Die Maya Priesterin
seine Eigenmächtigkei t z u tadel n . Doc h dan n erho b e r sic h vo n seiner Lagerstatt . Ras ch streifte er seine neue Robe über, geschneidert vo n Herná n . Die erste Tunika des Pferdegottpriesters war unten a m Hafe n zurückgeblieben , i m Liebesnes t vo n Ixlit z und Ixmu'u k . Jedesmal , wen n e r a n si e dachte , began n da s Blu t in seinen Adern zu rausche n .
B ehutsa m lie ß Julki n di e Amphor e z u Bode n gleite n . Seine Han d fuh r unte r sein e Robe . Als sie zurückkehrte, blitzte eine schwarz e Kling e i m Fackellich t . De r Pate r hiel t de n Ate m a n . Ein solches Messer, die Klinge gezähnt und gebogen, hatte auch B'ok - d'aantoj gezückt, ehe er sich auf den Canek stürzte. Sie schreibe n e s mi t rote m Blu t .
Julki n beugt e sic h übe r de n Bücherkru g . Mi t de r Spitz e der Klinge beschrieb er einen Kreis auf dem Wachssiegel, das die Amphor e verschloß . »Viele Jahre sind vergangen, werter He r r, sei t diese r Kru g zuletz t geöffne t wurde .« E r löst e da s Siege l . Darunte r ka m ei n Pfrop f zu m Vorschein , gefertig t au s Pec h und Bienenwach s . Julki n zo g ih n herau s . »Ajna'a t j u'u m sieh t e s nicht gern, wenn ein Priester sich mit den Schriften des inneren Tem p els beschäftigt. Abe r verbote n is t e s nicht .«
Bi s zu r Schulte r fuh r Julki n mi t eine m Ar m i n de n Kru g . Als e r sic h aufrichtete , hiel t e r ei n schmale s Büchlei n i n de r Hand, nu r wenig e Blätte r stark . »Man sagt, daß ein Sonnengottpriester diese s Wer k verfaß t h abe , vo r meh r al s dreihunder t Tu n .« Er erho b sic h un d legt e da s Buc h vo r Dieg o au f de n Tisc h .
Aufmerksa m sa h de r Pate r da s Büchlei n a n . De r Einband, goldfarbene s Leder , wa r star k verwittert . Die Schriftzeichen darau f ware n ausgebleich t . Mi t Müh e entziffert e e r de n Tite l . Glaube und Klage. »Set z dic h nebe n mich , Julkin .«
De r jung e Bücherprieste r glit t au f de n Scheme l z u seiner Linke n . Diego wies ihn an, das Büchlein zu öffne n . Aus irgendeine m Grun d wagt e e r nicht , e s z u berühre n .
Julki n schlu g di e erst e Seit e au f . Gemeinsam beugten sie sich darüber . Di e Still e diese r Kammer . Ein e steinern e Ruhe , wie unte r klaftertiefe m Fel s . Nu r ihre r beide r Ate m wa r z u hören un d da s leis e Fauche n de r Fackel n a n de r Wan d .
Da s Inner e de s Buche s wa r wei t besse r erhalte n al s der Einban d . Eine s nac h de m andere n faßt e Dieg o die Schriftzeiche n i n de n Blick . Bewunderun g stie g i n ih m au f . Die Schreibe r de r May a ware n allesam t auc h geübt e Zeichner . Ihre Schrift , ei n Labyrint h au s winzige n Bildnisse n und grammatische n Zeichen , verlangt e es . Doch der Priester, der dies e Zeile n geschriebe n hatte , wa r wei t meh r gewese n . Ein Künstle r vo n hohe m Rang .
»Unsere ältesten Ahnen kannten das Geheimnis.« Zaghaf t las e r di e erst e Zeil e vor . Im Augenwinkel sah er, wie Julkin nickte. I n de n letzte n Tag e n hatt e e r di e Hilf e de s Bücherpriesters imme r wenige r benötigt . Nu r selte n mußt e Julki n ih n noch verbesser n . Dennoc h schwankt e Diego , wa s seine Entzifferungskünst e anging , weiterhi n zwische n Verzweiflung un d Euphori e . Di e Vieldeutigkei t de r Zeiche n verwi r rt e ih n . Er fühlte sich wie ein Wanderer ohne We g . Be i jede m Schrit t stieß ma n au f ein e Kreuzun g . I n all e Richtunge n zweigte n Pfad e ab . Di e sic h ihrerseit s scho n nac h de m nächste n Schrit t neuerlich verzweigte n .
I n manche n Momente n zweifelt e e r sogar , o b d i e Bücher wirklic h di e Sätz e un d Wörte r enthielten , di e e r mi t Julkin s Hilfe herausla s . Nicht, daß er den Bücherpriester verdächtigte, die Botschaf t z u verfälsche n . Doc h manchma l argwöhnt e er , daß dies e Teufelswerk e überhaup t kein e unveränderlich e Bedeutung besaße n . Da ß vielmeh r ei n jede r i n ihne n fand , wa s e r erhoffte ode r befürchtete .
Wohlan , dacht e er , s o werd e auc h ic h eine n Satanstex t finden, de r mi r hilft , meine n Kop f z u rette n . Wen n scho n nich t meine unsterblich e Seel e . Neuerlic h lenkt e e r sein e Aufme rksamkeit auf das Blat t .
»Glaube und Klage. Unsere ältesten Ahnen kannten das Geheimnis . Vortrefflic h wa r ihr e Weisheit , wundersa m di e Fülle ihre r Gaben . Mit der blutgetränkten Spitze schrieben sie die Zauberzeichen . Und siehe, der Leichnam regte sich. Mi t der Obsidianaxt
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