Die Matlock-Affäre
mit Nimrod. In einer Woche ist Thanksgiving Day - ich frage mich, wo ich dann hingehen werde ...
27. Januar 1968. Das muß das Ende sein. Um mit den herrlichen Worten von C. Fry zu sprechen, muß die >Seraphinische Erdbeere, die in ihrem Bett strahlt<, sich jetzt wenden und Nesseln zeigen, mir bleibt nichts mehr übrig, und Nimrod hat zu viele infiziert, zu vollständig. Ich werde mir das Leben nehmen - so schmerzlos wie möglich -, ich habe schon soviel Schmerz erlebt ...
28. Januar 1970. Ich habe versucht, mich zu töten! Ich schaffe es nicht! Ich bringe die Pistole und dann das Messer an den Punkt, aber es geschieht nicht! Bin ich wirklich schon so infiziert, daß ich das nicht mehr schaffe, was ich so ersehne? ... Nimrod wird mich töten. Ich weiß das, und er weiß es besser.
29. Januar 1970. Nimrod - jetzt ist es Arthur Latona! Unglaublich! Derselbe Arthur Latona, der die Reihenhäuser für mittlere Einkommensschichten in Mount Holly gebaut hat! - Jedenfalls hat er mir einen Befehl gegeben, den ich nicht akzeptieren kann. Ich habe ihm gesagt, daß ich ihn nicht akzeptieren kann. Ich bin viel zu wertvoll, um einfach weggeworfen zu werden, und das habe ich ihm auch gesagt ... Er möchte, daß ich einen größeren Betrag Geldes nach Toros Daglari in der Türkei bringe! ... Warum, o warum kann mein Leben nicht einfach beendet werden? ...
18. April 1971. Es ist eine wundersam fremdartige Welt. Um zu überleben, um zu existieren und die Luft zu atmen, tut man so viel, das man eigentlich verabscheut. Das Ganze ist erschreckend ... Die Entschuldigungen und Rationalisierungen sind noch schlimmer ... Und dann geschieht etwas, das jegliche Notwendigkeit des Urteils aufhebt - oder zumindest verschiebt - ... Die Schmerzen haben sich vom Hals und der Wirbelsäule nach unten verlagert. Ich wußte, daß es etwas anderes sein mußte. Etwas, das viel ... Ich bin zu Nimrods Arzt gegangen - so wie ich das immer tun mußte. Ich habe abgenommen, meine Reflexe sind erschütternd. Er ist besorgt, und morgen gehe ich in das private Krankenhaus in Southbury. Er sagt, für eine Untersuchung ... Ich weiß, daß sie dort ihr Bestes für mich tun werden. Sie haben andere Reisen -sehr wichtige Reisen, sagt Nimrod. Ich werden den größten Teil des Sommers auf Reisen sein, sagt er ... Wenn ich nicht wäre, würde es jemand anderer tun. Die Schmerzen sind schrecklich.
22. Mai 1971. Der alte, müde Soldat ist zu Hause. Herrons Nest ist meine Rettung! Man hat mir eine Niere herausoperiert. Wegen der anderen kann man nichts sagen, meint der Arzt. Aber ich weiß es besser. Ich bin am Sterben ... O Gott, wie ich das begrüße! Es wird keine Reise mehr geben, keine Drohungen. Nimrod kann nichts mehr tun ... Sie halten mich am Leben. Solange sie können. Das müssen sie jetzt! ... Ich habe dem Arzt angedeutet, daß ich all die Jahre ein Tagebuch geführt habe. Er hat mich nur wortlos angestarrt.
Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der solche Angst hatte ...
23. Mai 1971. Latona - Nimrod - kam heute morgen vorbei. Ehe er über irgend etwas sprechen konnte, sagte ich ihm, ich wüßte, daß ich am Sterben wäre. Daß mir jetzt nichts mehr etwas ausmachte - die Entscheidung, mein Leben zu beenden, sei getroffen und nicht von mir. Ich sagte ihm sogar, daß ich vorbereitet wäre - erleichtert; daß ich versucht hätte, es selbst zu beenden, es aber nicht geschafft hätte. Er fragte mich nach dem >was Sie dem Arzt gesagt haben<, er war nicht imstande, die Worte auszusprechen! Seine Angst lag wie ein schwerer Nebel über dem Wohnzimmer ... Ich antwortete ganz ruhig, sehr selbstbewußt, denke ich. Ich sagte ihm, daß man ihm alle Aufzeichnungen geben würde - wenn man mir meine letzten Tage oder Monate leichter machte. Er war wütend, aber er wußte, daß es nichts gab, was er tun konnte. Was kann jemand schon mit einem alten Mann tun, der Schmerzen erleidet und weiß, daß er sterben wird? Was für Argumente bleiben da noch?
14. August 1971. Nimrod ist tot! Latona ist an einem Herzinfarkt gestorben! Vor mir, und darin liegt eine große Ironie! ... Aber das Geschäft geht unverändert weiter. Man bringt mir immer noch jede Woche, was ich brauche, und jede Woche stellen die verängstigten Boten ihre Fragen -wo sind sie? Wo sind die Aufzeichnungen? - beinahe drohen sie mir, aber ich erinnnere sie dann immer daran, daß Nimrod das Wort eines sterbenden alten Mannes hatte. Warum sollte ich das ändern? ... Dann ziehen sie sich in ihre Angst zurück
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