Die Maya Priesterin
Missionsstatio n .«
»Wohl geta n .« Fray Diego tätschelte ihm die Schulte r . Aber sein e Gedanke n ware n wei t vo n C ristóbal entfern t . »Opfer? Du meinst , da ß si e Mensche n i n da s Wasserloc h gestoße n haben, u m ihr e Götze n gnädi g z u stimmen?«
»Ic h ... davo n wei ß ic h nichts .« Erschrocken sah Cristóba l zu ih m au f . Al s o b ic h ih n be i eine r Sünd e ertapp t hätte , dachte Fra y Die g o. Dabei war ich es, der bei dem Wort Opfe r an Menschenschlachtun g dachte . Was allerdings nicht erstaunlich war , nac h de n Greueln , di e si e i n Sa n Benit o gesehe n hatte n .
Da s Wasse r i n de r Tief e sa h küh l un d köstlic h aus . Wie wundervoll wäre es, dachte er, sich durch ein Bad in diesem See z u erfrische n . Aber die Vorstellung löste auch Unbehagen in ih m au s . Der Cenote war die heilige Stätte eines Götzenkultes, der urplötzlich wieder zum Leben erwacht schie n . Oder der hier drauße n i m Urwal d vielleich t imme r no c h praktizier t wurde , wie sei t Jahrhunderte n . S o ode r s o wa r e s nich t ratsam , di e im Dschunge l hausende n May a durc h ei n Ba d i n ihre m heilige n See zu beleidige n . Ein e solch e Ta t würd e ih m sein e Aufgab e als Missiona r nu r erschwere n . Und den Haß all jener aufs tacheln, di e ohnehi n danac h lechzten , zu m Ruh m ihre r Götze n »weiße Eindringlinge « z u massakriere n . Sie würden also keinesfalls in diesem Cenote baden, beschloß er und erhob sic h .
Aber zu spä t . Unten im grünen Rund schwamm der Mestiz e . Fra y Dieg o hatt e de n Mun d scho n geöffnet , u m Hernán zurückzubeordern , d a spürt e e r di e vertraute n Zeiche n . I n seinen Ohre n erho b sic h ei n Rausche n . Die Stimme in seinem Kopf zischte : Gefahr ! E r wandt e sic h z u Fra y Crist o un d legt e einen Finge r au f di e Lippe n . Der Taufpriester ri ß di e Auge n auf, nicht s begreifen d . Stum m wie s de r Pate r ih n an , ih m nac h unten z u folgen , zu m Grun d de s gewaltige n Bassins .
A n de r Nordseit e de s Cenot e führt e ein e Trepp e hinunter . Roh au s de m Fel s gehauen e Stufen , verwitter t un d entsetzlic h steil . Al s e r au f di e oberst e Stuf e trat , spürt e er , wi e ih n wieder Schwinde l befalle n wollte . Abe r e r zwan g sich , Stuf e u m Stufe hinabzusteige n . Sein Herz klopfte wild. Hier und da klammerte e r sic h a n Gestrüp p fest , da s au s de r lotrechte n Wan d wuch s . Hinte r sic h h ö rt e e r Fra y Cristo , da s leis e Klapper n seiner Sohle n au f de m Stein . Tie f unte r ihne n schwam m de r Mestize .
De r Pate r mahnt e sich , imme r nu r au f di e nächst e Stuf e zu sehe n .
Endlic h hatte n si e de n Fu ß de r Trepp e erreicht . Hier unten wa r di e eigentümlich e Atmosphär e de s Orte s noc h deutliche r zu spüre n . Weißgrüne s Dämmerlicht , i n de m di e Grenz e zwischen Luf t un d Wasser , Lich t un d Dunkelhei t verschwamm . Hernáns Tunika lag neben der Treppe, daneben sein törichtes Hütche n . Un d noc h imme r rie f di e Stimm e i n Fra y Di e gos Innerem: Gefahr!
E r macht e de m Mestize n Zeiche n . Legt e eine n Finge r au f den Mun d un d winkt e ih n mi t de r andere n Han d energisc h z u sich her . Ungewiß , o b Hernán ih n überhaup t gesehe n hatte . Er befan d sic h jetz t i n de r Mitt e de s Sees , wenigsten s fünfzehn Schritt e vo n ihne n entfern t . Für einen Moment schien er in ihre Richtung zu schaue n . Dan n ho b e r di e Arm e un d sackt e i n die Tiefe .
Di e beide n Mönch e wechselte n ungläubig e Blicke . W o eben noc h Hernán s Kop f mi t de m schwarze n Borstenschop f getänzelt hatte , w a re n nu r noc h einig e Kreis e i m Wasse r z u sehe n . Die Stimme in Fray Diegos Innerem wurde lauter, dringlicher. Von de m Mestize n noc h imme r kein e Spu r .
Fra y Dieg o war f eine n rasche n Blic k nac h obe n . A n den knöchern weißen Wänden empor, die scheinbar bis zum H i mmel ragten, hoch oben vom grünen Dach des Urwalds überwölb t . Wa s hatt e e r z u sehe n erwartet ? Teufelspriester , di e sic h über den kreisrunden Rand des Cenote beugten? Oder die ein gefesselte s Opfe r i n de n Abgrun d s tießen ? E r wußt e e s nicht . Wußt e nur , da ß e r nich t länge r warte n durfte . Die Stimme schrie jetzt . Hernán wa r i n tödliche r Gefahr . Mit fliegenden Fingern streifte er Sandalen und Kutte ab und stürzte sich in leinenem Unterzeu g i n de n See .
Di e Kreisströmung , di e e r vo n obe n gesehe n hatte
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