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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Baldini mutmaßte, Zeuge einer Geburt geworden zu sein. Das Meer hatte eine Insel geboren. Die Sturzwellen, die Flavia und die Yacht verschlungen hatten, waren die Wehen. Der feste Boden, der unvermittelt unter seinen wassertretenden Füßen erschien, verstärkte das irreale Gefühl noch für einen kurzen Augenblick. Nur das Ergebnis war sehr real: Die Welle hatte ihn an Land gespuckt.
    Mit Professor Bruno M. Baldinis zweiter Geburt erlosch auch die E uphorie, die ihn vor dem Ertrinken gerettet hatte. Baldini wankte durch die Brandung an den Strand und fühlte sich am ganzen Körper zerschunden. Wie ein Gladiator nach erfolgreich bestandenem Kampf. Doch der Kampf tobte weiter. Ein wütender Sturm zerrte an seinen nassen Haaren und an seinen entblößten Geschlechtsteilen. Sein Glied war zu einem kümmerlichen Tentakel geschrumpft. Die Brustwarzen waren von der Schwimmweste und vom Salzwasser wundgescheuert, und eine Gänsehaut, die jedem Suppenhuhn zur Ehre gereicht hätte, überzog seinen Körper von Kopf bis Fuß.
    Baldini wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Vor Erleicht erung und Scham und Zittern brachte er beides nicht zustande. Aber mit den Armen konnte er rudern. Wie Dreschflegel schlug er sie sich an den Körper. Das förderte die Durchblutung und leitete den Überfluss an Adrenalin in seinen Adern in sinnvolle Kanäle. Für seine Umgebung hatte der Professor keine Augen. Zu sehr war er mit sich selbst und seinem Schicksal beschäftigt, als dass er den Mann bemerkt hätte, dessen Körper reglos mit dem Saum des Dschungels, der gleich hinter dem schmalen, weißen Streifen Strandes gedieh, zu einer grünen Masse verschmolz.
    Die Augen des dunkelhäutigen Mannes schweiften ruh elos umher, als suchten sie den Strand nach Treibgut ab.
    Hungrig hatte das Meer ein beträchtliches Stück der Insel verschlu ngen. Von einer Geburt konnte keine Rede sein. Nur wenige Meter war der Strand noch breit. In einer sanft ansteigenden Linie mündete er in einen schmalen Gürtel niedriger Vegetation. Büsche und Strauchwerk, erst dann begann der Dschungel. Baldini hatte den Mann immer noch nicht bemerkt.
    So undurchdringlich wie der Wald, aus dem er nun he raustrat, waren seine Blicke. Der Dunkelhäutige schien in dem Maße größer zu werden, in dem seine Umgebung schrumpfte. Glänzendes, blauschwarzes Haar bedeckte seinen Kopf wie ein Helm. In westlicher Freizeitkleidung stemmte er sich mit seinem sehnigen Körper barfuß gegen den Sturm. Zielstrebig stapfte er auf Baldini zu, der nun endlich registrierte, dass er nicht an jungfräuliches Land gespült worden war und ver-suchte, sich aufzurappeln und seine Blöße zu bedecken.
    Angesichts seines eigenen jämmerlichen Aussehens bemerkte Baldini nun das gepflegte Äußere des Mannes. Verärgert straffte der Professor seine Figur. Anstatt sich über seine Rettung zu freuen, machte er sich G edanken über Äußerlichkeiten. Bauch rein, Brust raus. Hände weg von den Genitalien. Aber frierend und nackt lässt sich nicht besonders locker aussehen. Ob Kolumbus einen ähnlich grotesken Eindruck auf die Eingeborenen gemacht haben mag? Dann schoss sie ihm durch den Kopf: Flavia di Fulminosa. Verflixt! Er hatte sie völlig vergessen. Seine wundervoll, wollüstige Gefährtin. Flavia! Er hatte sie schmählich im Stich gelassen. Baldini drehte sich um, und stapfte zurück in die Fluten. Er musste sie doch wenigstens suchen.
    Der Dunkelhäutige ergriff ihn mit sanftem Druck am Arm. "Die Frau lebt!", schrie er gegen Brandung und Sturm an. "Wir gehen vor dem Regen!"
    Bruno M. Baldini schüttel te ungläubig den Kopf. Seine unglückliche Lage hatte er fast vergessen. Nacktheit, Sturm und Kälte konnten ihm nichts mehr anhaben. Flavia lebte! Zwei Wunder an einem einzigen Tag. Vielleicht musste er der Madonna von Delvecchio zwei Dutzend Kerzen stiften. Von wem sonst hätte sein fabelhafter Lebensretter erfahren können, wann und wo die See zwei italienische Schiffbrüchige an Land spucken würde?
     
     
    ** *

09 Spektakuläre Ergebnisse
     
    erwarteten alle Beteiligten des 'Maya-Midgard-Projekts' von ihrer Expeditionsleiterin. Aber Dr. Daria Delfonte war wild entschlossen, noch viel mehr zu liefern: Die Bücher der Sechsten Sonne, das Überleben der Menschheit – und ganz nebenbei die Lösung eines tausend Jahre alten Mordes.
    Entschlossen hatte sie sich ihr Leben genommen, endlich in ihre eig enen Hände genommen. Wie in ihrem Traum, so hatte sie sich auch in der Realität über

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