihr Lager auf. Er sattelte die Pferde ab und sie richtete das Nachtmahl her. Beim Essen sprachen sie nur wenig. Nachdenklich beobachtete Arian das Mädchen, das sein Brot und den Käse mit Heißhunger verschlang und nur Augen für das Lagerfeuer zu

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