Die Maya Priesterin
Zusammengedrängt in einem Halbkreis bemalter Krieger, deren Speere auf ihre Herzen zielte n .
Der Anführer thronte drei Fuß über ihne n . Er schien ihre Überrumpelun g z u genieße n . Di e demütig e nd e Lage , i n de r sich seine Gefangenen befande n . Dieg o un d Hernán noch tropfnaß vo n ihre m Ba d i m See . Si e hatte n ihne n nich t einma l gestattet, sic h wiede r anzuziehe n . Ei n halbe s Dutzen d Kriege r hatten unten am Rand des Sees gewartet. Un d si e mi t Tritte n u n d Schlägen die Treppe emporgejagt, sowie sie aus dem Wasser gestiege n ware n . De r Mestiz e wa r noc h nackte r al s die Mayakrieger , di e z u ihre m Schamtuc h zumindes t bunt e Farben am Leib truge n . Fra y Dieg o tru g lediglic h sei n leinenes Unterzeu g . Sein e Kutte , He r nán s Hu t un d Tunik a lage n au f dem Steinsockel, neben dem Anführer, der sie als seinen Besitz zu betrachte n schie n .
»Kaampo j saanto j .« Der Anführer hatte das Wort ergriffe n . In de r lange n Rede , di e e r mi t grollende r Stimm e hervorstieß, kehrten diese beiden Wörte r imme r wieder . Wei t stärke r als Jorg e ode r Migue l ähnelt e e r eine r Raubkatz e . Seine muskulöse Gestalt , kompak t un d wi e zu m Sprun g gespann t . Sein e Zähne, die nadelspitz zugefeilt ware n . Sein aufmerksamer Blick, kalt un d unbeweg t . »Kaampo j saanto j .«
He ilige r Boden . Hernán dolmetschte . Sie hatten eine heilige Stätt e de r May a entweih t . Ein e Opferstätt e sei t uralte r Zeit .
»Cenot e saanto j .« Da s verstan d Fra y Dieg o soga r ohne Herná n . Heilige s Wasserloch . Abe r wen n e s nac h de m Anführer ging , blie b ih m nich t m ehr viel Zeit, sein neu erworbenes Wisse n anzuwende n .
Der Mestize übersetzte weite r . Was einmal in den Cenote gelang t war , Mensc h ode r Tier , absichtlic h ode r nicht , gehörte de n Götter n vo n Bolon t i k u. De r neunfaltige n Unterwelt . Hernáns Stimm e bebte . Fra y D iego und er waren in den Cenote eingetaucht . Also gehörten sie den Götter n . De r Anführe r hatte beschlossen , si e de n Götze n de r Unterwel t z u opfer n .
De r Anführe r erho b sic h . Brei t un d massi g ragt e e r übe r ihnen au f . Dabe i mußt e er , ohn e seine n Sockel , minde sten s eine n Kopf kleine r al s de r Pate r sein . De r nu n i n eine r Mischun g au s Furcht un d Erstaune n au f de n Lendenschur z de s Anführer s sa h . Unter de r Götzenfratz e , die Brust und Bauch des Häuptlings zierte, prangt e ei n hirschgestaltige r Dämo n mi t üppige m Gewe i h.
»Ko'ten! « De r Anführe r deutet e au f de n Pate r un d den Mestize n . Mi t herrische n Gebärde n winkt e e r si e z u sic h herau f .
Fra y Dieg o nickt e Hernán z u . Der Mestize zuckte mit den Schultern , dan n kletterte n si e au f de n Socke l hinau f . Hinte r dem Anführe r un d d e m dürre n Kriege r stande n ei n halbe s Dutzend weiterer Muskelmänner, alle mit abscheulichen Götzenbildern bemalt . Unerbittliche Hände ergriffen den Pater und Herná n und boge n ihne n di e Arm e au f de n Rücke n .
»Schnell , Hernán, sa g ihne n ...« Fray Diego keuchte. Ei n Seil schlan g sic h u m sein e Handgelenke , s o eng , da ß e s ih m ins Fleisc h schnitt . »Sei d ohn e Argwohn , den n ic h bring e euc h den Friede n un d di e Liebe .« Zu m erste n Ma l sprac h e r di e rituelle Forme l . E s wa r derselb e Satz , de n einhundertfünfzi g Jahr e vor ih m Dieg o d e Land a gesproche n hatte , erste r Missiona r der Franziskane r i n Yucatá n . Abe r d e Land a hatt e di e Forme l sicher nich t unte r derar t bedrängende n Umstände n psalmodiert .
Herná n übersetzte. Aus seinem Mund, in der barbarischen Sprache dieser Heiden, kla n g der Spruch so sinnleer, daß der Pater sich zwingen mußte weiterzuspreche n .
»I m Name n Jes u Christi , unsere s Heilands , de r auc h fü r euch gestorbe n un d wiederauferstande n is t ... «
De r Krieger , de r ih m di e Händ e gefessel t hatte , versetzt e ihm eine n Sto ß i n d e n Rücke n . Fra y Dieg o verlo r da s Gleichgewicht un d schlu g mi t de r Schulte r har t au f de m Steinsocke l au f . Er stöhnte . Ei n nackte r braune r Fu ß tra t au f sein e Brus t un d stieß ihn vollends um, so daß er schmerzhaft auf seine gefesselten Arm e z u liege n ka m . De r Fu ß blie b au f seine r Brus t .
De r Pate r atmet e möglichs t flac h au s un d ein , u m de n Fuß nich t z u weitere n Tritte n herauszuforder n . Ohne den Kopf zu bewegen , verdreht e
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