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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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erwiesen und so die schwierigsten Bedingungen der Menschheitsgeschichte gemeistert hatten. Sie kannte uralte Kniffe und moderne Tricks, hatte politische Ränkespiele genauso studiert wie ausgetüftelte Strategien siegreicher Feldherren oder hinterlistige Palastrevolten intriganter Vasallen. Sie hatte Forschungsvorhaben in der Wüste, im Regenwald sowie unter der Erde erfolgreich geleitet, und dabei immer wieder ihr diplomatisches Geschick bewiesen, wenn es galt, den unterschiedlichen Interessen ihrer Mitarbeiter, ihrer Investoren und der Öffentlichkeit des jeweiligen Gastlandes gerecht zu werden. Außerdem war sie überzeugter denn je, dass die Bücher der Sechsten Sonne alle Antworten für die Aureolen bereithielten. Sie hatte lediglich vergessen, wie anstrengend es sein konnte, selbstbewusst und vorausschauend in eine Richtung zu gehen. Das Ziel geradewegs vor Augen, verlief der Weg im dauernden Zickzack.
    Daria spürte ein Kribbeln an jener sensiblen Stelle unterhalb ihres Haaransatzes, an der die Wirbelsäule ins Haupt mündet, die Nerve nstränge Verbindung mit ihrer Schaltzentrale herstellen. Der feine rotblonde Flaum an ihrem Nacken richtete sich auf. Wie elektrisiert registrierten die Härchen, dass sich jemand dem Kapokbaum näherte.
    Pater Domnall O 'Domhnaill.
    Zur Begrüßung berührten sie sich mit den Fingerspitzen. Hauchzart. Ein tiefer Blick. Grüne grüßten blaue Augen. Ein flüchtiges Lächeln. Dann schauten sie still sinnierend über die ausgetrocknete Bucht und das versiegte Meer hinüber zur Nachbarinsel Fanigua. Beide nahmen die Nähe des Anderen wahr, schienen aber noch nicht bereit zum Di alog. Trotzdem schufen ihre gemeinsamen Schweigeminuten ein deutliches Miteinander. Daria und Domnall hatten beide Erfahrungen mit einer Kommunikation auf den unterschiedlichsten Ebenen – er als Seelsorger und sie als intuitiv arbeitende Wissenschaftlerin –, das Gespräch war nur eine mögliche Form von vielen.
    Daria schlüpfte aus ihren Schuhen und ließ sich von dem feuchten Korallensand ihre nackten Füße kühlen. Mit ihren Zehen zog sie L inien in den Sand und kleine Kreise. Nach einer Weile kauerte sie sich an den Stamm des Kapokbaumes und rutschte mit ihrem Rücken an seiner Rinde hinab. Dabei fühlte sie die Kraft des urtümlichen Gewächses an ihrem Rückgrat. Die gewaltige Ceiba gab ihr Halt. Sie liebte diesen wunderbaren Baum, lehnte sich voller Ehrfurcht vor der unbeugsamen Vitalität seines verborgenen Mikrokosmos an. Für einen schwindelerregenden Augenblick hörte sie das brodelnde Auf und Ab im Innern des Riesen, das Pulsieren der Harze, das Pumpen seiner Lebensadern. Dann ging der Zauber vorüber.
    Die Sonne versteckte sich nach wie vor hinter einem grauen Gewölbe, das bedrohlich nahe schien. Der Himmel blieb bleiern wie die Sti mmung der Aureolen und wollte gar nicht zu ihrer persönlichen Zuversicht passen.
    Auch Domnall O 'Domhnaill ließ sich im Sand nieder. Er schlang seine kräftigen Arme um die angewinkelten Beine und stützte sein Kinn auf die Knie.
    Was für ausdrucksstarke Hände er hatte. Feingliedrige, lange und schlanke Finger, gepflegte Nägel mit großen, glänzenden Halbmonden. Die Hände eines Pianisten. Aber die Han dteller eines Basketball-Spielers. Hände, die von Empfindsamkeit kündeten, aber auch von Willenskraft, und von der Fähigkeit anzupacken.
    Daria nahm seine Linke und drehte die Handinnenfläche nach oben. Ei ne rumänische Zigeunerin, die – ihrem verwitterten Marsgesicht nach zu schließen – Graf Draculas Urgroßtante gewesen sein mochte, hatte ihr vor gar nicht allzu langer Zeit – es schien nur, als seien seither Jahrzehnte vergangen – Nachhilfe in der Kunst des Handlesens gegeben. Domnalls markante Linienführung unterstrich den Eindruck seiner starken Persönlichkeit. Nur die abrupt endende Schicksalslinie machte Daria ein wenig Sorge. Sie bewunderte die kühn bis zum Handgelenk geschwungene Lebenslinie, drückte ihren Daumen prüfend auf den reichlich durchbluteten Venushügel und lehnte zufrieden seufzend ihren Kopf an seine breite Schulter. Er rückte so nahe, dass sie seine Körperwärme spürte. Ihre Finger folgten zart den Linien, über den Puls den Unterarm hinauf, bis unter den aufgekrempelten Ärmel seines Baumwollhemdes. Genießerisch schweigend ließ er es geschehen.
    Den Genuss unterstellte Daria ihrem stummen Opfer einfach. Zwar konnte seine Gänsehaut auch von der Abendkälte herrühren. Doch sie entschied sich für die

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