Die Maya Priesterin
doc h B'ok - d'aantoj drückt e ih n zurüc k au f das Podest . Au f einma l hatt e e r di e Schal e i n de r Han d . Ein perlende s Geräusc h . Offenbar von einer Flüssigkeit, die in die Schal e tropfte . Blut? Wieder stöhnte der Canek. Abermals macht e de r Prieste r sägend e Bewegungen , handbrei t übe r dem liegende n Lei b . Da s Perle n wurd e zu m Plätscher n . De r Canek knirscht e mi t de n Zähne n . Da s Blut , ode r wa s auc h immer , rann i n di e Schale , i n stetige m Strahl . De r Lahki n macht e ein e matte Geste , al s woll e e r de n Regengottprieste r vo m Podes t dränge n . B'ok - d'aantoj sah nicht einmal au f .
Unselige r Canek , dacht e Dieg o . Fü r dies e oberste n Priester wa r der Gottkönig wahrhaftig nur ein Instrument. Sie marterten sei n Fleisc h . Sie zapften sein Blut ab. Si e verf ü gten über jeden Zol l seine s Leibes . Unerbittlich spielten sie auf der Klaviatur seine r Schmerzen , bi s endlic h di e Botschaf t de r Götte r ertönte . Aus seinem Mund, doch ohne seinen Wille n .
»Dunkles Wasser . Schwarzer, stiller See.« Unvermittelt began n de r C a n e k z u spreche n . Mit dumpfer Stimme, doch nicht dröhnend wie gestern, als die Götter aus ihm sprache n . E s klang, al s o b e r wei t entfern t wäre , hinte r Mauer n ode r i n de r Tiefe eine s Grabes . »Schwa rze s Wasser , volle r Leben . Ufe r des Jaguars . De r gefleckt e Mua n kreis t übe r de m See .«
De r Cane k hiel t inn e . Als warte er, daß sich der Regengottpriester endlich entfernte. B'ok - d'aanto j scho b das Messe r unte r sein e Robe . Abermals beugte er sich über den L i egende n . Offenba r zo g e r di e zerfetzt e Rob e de s Königs zurech t . Dan n erho b e r sic h un d tra t zu r Seite . Seine Gebärden drückte n Demu t au s . De r gesenkt e Kopf , di e gefaltete n Hände . Abe r Dieg o wa r sicher , da ß B'ok - d'aanto j innerlic h jubilierte .
»Ein e Insel , t ief im dunklen See.« Mi t dumpfe r Stimm e sprach der Canek weite r . »Folg e de m Mua n mi t deine n Augen , mi t dem Langboot der Krieger. Folg e Kinic h Ahau , de m goldene n Ball . Spitz ragt die Insel aus dem Wasser. Hoc h steig t de r Fel s i n den Himme l au f . Doch glatt s ind seine Wände, ebenmäßig die Formen . Wi e be i eine r Pyramide , errichte t vo r alle r Zei t .«
Wiede r hiel t de r Cane k inn e . Er keuchte. Jetz t ers t erkannte de r Pater , wa s B'ok - d'aanto j angerichte t hatte . Ei n Blutba d . Die Tunik a de s König s wa r zerfetz t un d blut g etränkt . E r la g i n einer rote n Lach e . Nebe n ih m stan d di e Schal e au f de m Boden , bis zu m Ran d mi t Blu t gefüllt .
»Kinic h Ahau , Got t de s Lichtes , de r Wärme , de s goldenen Lebens .« De r Cane k erschauerte , wi e vo n eine m Frosthauch gestreift . »Di e Inse l is t sein . Da s schwarz e Wasse r sein . Dort gründe t eur e Stad t . Dor t errichte t di e Tempel . De n größten Tempe l fü r di e mächtigst e Gotthei t . Kinic h Ahau . Herrsche r des alten und des neuen Baktun. Di e Inse l is t sein . Da s schwarze Wasse r sein . Dort sei euer Neues Reich.«
D ies e letzte n Wort e bracht e de r Cane k nu r noc h murmelnd hervo r . Kaum hatte er Neue s Reic h gesagt , d a san k sei n Kopf zu r Seite . Seine Augen schlos se n sic h . Ungewiß , o b er ohnmächtig war oder to t .
Angespann t hatt e Dieg o gelausch t . De r gemartert e Cane k tat ih m lei d . Wichtiger aber war im Moment sein eigener Hals. Wie würd e de r Priesterra t di e Prophezeiun g aufnehmen ? Wi e ließ sic h au s de r reichlic h vage n Visio n folgern , w o sic h di e Stätte de s Neue n Reich s befand ? De r Lahkin , dacht e er , würd e e s sich nicht nehmen lassen, die göttliche Botschaft auszulege n .
Hochaufgerichtet stand der alte Mann auf dem Podest, neben de r Blutlache , di e sic h imme r noc h z u vergrößer n schie n . Sein Blic k durchbohrt e de n oberste n Regengottprieste r au f der andere n Seit e de s Thrones . B'ok - d 'aanto j war geschlagen, zumindes t fü r de n Moment . Di e Götte r selbs t hatte n fü r den Lahki n Parte i ergriffe n . I n diese m Punk t wa r ihr e Botschaf t klar . Aha u Kinic h wa r di e mächtigst e Gottheit , i m alte n wi e i m neuen Baktu n . In der Hand seines obersten Priesters ruhte folglich die Macht . Über Tayasal ebenso wie über das Neue Reic h .
»Brude r Pferd , Ih r hab t di e Botschaf t de r Götte r vernomme n .« Unerwarte t geschmeidi g spran g de r Lahki n vo m Thronpodest hinab .
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