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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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könnte das Ende unserer so mühsam errungenen Harmonie bedeuten. Ich meine, ich weiß nicht, aber, irgendwie waren diese Bücher unsere Bibel. So eine Art Fixpunkt, ach du weißt genau, was ich meine. Ich könnte heulen. Vor Ohnmacht. Und auch vor Zorn. Ja, ich scheue mich nicht, es zuzugeben. Ich bin wütend, so furchtbar ungeheuer wütend, dass dieser Kerl es geschafft hat, unseren Leuten die Perspektive, ihre Hoffnung, ihr Vertrauen zu nehmen. Ach, Daria, warum bist du so ruhig? Verstehst du denn nicht, was der Schurke getan hat? Warum hat er das bloß getan? Was will er mit dem Manuskript? Es gibt niemanden mehr, an den er es verhökern könnte?"
    " Vielleicht doch", meinte Daria. "Vielleicht hat Caldera Recht. Vielleicht irren wir uns und dort draußen", sie fuhr mit einer ausholenden Geste des ausgestreckten linken Arms über die Weite des Ozeans, "gibt es noch mehr Zellen wie die unsere. Keimzellen einer neuen Gesellschaft. Dann hat der Diebstahl doch einen Nutzen. Wenn auch nicht für uns. Vielleicht sind die Bücher der Sechsten Sonne die Saat für eine bessere Welt. Ja, je länger ich darüber nachdenke, umso mehr glaube ich, dass sie das schon immer gewesen sind. Caldera ist nicht nur ein Dieb, sondern auch ein Bauer. Wir jedoch brauchen diese Saat nicht mehr, sei doch ein bisschen zuversichtlicher, Dom. Bei uns sprießen die Keime schon. Und hoffentlich nicht nur die", fügte sie schalkhaft hinzu und ließ ihre Fingerspitzen wieder in tiefere Bauchregionen gleiten.
    " Oh, Daria, ich bewundere deinen Großmut", sagte Dom O'Domhnaill mit bitterer Stimme und Daria spürte, wie seine Bauchmuskeln sich erneut spannten.
    " Wirklich, ich kann so was nur bewundern. Ich war Priester und hätte genau diese Großherzigkeit, dieses liebevolle Verzeihen, dieses Verständnis bis zur Selbstaufgabe an den Tag legen sollen. Es ist mir nie gelungen. Aber jetzt, da ich es in jemand anderem entdecke, in einer Frau dazu, die ich liebe, jetzt ärgert es mich einfach."
    Darias Finger suchten mit liebevollen und beruhigend gemeinten Sp iralbewegungen nach einem Halt im Dickicht. "Ärgere dich nicht zu sehr, mein Liebster. All zu viel Freude wird Caldera an seinem Beutegut nämlich auch nicht haben. Materiell wird es ihm höchstens als Nahrung für ein hübsches, wärmendes Lagerfeuer nützen. Und auch der ideelle Wert ist auf ein paar allgemeine Bemerkungen über die Zusammenhänge zwischen Sternenwanderungen, Mondphasen und Menstruationsbeschwerden beschränkt. Ich fürchte, unser lieber Freund wird arge Schwierigkeiten mit seinem Kunden bekommen, falls dieser einigermaßen kundig ist."
    " Daria, listige Daria", sagte Domnall und entspannte sich, "du kleines Teufelchen, was hast du gemacht?"
    " Nichts weiter", sagte Daria mit strahlendem Unschuldslächeln und fand den gesuchten Halt. "Ich habe getan, was alle tun. Seit ewigen Zeiten: Nur ein bisschen Manipulation. Ich habe übersetzt, gelesen, versucht zu verstehen. Und Gott sei Dank habe ich verstanden. Die Verfasser unserer Bücher der Sechsten Sonne konnten – wie du ja bereits weißt – die Grenzen der Zeit überschreiten, Zukunft sehen, obwohl die nur in unserem Sinne der linearen Zeitabläufe stattfindet. Eigentlich gibt es sie nicht. Nein, das ist auch nicht richtig. Zukunft ist wie Vergangenheit und Gegenwart ein Teil des Alles-was-ist. Und das ist gleichzeitig."
    " Moment, Moment, nicht alles auf einmal, nicht so schnell, langsam", protestierte der Ex-Priester und klemmte ihre Hand zwischen seinen Schenkeln ein.
    " Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind sozusagen die Sehhilfen, die Brillen für unser linear behindertes Sehen. In Wahrheit ist alles Sein unendlich, das heißt ohne Ende, aber eben auch ohne Anfang. Eine lineare Entfaltung von Sein findet einfach nicht statt, auch nicht, wenn unsere Sinne das Gegenteil wahrnehmen. Sag mal, Pater Dom, eigentlich müsstest du das wissen", meinte Daria und ließ nicht locker.
    Domnall O 'Domhnaill lachte, aber es klang nicht belustigt. "Du weißt doch, was für ein schlechter Priester ich bin... oder war."
    " Unsinn", erwiderte Daria und begann, ihren Halt sanft zu massieren. "Du bist ein sehr guter Seelsorger. Du darfst nicht immer an dir zweifeln. Du bist ein freier Geist. Eine unabhängige, hilfsbereite und zur Empathie fähige Seele, der die Bevormundung, Knechtung, Demagogie und Bigotterie der Institution Kirche zuwider war oder zusehends wurde. Das ist alles. Verstehst du mich? Hörst du mir zu?"
    Domnall nickte

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