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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Professor um die Finger zu wickeln."
    " Oder die Finger um den Professor", sagte Flavia und ließ ihre kühlen, schlanken Finger über Baldinis flachen Bauch in seine Badehose hineingleiten. "Aber einzig zu dem Zwecke, möglichst schnell akademische Weihen zu empfangen. Das war unsere Vereinbarung. Mein Körper gegen deine Lehrbewilligung."
    " Betrachte dich als habilitiert", seufzte Baldini. "Du hast eindeutig die Fähigkeit, die leckersten deiner künftigen Studenten eigenhändig zu vernaschen."
    " Ich hatte den besten Lehrer", sagte Flavia und verstärkte ihren Griff.
    Baldini wölbte wollüstig seinen Unterleib und beglüc kwünschte sich zum wiederholten Male zu seiner Idee für eine Studienreise. Flavias Handgriff geschah mit der ihr eigenen Mischung aus Schüchtern- und Verruchtheit, die ihn wie immer so wild werden ließ, dass er über seine – wie er in den seltenen Momenten postkoitaler Klarsicht konzidierte – ziemlich unprofessorale Geilheit völlig den Kurs der Sunwing II vergessen hatte. Menschliches Verhalten, besonders das Paarungsgebaren, faszinierte Baldini immer wieder. Wahrscheinlich war auch der Sex der Grund, warum er sich für die Verhaltensforschung entschieden hatte und nicht für die Medizin, wie sein Vater, der allseits geachtete Herzchirurg an der Mailänder San Siro Klinik, das so gerne gesehen hätte. Er versenkte sein Gesicht in Flavias duftenden, schwarzen Locken und staunte, dass ihr Haar auch nach vier Wochen auf hoher See ungebleicht vom Salzwasser geblieben war und immer noch nach Toskana und Sommerblumen und nicht nach Atlantik und Seetang roch.
    Später würde Baldini sich oft fragen, welche archetypischen Krä fte es sind, die Liebende zum Liebe machen in den Schutz einer Behausung treiben. Hätte sich Flavia die Wissbegierige ihrem Professor an Deck der Sunwing II hingegeben, wären sie beide tot. So jedoch würden Flavia di Fulminosas Kenntnisse der karibischen Gesellschaftsstrukturen sich für ewig auf vier Wochen der sexuellen Ausschweifungen mit ihrem Anthropologieprofessor beschränken.
    Baldini klammerte sich fester an den leeren Wasserbehälter, der ihm als Rettungsreifen diente, und hof fte inständig, dass er noch in diesem Leben eine Chance zur Buße bekam. Er gelobte, der Madonna seines Heimatdorfes Delvecchio zu Ehren ein Dutzend Kerzen zu stiften. Die guten, aus echtem Florentiner Wachs. Momentan sah es nicht danach aus, als würde er noch einmal die Gelegenheit bekommen. Am Horizont hörte er ein Rauschen wie von tausend Wasserfällen und musste Sekunden später mit Schrecken erkennen, dass eine gigantische Flutwelle auf ihn zurollte. Mit dem Rest seines Überlebenswillens presste er die Luft aus dem Wasserbehälter, der ihm als Schwimmhilfe diente, stopfte ihn unter sein Hemd und begann mit hektischen Bewegungen zu tauchen. Er wollte unter der Riesenwelle hindurchgleiten, so wie er sich als Junge in den Ferien unter zahmen Mittelmeerwellen und zarten sardischen Mädchenkörpern hindurchgeaalt hatte. Aber der Sog erfasste ihn und riss ihn in rotierenden Bewegungen an die Meeresober-fläche zurück. Nur, um ihn im nächsten Augenblick mit noch größerer Wucht erneut in die Tiefe hinabzuschleudern. Baldini schluckte Luft und Wasser und strampelte wild und unkontrolliert. Sein vermeintlich letzter Gedanke galt einer Waschmaschine. In der Tat: Er fühlte sich wie ein schmutziges Wäschestück in einer riesigen, kraftvoll schleudernden Waschmaschine. Wenn noch Luft in seinen Lungen gewesen wäre, hätte er ob dieser finalen Banalität gelacht.
    Als akad emisch Gebildeter, in dessen Seele ein kleiner Philosoph seine subversiven Spielchen trieb, hatte er sich den Augenblick seines Todes weniger grotesk vorgestellt. Was logischerweise bedeuten musste, dass entweder die menschliche Vorstellungskraft äußerst frugal entwickelt war, oder aber, dass es gar nicht Tod war, was er erlebte. Für diese These sprach eine seltsame Euphorie, die sich zusammen mit der Rie-senwelle seiner bemächtigt hatte; ein berauschendes Hochgefühl der Unsterblichkeit. Auf einmal schien es ihm, als schwebe er wie ein majestätischer Rochen durch die Tiefe. Seine Arme und Beine teilten das Wasser mit geschmeidigen, kraftvollen Bewegungen. Sein Geist schien hell und unbeschwert von Todesängsten. In diesem letzten Moment äußerster Klarheit glaubte Baldini zu begreifen, dass es wirklich ein Ozeanriese gewesen war, der die Sunwing II versenkt hatte. Kein aus Menschenhand gefertigter allerdings.

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