Die Maya Priesterin
schein t mi r ein Irrtu m fas t ausgeschlosse n . Diese zweite Vision wurde mir doch offenba r gesandt , dami t di e Botschaf t de s erste n Gesichtes deutliche r werde . Ebe n deshal b tru g mic h da s geflügelt e Roß diesma l tiefe r zu r Stätt e de s Neue n Reich s hinab .«
Wieder erhob sich in der Priesterschaft ein Raune n . Verstohle n sa h Dieg o nac h rechts . Auf der Schwelle zur Sakriste i hockt e der Fallensteller. Doc h Dieg o zögerte , ih m das bewährt e Zeiche n z u gebe n . Fah r zu r Hölle . Julkin s Worte fiele n ih m ein . Ich bin nicht mutig, Herr. Ich auch nicht, dachte er , i m Gegenteil . Ic h bi n feig e wi e ei n geprügelte r Hun d .
»Ei n alte s Bauwer k au f de r Stätte des Neuen Reichs«, ließ sich Ajna'a t j u'um vernehmen, »wie soll das zusammenpassen?« Schnaufen d erho b e r sic h au f seine m Sit z hinte r de m Lahkin . Di e jadegrün e Tunik a spannt e sic h übe r seine m Bauc h .
De r Pferdegottprieste r ho b un d senkt e di e Schulter n . »Dazu verma g ic h nicht s z u sagen , Brude r Buc h . Ebe n darum , löbliche Priester , erfleh e ic h Eure n Rat . Ich bin nur ein Gesandter der Götter , weni g vertrau t mi t Eure r Überlieferung . Doc h mi r will scheinen, als enthalte dieses zweite Gesicht auch eine symbolisch e Botschaft . Als wollten die Götter uns daran gemahnen, daß sich alles Leben im Kreis beweg t . S o da ß wir da s Neuest e i m Älteste n finden , da s Morge n i m Gestern , Leben i m Tod .« E r hiel t inne . »Heiß t da s abe r nicht , da ß un s a uc h die Such e nac h Neue n Reich e n i m Krei s f ü hrt , übe r da s Heute zurüc k i n di e Vergangenheit?«
Di e oberste n Prieste r wechselte n verwirrt e Blicke . De r Lahkin öffnet e de n Mun d un d schlo ß ih n wieder . Mi t schleppenden Schritten kehrte er zu seinem Sessel zurück. Dort verharrte er länger e Ze i t , wortlos , da s Kin n i n ein e Han d gestützt .
»Vielleich t hab t Ih r recht , Brude r Pferd .« Wi e dürfti g die Stimm e de s Lahki n klang , scheppern d vo r Alte r un d Müdigkeit .
»Dies e Botschaf t Eure s Gotte s könnt e ei n solche s Zeiche n sein .
Gewi ß nich t da s erst e Zeiche n diese r Art . Ein Wink der Götter, daß sich der Kreis der Maya schließt.« Er richtete sich in seinem Sesse l au f . »Achte t au f weiter e Zeichen , Brude r Pferd . Prägt Euc h jed e Einzelhei t de r Gesicht e ein , di e Eur e Gotthei t Euch schickt . Gerad e au f di e Einzelhe i te n komm t e s a n .«
Der Pferdegottpriester nickte ihm zu, weit über seinen Altar gebeugt . Wiede r empfan d e r Sympathi e fü r de n alte n Man n . Die Zähigkei t de s Lahki n wa r bewundernswert . Unbeugsa m trotzte sei n Geis t de r Schwäch e de s Fleisches . Die Denkweise des Hohepriester s abe r wa r ih m noc h imme r fremd . Welche Einzelheite n meint e de r Lahkin ? Hatt e e r überhaup t verstanden, welche Botschaft die angebliche zweite Vision des Pferdegottpriesters barg? Und wenn ja, war er bereit, eine solche Wendun g z u akzeptieren ? W as der Hohepriester über den Kreis der Maya gesagt hatte, dachte Diego, klang nach unerwarteter Zustimmung . Wen n diese r Krei s sic h schloß , verschmolzen Gestern, Heute und Morge n . Und das Alte und das Neue Reich wurde n eins . Wie am Jüngsten Ta g .
»Da s dunkl e Wasser , Brude r Pferd .« Die Stimme des Lahkin ri ß ih n au s seine n Gedanke n . »In dem ersten Gesicht, das Euch der Pferdegott sandte, erhob sich das Pyramidengebilde aus einer dunklen Flut. Habt Ihr diese Flut auch in Eurer jüngsten Visio n gesehen?«
Dieg o ers chauert e . Jetz t verstan d er , wa s de r Lahki n mi t den Einzelheite n meinte . Di e dunkl e Flut . E r fuh r sic h mi t de r Zunge übe r di e Lippe n . »Ih r hab t recht , Brude r Sonn e . Diese Einzelheit vergaß ich zu erwähne n . Auch diesmal sah ich das dunkle Wasser . E s umspült e die Flanken der Pyramide.« Angst kroch in ihm hoc h . Sei n Mun d fühlt e sic h au f einma l wi e verdorr t a n .
»Um welche Fluten es sich handelt, ich weiß es nich t . De r See war nicht über die Ufer getrete n , sowei t ic h sa h . Un d die Pyramid e steh t hoc h obe n au f de m Ber g . Kei n Hochwasser könnt e si e erreiche n . Soweni g wi e de r Haltun a jemal s den heiligen Platz von Tayasal überschwemmen kan n .«
Hatt e e r sic h z u wei t vorgewagt ? De r Lahki n sa h ihn argwöhnisc h a n . Mit einer Miene, als sei ihm plötzlich klar geworden , wi e e s um den Priester des Pferdegottes stan d
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