Die Maya-Midgard-Mission
Wahrnehmung der unzähligen Weltuntergangsszenarien den Zugriff auf die wahren Absichten und Visionen der Maya zumindest stark behinderten. Für die Archäologin standen zwei Dinge fest: 1. Die Maya hatten sich über Generationen mit der Sonnenbeobachtung befasst. Ihr Kalender orientierte sich am Lauf unseres Zentralgestirns. Die Maya-Astronomen hatten einen Wissensstand, der nicht auf unserer technisierten Sichtweise basierte, sondern die Kräfte von Unterbewusstsein, außersinnlicher Wahrnehmung und anderen paranormalen Phänomenen nutzte. 2. Die Maya maßen ihren Entdeckungen eine solch nachhaltige Bedeutung zu, dass sie eine Fülle von Medien benutzten, um die Informationen für die Nachfahren aufzuzeichnen. Die Maya-Künstler schufen steinerne Bäume – sogenannte Stelen –, um uns Bilder ihres Denkens und Fühlens, ihrer Kosmologie zu überliefern. Sie schufen Fresken und Leporello-Bücher. Aber sie gingen noch einen Schritt weiter. Sie ließen ihre Architekten Tempel erbauen, in deren Strukturen die alten Weissagungen mathematisch verschlüsselt quasi in Stein gemeißelt sind. Delfonte wusste aus zahlreichen Quellen, dass die indianischen Himmelskundigen das taten, weil sie ahnten, dass Menschen aus fehlgeleiteten Interessen, ihre Erkenntnisse in Bildern und Büchern eines Tages vernichten würden.
Nur wenige Menschen wollten dagegen wahrhaben , welch seltsamen Dinge kurz vor dem Schicksalsdatum des 21.12.2012 auf der Erde vor sich gingen – ein Blick auf Ihre Facebook-Seite genügte: Chemie am Himmel, Gift in der Nahrung, Bewusstseinsbeeinflussung, Wetterveränderung, Geo-Engineering, Depopulation, Manipulation der Massen! Die Mega-Mächtigen dieser Erde wollten die Gunst der vermeintlichen Weltuntergangsstunde nutzen, um die Menschheit zu einem Häuflein leichter zu kontrollierender Sklaven zu degenerieren. Unfassbare Vorwürfe. Und doch sprachen viele Indizien für die Interessenslagen hinter den Ungeheuerlichkeiten.
Dutzende Ereignisse, die noch seltsamer waren, als die Tatsache, dass sie soeben ein Einschussloch, ein glattes, rundes, sauberes Loch im mumifizierten Arm einer offensichtlich seit mehr als tausend Jahren mausetoten Mumie gefunden hatte.
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Daria Delfonte kletterte aus der Grube und holte ihre Kamera vom Schreibtisch. Irgendwie konnte sie sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Angefangen hatte sie als kleine Archäologiestudentin, als Sachensucherin, als studierte Grabräuberin. Nun stand sie kurz vor dem Aufstieg zum Historien-Detektiv und Altertums-Ermittler. "Ein Traumjob, Delfonte!", sagte sie zu sich selbst und grinste noch breiter.
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08 "Flavia Fulminosa und Bruno Baldini,
zwei Alliterationen unter dem Spinnaker. Voll geil und null Ahnung! Ich dachte, du verstehst was vom Navigieren", sagte Flavia vorwurfsvoll und blinzelte in die schier endlose Weite der atlantischen Wasserwüste.
Professor Bruno Maurizio Baldini starrte auf das nur sehr b egrenzt bedeckte Hinterteil der Schmollenden und auf ihre nackten Brüste. Davon verstehe ich eine Menge, dachte er und sagte: "Nein, aber du. Hast du mir nicht erzählt, du stammst aus einer uralten venezianischen Seefahrerfamilie?"
" Wir haben wohl beide bei Antritt dieser Reise ein wenig geflunkert", meinte Flavia ironisch; denn der Blick ihres Mentors war ihr nicht entgangen. "Ich habe noch gut deine Worte im Ohr: 'Studium karibischer Gesellschaftsstrukturen mit motivierten Lernwilligen, reziproke Affinität karibischer Konglomerate unter besonderer Berücksichtigung soziolinguistischer Beziehungsmuster am Beispiele Trinidads.' Dass ich nicht lache, Professor. Bumsen ist dein einziges Beziehungsmuster. Und die einzige Zusammenballung auf dieser Nussschale sind wir. Aber wo Trinidad ist, davon hat keiner von uns auch nur den blassesten Schimmer."
Baldini schnalzte mit den Fingern und schenkte seiner Lieb-lingsstudentin seine Interpre tation eines jungenhaft charmanten Professorenlächelns. "Du kannst nicht behaupten, dass du nicht eine ganze Menge über reziproke Affinitäten gelernt hast, nicht wahr?"
" Empirische Erkenntnisse über Baldinische Kopulationsbegierden konnte ich reichlich gewinnen. Und eigentlich sollte man meinen, dass Anziehungskräfte immer gegenseitig sein müssen. Per definitionem, sozusagen. Ich fürchte, du hast mein Weltbild ins Wanken gebracht, Professor. Vielleicht kam mir auch nur der sprachliche Teil zu kurz."
" Als ob meine strebsamste Studentin keine Ambitionen hegte, ihren
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