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Die Matlock-Affäre

Die Matlock-Affäre

Titel: Die Matlock-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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benutzt wurde. In Brandeis war das nie der Fall gewesen; vor fünfzehn Jahren wenigstens nicht. Elf Uhr morgens war eine Zeit für Vorlesungen.
    Er hörte ein seltsames Geräusch, das nicht von einem harten Ball stammte, der gegen dickes Holz prallte, und drehte sich schnell um.
    Niemand.
    Er trat in den Hauptkorridor und drehte sich erneut um. Niemand. Er verließ das Gebäude schnell.
    Das Geräusch, das er gehört hatte, war das einer Türe, die sich etwas verklemmt hatte. Es war die neben Matlocks Halle.
    Jetzt trat ein Mann durch jene Türe. Auch er sah sich im Korridor um, ebenso wie Greenberg das vor weniger als einer Minute getan hatte. Aber statt zufrieden zu sein, daß niemand da war, ärgerte er sich. Das defekte Türschloß hatte dazu geführt, daß er den Mann nicht gesehen hatte, der sich mit James Matlock getroffen hat.
    Jetzt öffnete sich die Tür von Halle vier, und Matlock selbst trat in den Korridor hinaus. Der zehn Fuß von ihm entfernte Mann erschrak, zog sich das Handtuch über das Gesicht und ging hustend weg.
    Aber der Mann war nicht schnell genug. Matlock erkannte das Gesicht.
    Es war der Streifenbeamte, der um vier Uhr morgens in seiner Wohnung gewesen war.
    Der Streifenbeamte, der ihn >Doktor< genannt hatte. Der Mann in Uniform, der eindeutig wußte, daß der ganze Ärger auf dem Campus von den >Spinnern und Niggern< verursacht wurde. Matlock blickte der sich entfernenden Gestalt nach.

9
    Über den großen Portalen konnte man - wenn man genau hinsah oder die Sonne in einem bestimmten Winkel einfiel -die verblaßten griechischen Buchstaben erkennen. Sie waren seit Jahrzehnten im Halbrelief dagewesen, und noch so viel Sandstrahlen oder studentische Streiche waren außerstande gewesen, sie völlig zu löschen. Das Verbindungshaus von Alpha Delta Phi war den gleichen Weg gegangen wie viele andere solcher Gebäude in Carlyle. Das Haus war - mit lebendem und totem Inventar, dem undichten Dach und der schlimmen Hypothek - an die Schwarzen verkauft worden.
    Die Schwarzen hatten gute, ja sogar ungewöhnlich gute Arbeit mit dem geleistet, was sie vorgefunden hatten. Das heruntergekommene alte Haus war innen und außen völlig renoviert worden. Alle Bezüge zu seinem ehemaligen Besitzer waren, wo immer möglich, völlig ausgetilgt worden. Die Dutzende von verblaßten Fotografien verehrter ehemaliger Verbindungsmitglieder waren durch wildtheatralische Porträts der neuen Revolutionäre ersetzt worden - Afrikaner, Lateinamerikaner, Schwarze Panther. Und überall in den alten Hallen kreischten die neuen Befehle auf Plakaten und in Gestalt psychedelischer Kunst: Tod den Schweinen! Malcolm lebt! Lumumba der Schwarze Christus!
    Zwischen diesen Schreien um Anerkennung hingen Nachbildungen primitiver afrikanischer Artefakte -Fruchtbarkeitsmasken, Speere, Schilde, in rote Farbe getauchte Tierfelle, Schrumpfköpfe mit unverkennbar weißer Hautfarbe, die an ihrem Haar aufgehängt waren.
    Lumumba Hall versuchte nicht, irgend jemanden zu täuschen. Sie spiegelte die Wut wider. Wut und Ärger.
    Matlock brauchte den Türklopfer aus Bronze, der neben der grotesken eisernen Maske am Türstock angebracht war, nicht zu benutzen. Die große Tür öffnete sich, als er sich ihr näherte, und ein Student begrüßte ihn mit strahlendem Lächeln.
    »Ich habe schon gehofft, daß Sie kommen würden! Das wird 'ne Schau.«
    »Danke, Johnny. Ich hätte es mir nie entgehen lassen.« Matlock trat ein und stutzte über die Vielzahl brennender Kerzen überall in der Halle und in den anliegenden Räumen. »Sieht ja wie ein Begräbnis aus. Wo steht der Sarg?«
    »Der kommt später. Warten Sie nur, Sie werden schon sehen.«
    Ein Schwarzer, in dem Matlock einen der Extremisten des Campus erkannte, kam auf sie zu. Adam Williams trug sein Haar lang - im afrikanischen Stil und im perfekten Halbkreis über dem Kopf gestutzt. Seine Züge waren scharf; Matlock hatte das Gefühl, daß er Williams, wenn sie sich im Busch begegneten, für einen Stammeshäuptling halten würde.
    »Guten Abend«, sagte Williams mit einem ansteckenden Grinsen. »Willkommen am Sitz der Revolution.«
    »Vielen Dank.« Sie schüttelten sich die Hand. »Sie wirken gar nicht wie ein Revolutionär, eher wie ein Leichenbestatter. Ich habe Johnny schon gefragt, wo der Sarg wäre.«
    Williams lachte. Seine Augen waren intelligent, sein Lächeln echt, ohne Arroganz, arglos. Aus der Nähe gesehen zeigte der schwarze Radikale wenig von dem flammenden Enthusiasmus, den er auf

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